Mit einem seuftzen ließ ich mich neben Rachel in der Übergroßen Cafeteria fallen. Unglaublich, wie viele Leute sich hier rum tummelten.
Einen Teil der Menschen kannte ich sogar, allerdings eher so nach dem Motto, dass ich ihre Gesichter in irgendeinem meiner Kurse schon mal wahr genommen hatte.
,,Und, wie findest du die Stan-Highschool bis jetzt?", erkundigte sich meine Freundin, die sich gerade ein großes Stück ihres Soja-Schnitzels in den Mund schob. Ich schaute mein Essen an:,, Na ja, abgesehen vom den Leuten habt ihr eindeutig eine bessere Kantine als wir. Hier gibt es ja tatsächlich etwas, was auch nach Essen aussieht"
Rachel kicherte mit vollem Mund, was wiederum nicht besonders appetitlich aussah, aber zum Teufel damit, ich hatte verdammten Hunger und ließ mich darin durch nichts beirren. Es klang sehr herzlos, aber selbst wenn jemand gestorben war konnte ich was essen. Ob ich das dann wollte war was anderes, aber Hunger hatte ich nahezu immer.
Bis jetzt war eigentlich nicht spannendes, oder eher schlimmes passiert, aber das machte mir irgendwie Angst , zur Zeit lief es ein bisschen zu gut. Vielleicht würde das folgende Hockeytraining ja schlecht laufen.
Wenn man die letzten Schulstunden betrachtete hatte ich mich ganz gut geschlagen. In allen Fächern die ich bis jetzt hatte, waren wir mit den Themn schon weiter gewesen, sodass es mir leicht fiel, die ungeliebte Streberin raus hängen zu lassen. Geredete hatte ich tatsächlich mit noch kleinem einzigem meiner Mitschüler und Mitschülerinnen so wirklich.
Am Anfang jeder Stunde hatte ich vorne am Pult stehen müssen und manchmal länger oder kürzer etwas über mich erzählen müssen. Nur unser Deutschlehrer hatte leicht übertrieben und mich dazu gezwungen, einen Aufsatz über mein vorheriges Leben zu schreiben, den ich dann in der nächsten Stunde vorstellen durfte.
Die Mitschüler waren okay. Also gut, eigentlich konnte ich das nicht wirklich bewerten. Das einzige, was ich wirklich wusste, dass man diese Gruppen wohl doch etwas leichter gliedern konnte.
Mit gerunzelter Stirn schaute ich mich an den Tischen für unsere Jahrgangsstufe um, während ich mir Essen in den Mund schaufelte.
Rachel und ich hatten einen eigenen Zweiertisch am Fenster bekommen. Es war der einzige mit zwei Sitzen und eigentlich auch nicht beliebt, weil alle viel größere Freundschaftsgruppen hatten.
In meiner alten Schule hatte immer eine ziemliche Trennung zwischen Jungs und Mädchen geherrscht. Selbst wenn jemand ein Paar war hatten sie meistens nicht zusammen gesessen, sondern sich nur Blicke zu geworfen.
Hier war das klomplett anders. Die Mädchen, welche tatsächlich sowas wie das sagen hier hatten, was Rachel mir, gespickt mit einigen hochinteressanten Schimpfwörtern, im gemeinsamen Deutschunterricht mitgeteilt hatte, hangen jetzt bei einigen Jungen rum.
,,Starr nicht so", befahl mir Rachel, als ich gerade versuchte, mich an ein paar Namen zu erinnern. Peinlich berührt senkte ich den Blick. Tatsächlich passierte mir das öfters, dass ich etwas zu sehr starrte, wenn ich Leute eigentlich nur unaffällig beobachten wollte.
Rachel schob ihren leeren Teller weg:,, Die Mädchen da hängen zur Zeit nur bei den Jungs rum, weil die richtig krassen" Sie schnaubte abfällig ,,gerade bei ihrem großen Turnier sind. Mann bin ich froh, dass die weg sind"
,,Warum hast du so einen großen Hass gegen die Beliebten?", erkundigte ich mich vorsichtig, denn das es so war, konnte man nicht nicht bemerken. Irgendwo konnte ich verstehen, dass Rachel nicht gut mit den Mädchen klar kam, denn ein paar abfällige Kommentare darüber, dass wir zusammen standen hatte ich tatsächlich schon gehört, war aber zu spät gewesen, um diejenigen zur Rede zu stellen.
Mit einem tiefen seuftzer begann meine Freundin- die Betitelung hörte sich irgendwie schön aber auch komisch an- in ihrer Tasche herum zu kramen. Ihr murmeln klang gedämpft zu mir rüber:,, Hast du heute nach dem Training Zeit? Wir könnten zum Strand fahren?"
Ich zog meine Augenbrauen hoch. Das war ja ein sehr ungeschickter Thenmenwechsel. Etwas zu spät schaltete ich und bemerkte, dass sie mir dann wohl ihre Leidensgeschichte erzählen würde.
Etwas in mir begann zu schmerzen. Wenn sie jetzt schon so großes Vertrauen in mich hatte... Dann würde ich ihr dieses Vertrauen auf jeden Fall zurück geben. Aber war ich wirklich dazu bereit, von meiner Mutter und meinem Brüdern zu erzählen?
Ich schloss meine Augen:,, Klar habe ich Zeit"
Plötzlich antwortete eine andere, viel höhere Stimme:,, Also wirklich, Lee, du musst dich nicht mit so einem Ekelpacket abgeben"
Überrrascht öffnete ich meine Augen und schaute direkt in das Gesicht einer mäßig hübschen Brünnette, die nur etwas zu viel Make-up aufgetragen hatte.
Meine Augenbrauen schossen in die Höhe und ich stand auf, um mich nicht mehr so klein neben ihr zu fühlen, auch wenn sie mich immer noch um einiges überragte.
,,Deswegen habe ich Rachel ja auch zu gesagt. Ich will nicht mit so einem Ekelgesicht wie dir meine Zeit verbringen", entgegnete ich scharf. Sie schaute mich komplett überrascht an. Tja, kam wohl nicht so oft vor, dass jemand Miss Wunderbar kontra bot.
Rachel zog an meiner Hand:,, Komm schon Lee, es ist nicht so wichtig" ,,Doch, ist es", entgegnete ich, während ich immer noch das braunhaarige Mädchen anstarrte, bis mir endlich wieder ihr Name einfiel. Laurana.
Zickig hob sie ihr Kinn, etwas, was man dann machte, wenn einem nicht mehr einfiel, was man zu sagen hatte:,, Also ich hab auf jeden Fall mehr Freunde"
,,Muss wohl daran liegen, dass es hier viele miese Leute gibt", entgegnete ich bloß und setzte mich hin, wobei ich aus dem Augenwinkel bemerkte, wie ihre Freundesgruppe mich beobachtete. Und das war es wohl mit dem Vorsatz, nicht auf die Abschussliste zu kommen.
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Alone in the Underground
De TodoTriggerwarnung* Allein sein: Für manche bedeutet es Traurigkeit. Für andere grenzenlose Einsamkeit. Doch Natalie hat sich daran gewöhnt. Sie musste es, von einem auf den anderen Tag. Sechs Jahre ist es schon her, dass ihr friedliches Leben plötzli...