Kapitel 88

129 7 0
                                    

,,Jetzt warte doch mal, Lee"
,,Das war nicht so gemeint"
,,Jetzt sei doch nicht so"
Stur ignorierte ich die Rufe von Jesper und Rachel die mir mit einigen Metern Abstand folgte.
Obwohl ich klein wie sonst was war, konnte ich doch schneller gehen also so viele andere Leute.
Und mein Tempo würde ich für sie ganz bestimmt nicht runter fahren.
Ich brauchte einfach nur einen Moment Zeit, damit ich das eben geschehen für mich verarbeiten konnte. Wenn ich etwas sauer auf Leute war, dann mussten sie meistens nur wenige Stunden warten, dann bereute ich einfach alles, was ich jemals gesagt hatte und entschuldigte mich auch wieder.
Aber in der Zeit davor, verhielt ich mich einfach nur widerlich. Oder ich fing an zu heulen, was zur Zeit tatsächlich wahrscheinlicher war.
Doch das war nur ein Grund mehr für mich, schneller zu laufen.
Außerdem hatte ich die Zeit etwas unterschätzt. Noch eine viertel Stunde, dann würde Darling,wenn sie noch lebte, was ganz offensichtlich so war, an der Schule vorbei laufen.
Ich wusste nicht ganz, wie sie zur Zeit zu mir stand.
Hatte sie selber ihren Tod vorgetäuscht?
Hatte mein Vater sie dazu gezwungen?
Darling war eigentlich total nett gewesen, aber was ähnliches hatte ich von Oliver auch gedacht. Aber das war ja ganz offensichtlich falsch gewesen.
Okay, jetzt hatte ich die wunderbare Entscheidung, entweder würde ich jeden Moment los heulen, oder ich verdrängte den ganzen Mist einfach immer, immer weiter, bis ich später alleine los heulen könnte. aber damit das funktinoierte durfte keiner von den beiden versuchen, mir körperlich oder auf sprachlicher Ebene nahe zu kommen. Sonst funktinoierte gar nichts mehr bei mir.
Also beschleundigte ich mein Tempo noch weiter und sah vermutlich jetzt auch nicht mehr aus, als würde ich ganz entspannt laufen. Denn Überraschung, das tat ich eigentlich auch nicht. Ich war weder entspannt, noch hatte ich irgendeine Art von Plan.
Das war echt ungünstig, denn jetzt kam auch schon die Schule in sicht.
Und dabei stellte sich dann die nächste Frage: Lief Darling wohl vor oder hinter der Schule her? Ich wusste nicht mal Ansatzweise, in welcher himmelsrichtung sie wohl wohnte, also konnte ich das daran auch nicht fest machen.
,,Rachel, hinter die Schule. Jesper du gehst an die Ostseite"
Ohne um zu drehen rief ich den Befehl über meine Schultern und zeigte dabei in die entsprechende Richtung.
Dann würde ich die Frontseite der Schule und die andere Straßenseite überwachen, wo es am wahrscheinlichsten war, dass darling dort vorbei lief.
Ich würde mich erstmal etwasw bedeckt halten, sodass man mich nicht vom weiten sehen konnte , aber wenn sie dann in meiner Rufnähe war, würde ich mich sichtbar machen. Jesper und Rachel sollten sich mal schön etwas alleiniges einfallen lassen. Hauptsache Darling joggte nicht an ihnen vorbei, und sie bekamen nichts mit. Das wäre schon ziemlich doof. Oder Darling joggte nicht, oder Oliver hatte uns nur verarscht.
Aber dafür hatte er hoffentlich, hoffentlich zu große Angst, dass ich ihn verpetzten würde. Und ich würde keine sekunde zögern, bevor ich das tat. Das war ihm mittlerweile auch klar. Nach dem was er abgezogen hatte, würde ich ihm mit Freude sein komplettes Leben versauen.
Unruhig tippte ich mit meinem Fuß auf dem Boden rum, während ich immer wieder abwechselnd Weg und Zeit überprüfte. Noch genau dreiunzwanzig Sekunden, dann müsste Darling kommen. Aber jetzt war sie nichtmal in Sichtweite...
Schritte ertönten und eine Person kam aus der Seitengasse getrabt. Ich hörte sofort den schweren atem und die schnellen Schritte. Das war eine Person, die joggte.
Kurz linste ich hinter meinem kleinen Versteck, zwischen den Container hervor.
Rote, kurze Haare, schwarze kurze Hose, das war ganz eindeutig Darling, die da gerade frontal auf die Schule zu lief.
Kurzentschlossen trat ich aus meinem Versteck raus. Selbst wenn Darling jetzt einfach wegrennen würde, dann könnte ich sie ohne Probleme einholen, weil sie scheinbar schon eine ganz schön lange Strecke gejoggt war.
Doch sie sah mich nichtmal.
Ihr Blick war stur auf den Boden gerichtet, die Lippen hatte sie zu einer festen Linie verzogen.
,,Darling", rief ich leise, als wäre sie ein Tier, was man nicht mit zu lauten Geräuschen verschrecken sollte.
Sie schaute hoch und unsere Augen trafen sich.
Endlich erkannte sie mich...
Und steiß einen kleinen Schrei aus.
mit ausgestreckten Arem rannte sie auf mich zu:,, Lee!"
Überrascht öffnete klopfte ich ihr auf den Rücken, als sie mich umarmte.
Heftig atmend löste sie sich fast im selben Moment von mir und begann sofort los zu reden, genau wie ich sie kannte, aber gleichzeitig auch viel aufgelöster:,, Du musst unbedingt hier weg. Ich habe etwas ganz schreckliches herausgefunden. Dein Vater, er will dich töten, du musst hier weg. Ich dachte dass du schon längst tot wärst, aber jetzt. Es gibt irgendwo eine Chance"
,,Hey, ganz ruhig, atme erstmal ein", ich hielt sie fest und schenkte ihr ein halbes lächeln.
Darling lebte tatsächlich.
Nachdem was Oliver gesagt hatte, war es ganz offiziell bestätigt worden, aber jetzt, wo sie so lebendig vor mir stand, da wurde es erst richtig real...
Darling lebte noch.
Und sie war gesund.
Schwer atemd schaute Darling sich panisch um:,, Beruhigen kann ich mich noch später, jetzt musst du erstmal in Sicherheit. Ist dir jemand gefolgt?"
Etwas besorgt schaute ich mich auch um. Darling hatte ja wirklich ganz schön große Panik.
,,Mir ist nicht aufgefallen, dass da jemand war, aber zwei Freunde von mir sind auch hier. Ich ruf sie eben an, dann können wir zu unserer Unterkunft fahren."

Alone in the UndergroundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt