30.

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Es war bereits weit nach neun Uhr abends, als ich bei Tina eintraf. Mathilda schlief bei Tom bereits mit im Bett, sodass mich meine Freundin nicht lange dazu überreden musste, noch ein Glas Wein mit ihr zu trinken...
„Was ist passiert Maus, die siehst aus, als ob du einen Geist gesehen hast, so blass wie du bist." „So was ähnliches...", sagte ich, trank einen Schluck und starrte ins Leere. „Erzählst du es mir?" „Gibt nicht viel zu sagen... Paddy stand eben in meiner Praxis und sagte, er sei zurück..." „Du verarschst mich gerade, oder?" „Nein, tue ich nicht..." „Und warum auf einmal?" „Keine Ahnung... hab ihn und Joey stehen gelassen und bin mit Hope laufen gegangen... hab versucht den Kopf frei zu bekommen, was aber natürlich nichts gebracht hat..." „Joey war auch mit?" „Ja..." „Hat er dir vorher nichts gesagt?" „Ne... sonst wäre das aufeinandertreffen vorhin ja auch nicht passiert..." „Was hast du gefühlt?" „Wie gefühlt?" „Als er vor dir stand..." „Ich dachte ich bin im falschen Film... und ich fühl mich irgendwie hintergangen... nach all den Jahren.., auf einmal... aus dem nichts taucht er so einfach auf... und sagt mir mal eben, das er wieder da ist..." „Aber Hanna... ist es nicht das, was du dir immer gewünscht hast? Das Paddy zurück kommt?" „Ja... und jetzt wo er wieder da ist, aus dem nichts, das überfordert mich gerade total." „Gefühle?" „Ja... und nein... ich hab mit uns schon lange abgeschlossen... aber als Mensch dann irgendwie doch nicht... ich verdanke ihm so viel... eine Verbindung gabs ja die ganze Zeit durch Matti... aber jetzt, wo er wahrhaftig vor mir stand... es kommt gefühlt gerade alles hoch und...", meine Stimme versagte und einzelne Tränen fanden ihren Weg. „Lass es ruhig raus...", sagte Tina verständnisvoll und reichte mir ein Taschentuch. „Gibt nicht viel zum rauslassen... ich hab wegen ihm schon genug Tränen vergossen. „Aber es berührt dich emotional..." „Natürlich... wäre ja auch schlimm wenn nicht" „Ja... was hast du jetzt vor?" „Ich werd Joey gleich noch anrufen und ihn fragen, was das sollte. Weißt du, hätte er mich vorgewarnt... mir erzählt, das Paddy da ist... mich sehen will... , das wäre was anderes gewesen..." „Warum was anderes?" Naja... erstmal hätte ich mich vorbereiten und das selbst entscheiden können, ob ich ihn überhaupt sehen will..." „Vielleicht war es ja auch deswegen beabsichtig..." „Kann sein, dennoch, Joey kennt mich zu lange und zu gut, das er hätte wissen müssen, wie sehr mich das aufwühlt... „Also doch noch Gefühle im Spiel?!", auffordernd fixierte mich meine beste Freunde und ich wand den Blick ab. Sie kannte mich einfach zu gut. Ich zuckte leicht mit den Schultern. „ Es ist Blödsinn sich darüber Gedanken zu machen, nach 7 Jahren... wirklich zusammen waren wir nicht... du kennst die ganze Story. Aber es kommen Erinnerung im Sekundentakt hoch... dagegen kann ich mich kaum wehren..." „Du hast halt nicht abgeschlossen mit Paddy... jedenfalls nicht richtig... nicht so ganz. Vielleicht solltest du dich mit ihm dennoch aussprechen... und dann kannst du das Thema beenden..." „Vielleicht...  aber nicht jetzt... nicht heute...", ich trank mein Glas Wein aus und stand auf. „Ich werd mal heim... und Joey anrufen... danke Maus... ich hol morgen Matti und nehm dann das Auto mit, Ja?" „Klar! Versuch Ruhe zu finden... wenn was ist, ruf an, ok?" „Mach ich... Hope... komm...", sofort stand meine Hündin neben mir und folgte mir raus, um den kurzen Weg heim mit mir zu laufen...
Kurz vor meiner Wohnung preschte Hope plötzlich vor Richtung Haustür und bellte in die Dunkelheit. Sowas hatte ich noch nie erlebt und versuchte sie zurück zu rufen, vergebens..., also lief ich ein paar Schritte schneller, um ihr nach zu kommen. „Hope! Stopp!", rief ich erneut, als ich einige Meter entfernt den Grund sah, warum sie so heftig bellte.
Dicht gegen die Tür gedrückt stand eine Person, die ich vermeintlich zu kennen glaubte... „Paddy...", sagte ich leise. „Hope, aus!", zischte ich erneut und endlich reagierte sie und kam zu mir. „Gutes Mädchen...", lobte ich sie und ging die letzten Meter mit ihr gemeinsam. Unsicher stand er vor meiner Tür und sah mich an. Gerade als ich was sagen sollte, war er es... „Hanna... bitte... lauf nicht weg... ich möchte nur mit dir reden, ja?" „Was machst du hier, mitten in der Nacht?" „Auf dich warten..." „Ahja!", ich drückte mich an ihn vorbei und schloss die Wohnung auf. Er hingegen... er blieb einfach stehen, folgte mir nicht rein. „Worauf wartest du?", fragte ich. „Darf ich rein?" „Sonst hätte ich die Tür nicht offen gelassen!" „Danke...". Paddy folgte mir in die Küche und blieb im Türrahmen stehen. „Schiess los... es ist schon spät und ich muss morgen wieder früh raus...", erklärte ich ihm und begann dabei, die Brotdose für Mathilda für den nächsten Schultag fertig zu machen. „Das...das ist aber bestimmt nicht so zwischen Tür und Angel geklärt, Hanna...", sagte er leise. „Nicht? Vor sieben Jahren ging es doch noch schneller! Achja stimmt, da hast du nicht geredet, sondern dich einfach nur ohne was zu sagen, verpisst!" „Es tut mir leid Hanna..." „Fällt dir früh ein..." „Du hasst mich.." „Nein Paddy! Hassen tu ich dich nicht..." „Aber?" „Es ist viel passiert..." „Du hast gesagt, ich soll nach Hause kommen... und jetzt?" „Ja... das hab ich gesagt!", ich drehte mich zu ihm und sah ihn an. „Das ist aber lange her..." „Aber ich bin jetzt hier..." „Und wie lange diesmal? Davon ab, das hier ist mein Zuhause! Das Zuhause von Matti und mir! In Berlin... das war unser zu Hause..." „Und dein Brief?" „Was ist damit?" „Du wolltest reden..." „Ja... damals... Paddy verdammt, den scheiss Brief hab ich vor 7 Jahren geschrieben! Und vor drei Jahren hast du ihn sogar erst gelesen... und jetzt kommst du an, und willst reden? Meinst du nicht, das es irgendwann einfach zu spät ist?" „Ich hoffe nicht...", seufzte er und sah traurig aus. „Ich wollte ein einziges Gespräch damals... dich ein einziges Mal sehen und mit dir sprechen! Du wolltest das nicht! Du wolltest noch nichtmal, das ich weiß wo du bist, was du machst! Und es war dir scheiss egal, wie es mir und Matti dabei ging!" „Nein Hanna! Das war mir nicht egal, und wenn du mich kennen würdest, wüsstest du das auch! Du hast doch meinen Brief bekommen... das Sparbuch... ich hab euch nicht so im Stich gelassen... ihr wart... seit immer noch abgesichert... das war mir das Wichtigste..." „Hier haste dein Sparbuch!", schrie ich und angelte das Sparbuch aus dem Schrank. „Weder Matti noch ich waren drauf angewiesen, und werden es auch nicht. Meinst du ich wollte dein scheiss Geld...?" „Aber..," „Nein! Nichts aber! Einzig und allein wollte ich meinen besten Freund wieder haben... ich hab dir geschrieben, das ich es verstanden hätte, wenn die Gefühle nicht ausgereicht hätten... mir war doch nur die Freundschaft zu dir wichtig... du warst mir wichtig....", nun brachen bei mir alle Dämme...

Gebrochene HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt