Kapitel 52

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Im  Gegensatz zu dem Weg, den ich mit Rachel zurück gelegt hatte, blieb ich diesmal komplett bei bewusstsein, was irgendwie komisch war.
Smash hatte mich gequält und diesmal hatte ich gegen ihn verloren, aber trotzdem konnte ich mich besser zusammen reißen als beim letzten Kampf gegen ihn.
Vielleicht lag es auch an Jespers Anwesenheit.
Auch wenn die Stille zwischen uns nicht unangenehm war, traute ich mich nicht, mich komplett fallen zu lassen in meine dunkle Welt, in dieses Loch, welches manchmal die Herrschaft über  meine gesamten Gedanken und Taten hatte.
All zu schmerzhaft war es auch nicht, wenn ich erstma den Willen gefunden hatte, zu laufen. Meine Beine funktionierten wie ferngesteuert, während der Rest von mir versuchte, sich zu halten.
Der Wald begann sich zu lichten und ich seuftze erleichtert auf, als ich endlich das Feld sah.
Jetzt war es nicht mehr weit, bis nach Hause, wo ich mich dann nur unbemerkt reinschmuggeln und selber verarzten musste.
Doch als wir an der Straße angekommen war, bewegte Jesper sich in die andere Richtung, auf die Straße am anderen Teil der Siedlung entlang.
,,Ich wohne dahinten"
Meine Stimme unterbrach die ungewohnt schöne Stille und hörte sich nur noch leicht krächtzend an.
Jesper nickte:,, Ich weiß, aber.." 
,,Woher weißt du das?", ein Schaudern lief über mein Rücken, während ich mir überlegte, wie er vielleicht gesehen hatte, dass ich mit einer Frau, die mir nicht im geringsten ähnlich sah, alleine in einer Wohnung lebte.
Jesper lachte unsicher:,, Ich morgens an die vorbei gefahren, als du auf dein Fahrrad gestiegen bist. Ich bin kein kranker Stalker, keine Sorge"
Ich brachte sogar so etwas wie ein lächeln zu stande, was sofort gefror, als Jesper weitersprach: ,, Es macht aber mehr Sinn, wenn du mit nach mir kommst. Du musst verbunden werden und noch deinen Teil des Deals erfüllen. Und ich glaube kaum, dass du willst, dass deine Eltern dich mit einem fremden Jungen im Zimmer erwischen sollen"
Meine Wangen begannen zu glühen als ich mir vorstellte, wie Ella reagieren würde, wenn plötzlich Jesper mitten in der Nacht bei uns auftauchen würde. Vermutlich wäre es in dem Moment nicht mal so schlimm, aber die ganzen peinlichen Fragen würde ich mir lieber sparen.
,,Aber deine Eltern wundern sich nicht über meine Anwesenheit, weil du ständig Mädchen anschleppst, richtig?", mutmaße ich, auch wenn ich klar stelle, dass es nur zum Spaß gemeint war.
Unglaublich: Vor einer Stunde lag ich noch im Wald und konnte gar nichts tun und jetzt fühlte ich mich in der Lage Späße zu machen.
Doch Jesper beantwortet die Frage ungewohnt ernst:,, Meine Eltern ind nicht zu Hause, doch wenn, dann würde es sie sehr wundern. Ich hatte noch nie ein Mädchen, abgesehen von Rachel, über Nacht zu Hause"
Überrascht verarbeite ich die Information, während ich so tat, als würde mich das nicht freuen.
Es ist komisch, aber ich wäre sehr enttäuscht, wenn Jesper sich tsatsächlich als der Bad Boy, der ständig mit anderen schläft, rausstellen würde.
Jesper war also auch noch Jungfrau.
Oder er schlief immer bei den Mädchen.
Unsicher, woher meine komischen Gedanken kamen, schüttelte ich über mich den Kopf. Wie kam ich nur immer so vom Thema ab?
Jetzt waren Jesper und ich schon in die Straße, welche vermutlich zu seinem Haus führte, abgebogen  und es war zu spät, um noch zu protestieren.
Außerdem hat Jesper recht. Ich wäre vermutlich nicht in der Lage wieder über den Baum, den ich sonst immer so originell benutzte, um aus dem Haus zu kommen , wenn Ella da ist, ins Haus zu kommen.
Wir liefen eine Weile und ich spüre langsam, wie müde ic mich fühlte.
Das ganze, der Schreck, das Schreien, die Schmerzen, all das hat mich unfassbar müde gemacht, sodass ich eigentlich nur schlafen wollte.
Doch gleichzeitig war es irgendwie aufregend und schön, mitten in der Nacht mit Jesper durch die spärlich beleuchteten Straßen zu laufen.
Mit einem tiefen Atemzug atmete ich seinen ganz speziellen Geruch ein.
Jeder Mensch hat seinen persönlichen Geruch, etwas was ich schon immer total schön fand.
Jesper roch nach Wald, nach Meer und irgendwie nach positiven Gefühlen. Sonst war mir das nie aufgefallen, aber gerade strahlte er so eine Sicherheit aus, dass ich mich total entspannen konnte.
Jetzt würde Smash mich nicht nochmal anfallen.
Nach mehrern Häuserblocks hielt Jesper plötzlich vor einem Fahrrad an:,, Kannst du dich hinten auf den Gepäckträger setzten und dich an mir festhalten?"
Ich nickte und warte, bis er sein Rad aufgeschlossen hatte und selber saß dann versuchte ich mich nun hinten drauf zu setzten.
Meine Beine müssten nicht mal angewinkelt werden, damit sie nicht auf den Boden kamen, ansonsten wares ziemlich unbequem und ich merke, wie irgendwo eine Wunde an meinem Bauch wieder zu bluten begann.
Doch leider konnte ich das bisschen Blut nicht aufhalten, weil ich mich voll und ganz darauf konzentrierte, mich an Jespers Taille fest zu krallen, um das Gleichgewicht zu bewahren.
Alles wackelt schrecklich und ich habe wirklich Angst, jeden Moment runter zu fallen.
Doch irgendwann gewöhnte ich mich auch an das.
Meine Finger krampfen sich jetzt nicht mehr in seine Haut, sondern ich konnte mich entspannen und fast das irre Gefühl genießen. Jesper war vielleicht nicht schnell, mit mir als weiteres Gewicht auf dem Gepäck, dennoch fühlt es sich so an, als würden wir fliegen.
Ein wackeliger Flug, bei dem man machmal das Gefühl hatte, man würde doch nur fallen, aber letzten Endes stellt es sich doch als ein Flug heraus.
Für einen Moment schloss ich die Augen, vergaß alle meine Vorbehalte gegenüber Jesper und alles, was ich eben durchgemacht hatte und genoss einfach diesen besonderen Moment.

Alone in the UndergroundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt