⭐️Kapitel 53💧

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Ein leichtes Frösteln überzog ihren Körper. Ich leckte mir über die Lippen. Solche Reaktionen sah ich gerne. Meinen Drink über ihre Schulter anhebend, streifte ich sie leicht. Yorikos Atem verschnellerte sich.
"Was hast du überhaupt bestellt?", wunderte ich mich.
"Sex on the Beach...", piepste sie und räusperte sich. Dann wiederholte sie ihre Wort in normalem Ton.
"Hättest du den gerne?" Amüsiert nahm ich wahr, wie Yori kurz die Augen schloss und ein paar Mal durchatmete. Dann fingen die dunklen Iriden mich ein. Bei dem Augenaufschlag, den sie mir schenkte, wurde mir ganz heiss. In gewisser Weise verlangend, aber keineswegs fordernd oder gehetzt. Doch der Schein trügte, denn ihre Antwort fiel ganz klar aus.
"Nein... Jetzt gerade möchte ich nur zu meinen Freunden zurück", grinste sie. Dass sie mich mit dieser Antwort nicht zufriedenstellte, war ihr klar. Und sehr wahrscheinlich hatte sie diese extra deswegen gewählt.
"Ihr hattet lange, alles in Ordnung?", fragte Hogai, als wir bei den anderen ankamen.
"Ja alles klar", lächelte Yoriko. Doch der vielsagende Blick, den sie ihm zuwarf, entging mir nicht. Vor Juzo stellte sie den Gin Tonic ab.
"Für dich du alter Säufer."
"Heeee-...", jammerte der Blauhaarige, der nicht einmal mehr gerade sitzen konnte.
"Etwas dagegen auszusetzen?", wollte die Hübsche wissen.
"Ich-ich bin ni-nicht aaalt", nuschelte Juzo.
"Wir hätten dir besser Wasser mitgebracht", seufzte Yoriko. In der Zwischenzeit waren die Zwillinge ebenfalls angekommen, wodurch sie keinen Platz mehr hatte, sich irgendwo hinzusetzen.
"Du kannst dich auf meinen Schoss setzen", scherzte Hogai, woraufhin sie nur die Augen verdrehte.
"Vielleicht gehe ich auch zurück an die Bar und laber mir einen Fremden an!", grinste die Hübsche. Juzo begann laut zu lachen und unterbrach dadurch alle Zwischengespräche.
"Du? Das kann ich nicht glauben." Er schwankte kurz und schaffte es beim zweiten Versuch, sein Glas anzuheben. In aller Ruhe trank der Blauhaarige von seinem Gin Tonic. Als er das Glas abstellte, sprach er weiter.
"Du würdest doch nie jemanden ansprechen... Ich meine, da hat jeder von uns noch mehr Erfahrung als du!" Lachend schluckte erneut von der bitteren Flüssigkeit.
"Ach ja!?" Äusserlich wirkte sie ruhig, doch ihre Stimme klang angespannt.
"Ja... Immerhin hatten wir alle schon unseren ersten Kuss", brabbelte der Betrunkene.

Das Lächeln in Yorikos Gesicht gefror, während sofort alle Augen auf ihr lagen. Aber sie betrachtete nur den Blauhaarigen. An ihrem Ausdruck erkannte ich den soeben begangenen Verrat. Ihr Glas kollidierte scheppernd mit dem Tisch. Kein Geräusch kam von ihren Lippen. Wortlos drehte sie sich um und lehnte sich zwischen Hogai und Hitoshi.
"Was tust du?", fragte Suki verwirrt.
"Ich gehe", meinte sie und fischte nach ihrer Jacke.
"Yori nimm das nicht so ernst... Er ist betrunken!", versuchte Ryutaro sie zu beruhigen.
"Genau... und ich bin es auch. Wir wollen ja nicht, dass ein Unglück geschieht!" Er wollte nochmals etwas sagen, verstummte aber, als er Yorikos verletzten Gesichtsausdruck sah. Keiner sagte mehr ein Wort, als die Hübsche ihren Weg zum Ausgang bahnte. Der Weisshaarige gab Juzo einen leichten Schlag auf den Hinterkopf.
"Du solltest dich schämen, einfach die Geheimnisse unserer Freundin auszuplaudern!"
"Was für ein Geheimnis!? Wir wissen es doch sowieso schon alle"
"Natürlich", mischte sich Hogai ein.
"Aber das ist kein Grund, es in der Welt herumzuposaunen!" Sein tadelnder Ton machte Juzo nachdenklich.
"Ja okee, ich werde mich morgen bei ihr entschuldigen...", nuschelte er. Ich hörte dem hin und her noch ein wenig zu, bevor ich beschloss, mich ebenfalls hinzulegen. Ein wenig Schlaf würde mir gut tun. Vor allem nach einer so schlechten vergangenen Nacht.

Auf dem Weg zu den Aufzügen erhaschte ich einen kurzen Blick nach draussen. Dort bemerkte ich eine Gestalt, die mir bekannt vorkam. Mit verschränkten Armen stand Yoriko auf dem Balkon. Den Kopf in den Nacken gelegt, genoss sie den feinen Nieselregen auf ihrer nackten Haut. Ihre Jacke lag dabei über dem Geländer. Lautlos trat ich neben sie.
"Schade, dass man den Mond nicht sehen kann...", hauchte Yoriko. Ich schwieg. Ihre Wut hatte sich gelegt und machte dem einsamen Bedürfnis Platz, den Himmelskörper sehen zu können.
"Mit einem Mond kann ich leider nicht dienen. Aber ich hätte eine Sonne im Angebot..." Argwöhnisch schielte sie in meine Richtung. Ich fasste an meinen Hals und holte die Kette unter meinem Shirt hervor. Interessiert drehte sich Yoriko zu mir.
"Darf ich...?" In meinen Augen fand sie die Bestätigung, die sie suchte. Ganz vorsichtig strich sie mit dem Daumen über den Kern der Sonne. Dennoch reichte der Druck aus, um den geheimen Mechanismus zu betätigen. Fasziniert schob sie einen Fingernagel darunter, hielt aber Inne.
"Du kannst es ruhig öffnen", brummte ich. Das liess sie sich nicht zweimal sagen. Yoriko biss sich auf die Lippen und schaute sich den Inhalt an. Ihre Augen wanderten zu meinen.
"Du magst Karten wie ich sehe..." Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen.
"Ja sehr." Mit der linken Hand zauberte ich einen Stapel hervor und ihr somit ein Lächeln ins Gesicht. Neugierig betrachtete sie die Symbole im Inneren der Kette.
"Warum Joker und Kreuzbube?"
"Ich hatte sie ursprünglich einer Freundin geschenkt. Der Joker sollte an mich erinnern und der Junge an ihren Sohn", erklärte ich die Idee hinter dem Geschenk.
"Aber?"
"Was aber?"
"Naja, du hast die Kette ja wieder." Meine Gedanken schweiften ungezügelt an den Abschiedsbrief zurück. Ich vermisste Akane. Jeden einzelnen Tag. Aber jetzt war es zu spät, in Selbstmitleid zu verfallen. Das hätte auch die Schönheit nicht gewollt.
"Sie wollte, dass ich sie im Falle ihres Todes zurücknehme."
"Das tut mir leid..."
"Schon in Ordnung." Ich erwartete, dass sie nachhakte, wie es die meisten tun würden. Aber Yori blieb still. Offenbar hatte sie bemerkt, dass ich ungern darüber sprach. Behutsam schloss sie die beiden Teile zusammen in ihre Ursprungsform.
"Es ist trotzdem eine schöne Kette", lächelte sie. Feinste Wassertröpfchen setzten sich auf ihre Haut und glitzerten von ihren Wimpern. Frierend schlang sie ihre Arme um den Körper.
"Ich muss jetzt aber unbedingt ins Bett", gähnte die hübsche Frau urplötzlich.
"Darf ich dich noch hochbegleiten?" Yoriko sah mich kurz mit einem undefinierbaren Blick an, nickte aber trotzdem. Gemeinsam machten wir vor dem Aufzug halt und warteten auf eine freie Fahrt. Während wir langsam zu unseren Zimmern zurückfanden, herrschte Stille zwischen uns. Erst als sie die Türe zu ihrem Zimmer öffnete, ergriff die Hübsche das Wort.
"Tut mir leid wegen dem Drink"
"Schon in Ordnung. Aber hat er Recht? Du hast noch nie jemanden geküsst?"
"Ja... Etwas dagegen!?" Vielleicht könnte ich den ihr irgendwann stibitzen. Das kampflustige Funkeln in ihren Augen regte schlagartig meine Mordlust an. Doch ich hielt mich zurück.
"Nein, nein", säuselte ich und lehnte mich lässig an den Türrahmen.
"Sag das doch nicht in diesem Ton. Wer soll dir das glauben...", murmelte Yori. Die dunklen Iriden bohrten sich unschlüssig in meine.
"Ich hatte einfach nie den richtigen dafür", verteidigte sie sich, als ich sie weiterhin mit einem lasziven Grinsen beobachtete.
"Und wenn er gerade vor dir steht?", schnurrte ich verführerisch. Yoriko hob skeptisch die Augenbrauen. Beide Hände in den Hosentaschen vergraben lehnte ich mich vor bis sich unsere Nasenspitzen beinahe berührten. Unter Beobachtung leckte ich mir über die Lippen. Sie schluckte und ihr Atem ging zittrig. Vorsichtig, damit sie nicht erschrack, legte ich meine Hand an ihre Wange. Drucklos fuhr mein Daumen über ihre Unterlippe. Meinen Blick auf die fast schwarzen Iriden gerichtet, bemerkte ich das versteckte Feuer in ihnen. Kann ich ihr das weiter entlocken? Es in ihr auflodern lassen, bis sie mir nicht mehr widerstehen kann?

Als ob sie so wieder zu ihren Sinnen fand, blinzelte die Hübsche schnell. Der Ausdruck in ihren Augen veränderte sich und wurde unnahbar. Das Verlangen verschwand und eiserner Widerstand übernahm seinen Platz.
"Wenn du jetzt vor hast, mich zu küssen... lass es lieber. Falls du es doch versuchst, werde ich dich töten!"
"Das Risiko gehe ich gerne ein...", schnurrte ich und versuchte die Lücke zwischen uns zu schliessen. Doch ich hatte meine Rechnung ohne eine Reaktion gemacht. Blitzschnell legte sie eine Hand auf meinen Mund, sodass ich meine Lippen nur gegen ihre Fläche drücken konnte. Gleichzeitig schob sie ihre anderen Finger auf meine Brust und schubste mich mit einer Druckwelle Nen weg. Um sich aufzufangen, stolperte sie einige Schritte zurück in ihre vier Wände. Das Gleichgewicht zurückerlangt, folgte ich ihr ohne zu zögern. Sie behielt den Abstand bei und nahm Kampfstellung ein. Dabei musste man ihrem Sensei alle Ehre lassen, denn wie sie sich bewegte, ihre Haltung, sowie die Attacke waren zweifelsfrei die präzisesten, die ich je erlebt hatte. Mit genug Kraft, dass es das bewirkte, was sie wollte und zu wenig, als dass sie ernsthaften Schaden angerichtet hätte. Aufgeweckte Augen analysierten meine Bewegungen. Gekonnt blieb sie auf Distanz. Dennoch ging ich nicht in einen Angriff über. So wie sie gerade kämpfte, würde sie nie all ihre Kraft dafür aufwenden, sondern mich nur auf Abstand halten. Ich hob die Hände in einer aufgeberischen Geste.
"Ich will nicht hier gegen dich kämpfen. Lass uns in der Arena gegeneinander antreten." Yoriko verblieb noch einen Moment in Deckung, lockerte dann aber ihre Position.
"Mein Sensei entscheidet, wann und gegen wen ich kämpfe!" Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. Als jemand, der sich ganz nach seinen Instinkten richtet, erschien mir das stumpfsinnig.
"Also hat er ganz schön viel Macht über dein Leben..."
"Er lehrt mich aber auch einiges. Da finde ich es fair, wenn er die Bedingungen stellt."
"Und... Wo ist dein Sensei?" Yoriko massierte sich mit der linken Hand die gegenüberliegende Schulter. Ihr Blick schweifte kurz durch den Raum.
"Nicht hier", meinte sie, kam auf mich zu.
"Das sehe ich", stellte ich das Offensichtliche fest.
"Ich denke, er kommt morgen zurück-" Yoriko redete langsam, nachdenklich.
"Dann frage ich ihn halt morgen."
"Tu was du nicht lassen kannst. Aber ich bitte dich, jetzt zu gehen. Ich möchte schlafen." Mein Mund verzog sich zu meinem übliche Grinsen.
"Kriege ich einen Gute-Nacht-Kuss?" Mit gespitzten Lippen machte ich leise Kussgeräusche. Die Hübsche lächelte müde und kniff leicht die Augen zusammen.
"Vielleicht wenn wir uns besser kennen." Zufrieden mit dieser Antwort, hoben sich meine Mundwinkel an. Theatralisch verbeugte ich mich. Wie im Zirkus, wenn die Performance zu Ende war, das Publikum begeistert Beifall klatschte. Eine Hand an meinem Bauch, die andere weit von mir gestreckt, verharrte ich einen kurzen Moment.
"Dann freue ich mich darauf, dich besser kennenzulernen."

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt