Kapitel 80

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,,Natalie, kommst du eben mit zum Kioks?"
Überrascht schaute ich Dan an. Er hatte bereits in der ersten Pause ein Brötchen gekauft und meine Brüder würden gleich zurück in ihre Wohnung gehen, wo sie sehr wahrscheinlich Mittagessen kochen würden. Er musste also eigentlich nichts mehr haben.
Alle anderen schauten ihn genauso fragend an, woraufhin Dan tatsächlich auch mehr rot anlief, was aber auch noch das sogenannte Afterglowing vom Training sein konnte. Heute war es besonders anstrengend gewesen, nachdem der Coach uns zum Schluss zur Könung noch Kraftübung hatte machen lassen.
,,Komm einfach mal mit", Dan zog mich aus unserer Gruppe raus in Richtung eines Nebenganges, wo nichts los war.
So langsam begann ich mir Sorgen zu machen. Sein Gesicht glühte regelrecht und er kniff sich immer wieder in seine rechte Hand. Das hatte er schon früher gemacht, wenn er nervös war, aber jetzt bekam ich das erste mal mit, dass diese alte Angewohnheit nicht ganz verschwunden war.
Kaum dass wir alleine waren blieb ich stehen und schaute Dan fordernd an:,, Hey, was ist los?"
Dan zwickte sich immer öfters ganz kurz in sein Handgelenk und ich konnte nicht umhin, um an Jesper zu denken, der wahrscheinlich schon auf mich wartete. Was war ich nur eine furchtbare Schwester! Ich ließ meine Gedanken von einem Freund ablenken, wobei mein Bruder doch offentsichtlich irgendwas auf dem Herzen hatte.
Gequält schaute Dan mich an:,, Sag mal, hattest du schon mal das Gefühl, so richtig verliebt zu sein?"
Und zack, da war schon wieder das ungewollte Bild in meinem Kopf.
Jesper und ich. Mitten in der Nacht,bei ihnen auf dem Sofa. Wie wir uns näher kamen..
Rasch schüttelte ich meinen Kopf. Schon kurz vor den Sommerferien und damit vor unserer Reise war ich einfach nur ein bisschen aufgeregt und verwirrt.
,,Nein, wieso? Du etwa?"
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Ich war nicht doof. Natürlich hatte ich mitbekommen,wie Dan immer wieder Rachels Nähe suchte, wie er beim Lachen zu ihr schaute, in der Hoffnung, dass sie irgendwann bemerkte, dass er besonders gut zu ihr passte.
Aber ich wusste wirklich nicht, wie ich ihm die Sache mit Rachel erklären sollte. War es für sie in Ordnung, wenn ich ihm sagte, dass sie lebisch war? Oder sollte ich Dan sagen, er soll zu Rachel gehen? Das hätte ich sie vielleicht vorher mal fragen sollen? Schließlich vermutete ich schon was seit ein paar Wochen...
Doch Dan nahm mir meine Zeit zum überlegen, in dem sofort alles aus ihm raus sprudelte, wie ein Damm, der brach:,, Ich weiß, dass du mitbekommen hast, dass ich Rachel ein bisschen mehr mag als normal. Aber du hast nie versucht, uns beide zu verbonden. Habt ihr über mich gesprochen? Mag Rachel mich nicht?"
Dan war ernsthaft besorgt. Es tat mir so leid für ihn. Was sollte ich denn jetzt sagen?
Etwa genauso verlegen wie er vorhin mied ich jetzt seinen Blick.
,,Es ist etwas schwierig. Ich glaube du solltest das mit Rachel selber erklären. Ich ewill dir aber keine falsche Hoffnung mschen, auch wenn es sicher nicht an dir liegt..", ruderte ich etwas hilflos umher.
Dan schaute mich entmutigt an:,, Woran soll es sonst liegen, wenn ich nicht das Problem ist?"
Seuftzend schüttelte ich meinen Kopf. Ich hatte nicht zu entscheiden, wer davon erfuhr, dass Rachel lesbisch war. Wenn sie es nicht öffentlich machen wollte, dann war es ihre Sache.
Deshalb konnte ich jetzt auch für meinen Bruder keine Ausnahme machen.
,,Ich kann es dir nicht erklären. Aber wenn du Rachel fragsts, dann sagt sie es dir sicherlich"
Unzufrieden verzog Dan seine Stirn und wechselte dann so abrupt das Thema, dass es tatsächlich ein paar Momente dauerte,bis ich noch röter anlief.
,,Läuft da was zwischen Jes und dir?"
Sprachlos starrte ich ihn an. Bildete ich mir die Funken welche zwischen uns flogen doch nicht ein? Ahnungslos schütttelte ich meinen Kopf:,, Wie kommst du darauf? Natürlich nicht" Es gab eindeutig genug Gründe, mich von Jesper fern zu halten.
Außerdem hasste ich ihn doch seit unserer ersten Begenung.
Jetzt nicht mehr wirklich, aber es gab trotzdem keinen Grund, für dieses Kribbeln in mir, jedes mal wenn ich an ihn dachte.
Dan schaute mich skeptisch an:,, Das ist egal, aber ich will dir nur sagen, dass es nicht klug wäre, etwas mit Jesper an zu fangen. Natürlich ist er unser bester Freund, aber er hat schon so einige Beziehungen in den Sand gesetzt.."
Augenblicklich schossen mir Bilder von ihm und Laurana durch den Kopf. Sie hatte schon so einige Bemerkunen fallen lassen, die auf eine Beziehung hindeuteten, allerdings hatte ich dem nie ganz  geglaubt.
Jetzt, wo ich ganz offiziell zu meinen Brüdern gehörte, auch wenn keiner über unsere familiäre Beziehung Bescheid wusste, hielten sie Abstand. Es war eindeutig eher ein missmutiger Abstand,aber anscheinend hatten sie mir eine Galgenfrist bis nach den Sommerferien gegeben.
Ungewollt versuchte ich Argumente gegen den Vorschlag meines Bruders, der fast an einem Befehl schrammte, zu sammeln. Mir war doch selber klar, dass ich nicht gut für Jesper war, aber wo er es so formulierte hörte sich das schon irgendwie komisch an.
,,Was willst du damit sagen, dass er schon einige Beziehungen hatte?"
Etwas hilflos fuhr Dan sich durch die Haare. Er schien jetzt schon zu bereuen, diese Unterhaltung gestartet zu haben. Aber jetzt wollte ich doch mehr wissen.
Mit Rachel wollte ich darüber nicht reden, sie sollte nicht denken, ich würde mich für Jesper interesieren. Was ich ja auch nicht tat. Ich war einfach nur ein bisschen neugierig, was er früher so getrieben hatte.

Alone in the UndergroundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt