Immer noch total verweint versuchte ich mich an einem lächeln, für Rachel, die mich aus ebenfalls leicht geröteten Augen anschaute.
Mitfühlend strich ich ihr über den dicken Gips, den man ihr umgelegt hatte.
Der Arzt hatte zwar versichert, dass es ein glatter Bruch war, der innerhalb von sechs Wochen verheilen würde, aber trotzdem hatte der Arzt ihr reichlich was an Medizin eingeflößt,was gegen den Schock und die Schmerzen wirken sollte.
Seit dem der Krankenwagen Rachel, Bennet und mich mitgenommen hatte, waren sicherlich schon einige Stunde vergangen.
Man hatte Rachel in ein Wartezimmer gesetzt, was so voll war, dass nur eine Person mit rein durfte. Das wiederum bedeutete, dass ich unglaublich lange draußen gesessen und geheult hatte wie ein Schoßhund, bis ich irgendwann keine Tränen mehr übrig hatte.
Darauf saß ich dann einfach nur da und starrte vor mich hin ins Leere.
Tatsächlich war mein Kopf so voll, dass ich nichts denken konnte.
Eine Überlastung. Ich war ein server, der zusammengebrochen war und den man noch nicht wieder hochfahren konnte.Diese Leere war immer noch ein Teil von mir, aber wenigstens war Rachel jetzt halb bei Bewusstsein und bei mir.
,,Tut es noch sehr weh?", erkundigte ich mich unsicher, was man zu einer benebelten Person sagte, die jetzt einen Gips tragen musste.
Bennet hatte sich etwas von uns entfernt, wobei er immer wieder versuchte, abwechselnd Mutter oder Vater von Rachel zu erreichen.
Meine Freundin schaute mich mit gläsernen Augen an:,, Also wenn sie mir schon Drogen geben, hätten sie wenigstens die höher dosierten nehmen können. Ich sehe noch nicht das Leben in allen Regenbogenfarben"
Ich versuchte mich an einem lächeln, versagte jedoch kläglich.
...du wertloses Miststück. Keiner will dich hier haben.
Die Worte meines Bruders liefen in Dauerschleife in mir ab.
Ich hatte mich in ihnen getäuscht. Vielleicht waren sie tatsächlich froh, nach dem Tod meiner Mutter endlich einen Grund gefunden zu haben, schnellst möglich zu verschwinden.
,,Bist du wenigstens High genug, um ein Verbrechen zu planen?", versuchte ich trotzdem zu spaßen. Obwohl, so richtig als Spaß war das nicht gemeint, ich hatte nämlich schon das dringende Bedürfnis, jemandem weh zu tun.
Doch Rachel zog nur ihre Mundwinkel hoch:,, Was habe ich verpasst, Lee? Bennet hat mir im Warteraum irgendwas erzählt, aber.."
Gerade als sie ihren Satz vervollständigen wollte, kam besagter Trainier wieder zurück zu unserer Bank vor dem Krankenhaus.
,,Deine Eltern sind immer noch nicht erreichbar. Ich werde uns jetzt ein Taxi rufen, dann könnt ihr nach Hause gebracht werden und ich hinterlasse eine Nachricht für deine Eltern. Wegen den Kosten können wir uns dann noch für ein Gespräch treffen."
Ich und Rachel wechselten einen schnellen Blick. Ich hatte, in den zwei Wochen die wir uns kannten, kein einziges mal ihre Eltern kennen gelernt, weshalb es mich jetzt auch nicht sonderlich wunderte, dass sie nicht erreichbar waren.
Dann konnte ich wenigstens Rachel bei mir behalten.Der Versuch auf der Toilette mein verheultes Gesicht etwas weniger schlimm aussehen zu lassen, war geradezu lächerlich. Bennet hatte, bei unserem ersten Training gesehen, wie ich weinte und Rachel hatte es schließlich auch schon gesehen.
Das einzige worauf ich hoffen konnte war, dass Ella nicht zu Hause war, damit die gute Seele sich nicht noch mehr Sorgen wie sowieso schon machte.Im Taxi war es, bis auf das nervige Gedudel von dem Radio, komplett still. Bennet schaute ständig auf die Uhr, als hätte er noch einen Termin. Und Rachel und ich saßen einfach zusammen gekuschelt da, gaben uns gegenseitig halt.
Ihr Arm tat vermutlich nicht mehr so weh, aber irgendwas war auch vorher, während des Trainings von Rachel passiert. Sie wäre sonst nie so still gewesen.Der Taxifahrer setzte uns beide bei Ella ab und kaum ware wir im Haus- Ella war nicht zu Hause- zog ich Rachel zu meinem Bett. ,,Willst du zu erst erzählen? Was passiert ist?", erkundigte ich mich und klopfte auf neben mich, damit sie sich auch setzte.
Rachel nickte langsam:,, Ich kann es ja nicht beweisen, und ich will auch nicht Gerüchte in die Welt setzten, wo nichts dran ist. Aber bei dem Flickflack... Eigentlich hätte mir Laurana Hilfestellung geben sollen, aber irgendwie stand sie bloß rum, weshalb ich dann umgeknickt bin.Normalerweise bin ich ja auch in der Lage, so einen Flickflack zu machen, aber ich hatte extra mein Gewicht anders verlagert, damit es gepasst hätte. "
Empört sprang ich auf. Das konnte doch nicht wahr sein. Diese... was zur Hölle tat sie? Was war mit der Menschheit bloß passiert? War es nicht möglich, einfach normal zu leben?
Ich hasste Laurana ja auch, aber deswegen würde ich mir trotzdem nicht denken: Boah geil, lass mal keine Hilfestellung geben, damit die doofe Nuss sich den Arm bricht.
Genau das ließ ich auch raus, wobei Rachel empörender weise sogar noch versuchte, alles etwas ab zu schwächen.
Vermutlich wusste sie sehr wohl, dass es grundsätzlich Lauranas schuld war, dass sie jetzt sechs Wochen lang einen Gips um den Arm tragen musste, aber wollte nicht, dass diese es hinterher abstritt und ich ihr nicht mehr glaubte.
Eigentlich war ich außer mir vor Wut , aber ich schaffte es ich es gerade nicht,mit der Grausamkeit der Menschen klar zukommen.
Ich wollte etwas machen, damit Laurana mal merkt, wie das ist, wenn alle über einen lachen.
Sie war so schon lächerlich genug, nur sah das ganze Gefolge natürlich nicht . Es war einfach unfair.
Es musste irgendetwas geben, womit wir uns an ihr rächen konnten. Das ganze war schließich vorsätzliche Körperverletzung
,,Wir brauchen eigentlich ein Video von Laurana, wie sie sich selber so richtig lächrerlich macht, aber ich glaube die Leute haben einfach zu viel Angst vor ihrem Gift, als ehrlich ihre Meinung zu saggen", verkündete ich.
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Alone in the Underground
RandomTriggerwarnung* Allein sein: Für manche bedeutet es Traurigkeit. Für andere grenzenlose Einsamkeit. Doch Natalie hat sich daran gewöhnt. Sie musste es, von einem auf den anderen Tag. Sechs Jahre ist es schon her, dass ihr friedliches Leben plötzli...