P.o.V Jesper Hill
Angespannt starrte ich Lee hinterher.
Ich hielt das hier für keine gute Idee.
Das hier war, zumindest aus meiner Sicht, sogar eine ganz, ganz miese Idee.
Rachel schien mein Unbehagen zu spüren und berührte mich leicht mit ihrem Arm, als würde sie mich unterstützten wollen.
Dabei sagte ein kleiner Seitenblick auf ihre angespannten Gesichtszüge, dass sie es ebenfalls nicht gut fand, was wir hier veranstateten.
Aber letzten Endes war uns nichts besseres eingefallen, als uns auf zu teilen.
Vielleicht hatte David Will uns bereits im Visier- sehr wahrscheinluch hatte er das- aber er würde ganz sicher nicht eine zweite Überwachungsperson an unserem Haus positioniert haben. Zumindest war das unserer Plan.
Wir waren erst vorgestern angekommen und hatten gestern im Prinzip nur den Friedhof besucht, aber heute wollten alle, vor allem Lee, schon aufs Ganze gehen.
Deshalb traf sie sich heute mit ein paar Kumpels, die sie aus dem Ring kannte, während Alex, Dan und Jo versuchen würden, unbemerkt zum Haus, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatten, zu gelangen.
Rachel und ich waren Lee gefolgt, allerdings würden wir in Sichtweite erstmal warten, bis Lee uns zu sich rufen würde. Sie hatte uns erklärt, dass sie sich bis jetzt noch nie mit ihren Freunden außerhalb des Ringes einfach nur so getroffen hatte und die beiden vielleicht misstrauisch wären, wenn sie zwei Fremde Leute mit sich schlürte. Und das wäre doof, schließlich erhoffte sie sich von ihnen auch Informationen.
Allerdings war ich auch ziemlich misstrauisch.
Natalie hatte ihre damaligen Freunde in der ganzen Zeit, in der ich sie kannte kein einziges mal erwähnt, weshalb ich jetzt ziemlich gespannt war, wer sich hinter den vier, unbekannten Personen versteckte.
Während Rachel und ich uns an einen Platz setzten, wo wir noch in Hörweite waren, schaute ich kurz auf meine Uhr.
Genau drei Uhr.
Jetzt mussten sie einfach kommen.
Verstohlen schielte ich zu Lee, die scheinbar total entspannt in die Karte schaute, welche schon auf dem Tisch lag.
Es störte mich immer noch, dass ich von ihren damaligen Freunden nichts gewusst hatte. Warum sollte sie daraus so ein großes Geheimnis machen? Wenn man vermutlich um die sechs Jahre mit Personen zu tun hatte, erwähnte man sie doch normalerweise.
Ich versuchte meine Unmut darüber herunter zu schucken und schaute mich stattdessen nochmal um.
Zwar versprach ich mir nicht besonders viel von diesem Treffen, weil es so schien, als wären die vier auch nur Handlager , aber Lee hatte darauf bestanden, dass man durch sievielleicht ein paar Sachen über ihren Vater erfahren könnte, sodass wir uns schließlich alle geschlagen gegeben hatte.
Außerdem war es wirklich die perfekte Ablenkung, damit ihre Brüder unbemerkt aus dem Haus kam.
Gerade, als ich mir auch die Karte anschauen wollte, um nicht auffällig zu sein, hörte ich wie ein Stuhl gerückt wurde.
Sofort schnellte mein Bick zu Lee, die tatsächlich gerade aufgestanden war.
Ein großer Typ, der überraschend gepflegt aussah, stand vor ihr.
Lee stieß einen erfreuten kleinen Schrei aus:,, Oliver"
Er lächelte sie herzlich an und breitete seine Hände für eine Umarmung aus, die Lee freudig erwiedert.
Ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Oberkörper, als ich daran dachte, welche Probleme sie bei mir manchmal noch hatte, wenn ich sie überraschend anstupste, oder unsere Hände sich berührten.
Was machte dieser fremde Kerl anders, dass sie ihn so freudig empfang?
Oder war das nur geschauspielert, damit er ihr vertraute.
Ihre Umarmung dauerte ganz schön lange an.
Unnatürlich lange.
Ich spannte meine Muskeln an und musste mich fast dazu zwingen, nicht zu dem Tisch zu laufen und diesem Oliver eine rein zu hauen.
Was dachte er sich meine Lee auch nur an zu schauen...
Ich atmete gespresst aus und wand meinen Blick schnell ab, bevor Rachel irgendwas mitbekam. Sie vermutete jetzt schon zu komische Sachen, da wollte ich ihr nicht noch scheinbare Beweise für diese absurde Vermutungen liefern.
Mir war ja selbst nicht klar, warum ich diesen Kerl da so verabscheute.
Erneut hörten wir Stühle klappern, aber ich konnte für den Moment nicht hören, was sie sprachen, weil irgend so ein Rentner meinte, lautstark seine Frau rufen zu müssen.
Als ich wieder hinschaute kam gerade der nächste Typi an. Ein sehr muskulös gebauter Junger, mit kurzrasierten Haaren.
Diesmal stand Lee wieder auf, umarmte ihn aber wenigstens nicht so elendig lange, wie Oliver.
,,Tobi, du hast dir ja deine Haare abrasiert. Was ist passiert?" Er nuschelte irgendwas und prompt war auch er mir unsympathisch.
Würde Lee es bemerken, wenn ich mir meine Haare abrasieren würde?
Wütend über mich selber versuchte ich mich auf die Speisekarte zu konzentrieren, wobei ich der Unterhaltung mit einem Ohr die ganze Zeit folgte.
Sie unterhielten sich nur über belangloses, bis schlussendlich der nächste ankam und wieder mit einem strahlendem lächeln, sowie einer offenen Umarmung empfangen wurde.
Also eigentlich hatte Lee gestern noch gesagt, dass sie mit ihnen kein so enges Verhältnis gehabt hatte.
Aber irgendwie sah und hörte sich das für mich ganz anders an.
Es fühlte sich so an, als wären sie sehr gute Freunde, die sich alle bestens verstanden und durch viel mehr als nur die gemeinsame Zugehörigkeit zu den Kings verbunden wurden.
Ich konnte nicht mit starren aufhören, bis Rachel mir volle Kanne auf den Fuß trat.
Wütend funkelte ich sie an. Gerade regte mich irgendwie alles auf.
,,Jetzt starr nicht so auffälig, sonst bemerkt uns noch jemand", zischte sie , mindestens genauso aufgebracht und abgenervt , bevor sie sich mit einem strahlenden Lächeln zu der Bedienung wand, die gerade zu unserem Tisch kam.
,,Ich nehm einmal eine Cola und einen Käsekuchen bitte"
Jetzt drehte die Bedienung sich zu mir und ich wusste gar nicht, was auf der doofen Speisekarte stand.
Viel mehr war ich von Lees glücklichem Tonfall abgelenkt, sodass ich schlielßich bloß stammelte:,, Ähm... für mich das.. das selbe"
Kein Wunder, dass Lee mich für dumm hielt.
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Alone in the Underground
RandomTriggerwarnung* Allein sein: Für manche bedeutet es Traurigkeit. Für andere grenzenlose Einsamkeit. Doch Natalie hat sich daran gewöhnt. Sie musste es, von einem auf den anderen Tag. Sechs Jahre ist es schon her, dass ihr friedliches Leben plötzli...