Kapitel 126

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Mir war gar nicht bewusst, wie viele Schnittwunden ich tatsächlich hatte.
Aber es waren viele.
Die Doktorin sagte nichts dazu, doch ich wusste genau, dass sie sich ihren Teil dachte.
Die meisten größeren Schnitte hatte ich im Rücken, doch die größte befand sich in meinem Bein. Die Ärztin meinte, sie habe sogar noch eine große Glasscherbe daraus ziehen müssen.
Im Nachhinein war ich foch froh, dass ich zu dem Zeitpunkt ohnmächtig oder in was für einem bewusstlosen Zustsnd auch immer war.
Die Untersuchung dauerte relativ lange und ich bekam dir Anweisung, für die nächsten fünf Tage das Bett zu hüten, damit ich danach vielleicht aus dem Krankenhaus raus kam.
Was die gute Frau Doktor an Ende zu mir sagte gab mir aber am meisten zu denken.
Ihre Erziehungsberechtigten müssen dann noch ein paar Dokumente unterschreiben, die Überweisung muss innerhalb des nächsten Monats erfolgen.
Wo zum Teufel sollte ich jetzt so schnell irgendjemanden her holen, der sich als mein Erziehungsberechtigter ausgab?
Ella war leider einige Stunden entfernt und jemals wieder mit meiner tollen Tante den Kontakt auf zu nehmen.
Wer wusste, wo sie gerade so rum tourte, mit ihrem tollen Freund.
Außerdem könnte ich sie ehe nicht erreichen.
Vielleicht reichte es ja, wenn einfach Alex alles unterschrieben und ich dann die Rechnung beglich.
Davor graute es mir jetzt schon. Die Reise hier hin hatte einen ordentlichen Haufen an Geld gekostet, das ich mir alles durch Kämpfe erarbeitet hatte.
Das bedeutete dann wohl, dass ich aus den ganzen Gangs wieder nicht raus kommen würde.
Nachdem der Coach mich als offizielles Mitglied der Blood Gang anerkannt hatte , waren die Kämpfe zwar etwas besser bezahlt und ich hatte manchmal in einer weiteren Lagerhalle, tief im Wald verborgen, wo es sogar Umkleiden und einen kleinen Aufwärmraum gab, gekämpft, doch das es brutal war, da konnte ich nichts gegen machen.
Aber ich brauchte das Geld nun mal.
Nie im Leben würde ich jetzt noch was von meinen Ersparnissen fürs College wegnehmen.
Dann eher kämpfen.
Ich beschloss, mich später vielleicht noch um einen Aushilfejob in einem Café zu bewerben, als meine Freunde, zu denen ja irge die auch meine  rüder zählten, wieder rein kamen.
Wir hatten nur noch eine halbe Stunde, bis die Besuchzeit zu Ende war.
Als sie gehen mussten überfiel mich wieder eine unbekannte Panik.
Die Vorstellung, gleich wieder alleine in diesem schrecklichen Krankenzimmer zu sitzten machte mich ganz krank.
Ich tat mein bestes, um das den anderen nicht zu zeigen, wie sehr mich das aufwühlte, denn keiner von ihnen war besonders angetan von der Vorstellung, mich schon wieder alleine zu lassen.
Jesper gab mir mein Handy zurück und nahm dafür das von meinem Vater mit.
Das war gut.
Dann müsste ich mich wenigstens nicht auf meine telepathischen Fähigkeiten verlassen, sondern konnte ihn einfach anschreiben.
Trotzdem war es so plötzlich leer im Zimmer, dass ich am liebsten geschrien hätte.
Irgendwo im diesem Krankenhaus war Oliver.
Und irgendwo da draußen war mein Vater.
Ein mehrfacher Mörder, der vielleicht gerade wie ein ganz normaler Mitbürger seine Einkäufe erledigte.
Der Gedanke ließ mich erschaffen.
Schon als ich ihn das erste mal gesehen hatte war es mir surreal erschienen, wie normal er aussah.
Aber wir hatten unser bestes getan, um ihm Einhalt zu gebieten.
Jetzt wollte ich andere Probleme lösen.
Ich harre mein Handy gerade in der Hand, als es such schon vibrierte.
Ein neue Nachricht.
Ich grinste wie ein Idiot.
Es war Jesper.
Wir müssen reden.

Na, damit hatte er auch Recht.
Ich tippte dreimal unterschiedliche Textvariationen ein, bis ich schließlich ein Du hast Recht sendete.
Er tippte und bei ihm dauerte es anscheinend keine Ewigkeit, bis er sich dazu entschieden hatte, was er schreiben sollte.
Kann ich gleich nochmal vorbei kommen?
Nervös kaute ich auf meinem Fingernagel.
Natürlich mussten wir sprechen.
Ich wollte ja auch mit ihm darüber reden.
Aber jetzt gleich?
Schlussendlich schickte ich nur ein klar zurück.
Wenn er es schaffte, nochmal zurück zu kommen, ohne, dass die anderen ihn was fragen oder das Krankenhauspersonal einen Aufstand schob, sollte mir das recht sein.
In meinem Kopf begannen sich verschiedene Szenarios, was alles passieren könnte, selbstständig zu machen.
Was wenn Jesper mich nur noch einmal demütigen wollte?
Sollte ich ihm sofort sagen, dass ich mich ganz eventuell in ihn verliebt hatte?
Ich hatte doch keine Ahnung, wie man so was sagte.
Vielleicht sollte ich einfach warten, bis er was sagte.
Aber dann würde schlimmstenfalls erst so eine peinliche Pause entstehen.
Mir war klar, dass Jesper nicht sofort auftauchen konnte, aber ich hasste diese ständige Warterei.
Der Krankenpfleger, der mir auch mein vorheriges Essen gebracht hatte, brachte ebenso wortlos wie zuvor ein Tablett mit Abendessen rein.
Auch wenn ich eigentlich Hunger hatte, stocherte ich in meinem Salat bloß rum, strich etwas Leberwurst auf mein Brot, nur um es dann etwas zu zerrupfen.
Es dauerte viel zu lange, bis es endlich an der Tür klopfte.
Leider war es wieder nur der Mann, der das Essen auch gebracht hatte.
Diesmal war ich wirklich, wirklich froh, dass er nicht so gesprächig war.
Denn ich wusste, dass ich meine Enttäuschung vielleicht an ihm ausgelassen hätte.
Das war schon wieder eine Schwäche von mir: Ich ließ meine Gefühle an anderen, komplett unschuldigen Personen aus, ohne mich selber stoppen zu können.
Normalerweise war ich kein so großer Sturkopf, aber manchmal atete es mit mir einfach aus.
Genauso war das ja auch mit den Tränen. Zumindest vorher, aber jetzt würde ich mich ändern.
Ich würde es versuchen.

Alone in the UndergroundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt