Kapitel 12

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Kaum hatte ich Hisoka an der Stimme erkannt, drehte ich mich auf dem Absatz um und stiefelte zurück. Auf ihn hatte ich jetzt absolut keine Lust. Den Schritten nach zu urteilen, kam er mir nach. Das leise Knirschen des Kiesplatzes verriet den Magier.
"Akane warte..." Ihn ignorierend stampfte ich auf den Vorplatz zu. Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Wenn ich auch nur einen Moment daran gedacht hätte, Gyō einzusetzen, dann würde ich jetzt nicht in diesem Schlamassel stecken. Eine Hand streckte sich nach meiner. Aus der Aura gelesen, zog ich sie davor weg. Von seinem Griff konnte ich mich ja entziehen, jedoch kam das Bungee Gum viel zu schnell, als dass ich hätte reagieren können. Damit hielt er mich an Ort und Stelle. Der Zauberer trat vor mich. Missmutig betrachtete ich sein Kostüm, das sich von seiner sonstigen Mode nicht wirklich unterschied. Nur sein Make-up war anders und ähnelte nun noch stärker einem Killerclown. Jetzt, da er vor mir stand, wusste er wohl doch nicht recht, was er sagen wollte. Seine Zunge fuhr aufgeregt über die Lippen, nach welchen ich mich so sehr sehnte. Ich senkte meinen Blick. Ich wollte ihm nicht in die Augen schauen, denn ich wusste ganz genau, dass er dann wieder ein leichtes Spiel mit mir hatte. Keiner von uns sagte ein Wort. Unruhig biss ich mir auf der Unterlippe herum. Seine Fähigkeit machte mich noch immer bewegungsunfähig. Sobald er sie auflöste, würde ich gehen! Das schwor ich mir.

Zwei starke Hände packten mein Gesicht. Bevor ich wusste wie mir geschah, presste Hisoka seine Lippen auf meine. Ich schob meine Hände zwischen uns, versuchte mich von ihm wegzudrücken. Aber er war einfach zu stark. Mit aller Willenskraft versuchte ich, gegen ihn anzukommen. Doch mit jeder Sekunde, die verstrich, war es schwieriger dem Magier zu widerstehen. Die weichen Lippen fest gegen meine gedrückt, zog mich der schöne Mann enger an sich. Ich will nicht! Ich darf nicht!, wiederholte ich ständig in meinen Gedanken, während mir Hioskas Geruch in die Nase stieg. Mein Herz erinnerte sich, aber mein Kopf sträubte sich dagegen. Und das zurecht! Einen kurzen Moment löste er sich von mir. Ich öffnete die Augen und beging den grössten Fehler meines Lebens, als ich in seine blickte. Das goldene Meer funkelte mir sehnsüchtig entgegen. Es war genug, um mir den Verstand zu rauben. Erneut platzierte Hisoka seine Lippen auf meinen. Meine Lider schlossen sich automatisch. Langsam und vorsichtig bewegte ich meinen Mund gegen seinen. Er spürte das sofort. Seine Arme schlangen sich um meinen Körper und hielten ihn so fest, dass ich auch nicht mehr hätte gewaltsam flüchten können, wenn ich gewollt hätte. Immer fordernder presste er sich gegen mich, seine warme Zunge strich über meine Lippen und verlangte Einlass. Noch einen Moment verweigerte ich ihm den Zugang. Wieder trennte er sich von mir. Das flüssige Gold verschlang mich sogleich. Meine Hände schossen an seine Wangen. Diesmal startete ich den Kuss. Leidenschaftlich schob er mir seine Zunge in den Mund und umspielte meine. Immer heftiger krallte ich mich an ihn, in der Angst, der Moment könnte gleich vorbei sein. Als sich unsere Lippen schliesslich trennten versuchte ich hektisch wieder zu Atem zu kommen. Scheisse, ich tue es schon wieder!? Hisoka liess mir keine Zeit nachzudenken. Sobald unsere Münder wieder aufeinander lagen, war mein Kopf wie leergefegt. Der Widerstand löste sich in Luft auf. Rauschhaft genoss ich jede noch so kleine Berührung, presste mich so nah an ihn, dass kein Blatt Papier mehr zwischen uns gepasst hätte. Die linke Hand fuhr seinen Hals entlang in den Nacken, wo ich mit seinen Haaren spielte.

Der Druck wich von meinen Lippen. Sofort riss ich meine Augen auf. Doch der Anblick, der sich ihnen bot, raubte mir den Atem. Hisokas Mund war leicht gerötet von der heftigen Knutscherei und die wunderschönen Iriden strahlten mit den farbigen Lichtern um die Wette.
"Wie sehr ich dich vermisst habe...", murmelte der schöne Mann. Wieder fanden seine Lippen ihren Weg auf meine. Diesmal ganz unschuldig und sanft.
"Ich muss unbedingt mit dir reden!" Der Rothaarige sah mich ernst an. Dennoch zierte ein leichtes Lächeln sein Gesicht.
"Das ist gerade sehr ungünstig-", setzte ich an, wurde aber von einer anderen Stimme unterbrochen.

"Misaki!?" Sofort schubste ich Hisoka von mir weg und wirbelte herum. Fuyume stand zwei Schritte von uns, die Augenbrauen ungläubig angehoben.
"Fuyume, ich wollte gerade..."
"Spar dir das! Ich wollte nach dir sehen, weil du so lange gebraucht hast und es Kichiro nicht gut geht! Aber das hätte ich nie von dir erwartet!?" Wut und Enttäuschung standen ihr ins Gesicht geschrieben. Ich schluckte hart. Das war wirklich der ungünstige Zeitpunkt überhaupt.
"Nein-nein du verstehst das falsch-", setzte ich erneut an, doch die Barista liess mich nicht ausreden. Ihr Blick wurde so abschätzig, dass mir schlecht wurde.
"Ich glaube ich verstehe gerade richtig. Solange Ian nicht da ist, vergnügst du dich mit einem anderen. Mich geht das ja nichts an! Du weisst, dass ich dich immer unterstützt habe. Aber auch ich habe meine Prinzipien. Ich kündige dir, fristlos! Wenn du noch Sachen im Café hast, schicke ich sie dir zu. Du hast Hausverbot! Lass dich niemals wieder bei mir blicken!" Damit drehte sich die Dunkelhaarige um.
"Fuyume!", rief ich ihr nach.
"Sprich mich nicht mehr an, schreib mir nicht mehr! Ich bin fertig mit dir!" Ohne ein weiteres Wort stampfte meine, nun Ex-, Chefin davon. Fassungslos starrte ich ihr nach. Hisoka räusperte sich.
"Was willst du eigentlich?", knurrte ich wütend und drehte mich zu dem unerwarteten Besucher um.
"Ich wollte dich treffen..."
"Ich dich aber nicht!"
"Akane lass uns red-"
"Nein! Verschwinde Hisoka", zischte ich zornig.
"Falls du es nicht mitbekommen hast: Ich habe gerade deinetwegen meinen Job verloren. Und sie hat Kichiro alleine gelassen!" So kehrte ich auf dem Absatz um. In schnellen Schritten ging ich auf das Zelt zu.
"Akane", rief der Rothaarige und versuchte so, meine Aufmerksamkeit wieder zu gewinnen. Ich stoppte ruckartig. Mein Kopf fuhr herum.
"Was an: Ich will dich nicht mehr sehen, verstehst du eigentlich nicht?", fauchte ich geladen.
"Seit Jahren geht das so! Lass mich doch endlich in Ruhe!" Ich wusste zwar, dass er nicht wirklich etwas dafür konnte, schliesslich hatte ich mich auf ihn eingelassen. Dennoch brauchte ich gerade ein Ventil für meine Wut.

Am Eingang zur Manege stand Jins transparente Form. Mit jedem Schritt, den ich näher kam, konnte er näher an seinen Körper gelangen. Doch als ich in den Zirkusbereich eintrat, erschien der Junge vor mir.
"Er ist weg!" Seine Stimme zitterte. Sofort suchte ich nach dem kleinen Körper, der Jin innewohnen sollte. Aber die Plätze, die wir vorhin zu dritt belegt hatten, waren allesamt leer. Auch unsere Verfolger waren weg.
"Siehst du ihn wirklich nicht?", fragte ich leise genug, um das Publikum im Showwechsel nicht zu stören. Die Elefanten wurden gerade von einer Artistin auf dem Drahtseil abgelöst.
"Nein..." Während die junge Frau ihre Kunststücke vorführte, sprintete ich aus dem Zelt. Auf dem Vorplatz befand sich niemand mehr. Panik stieg in mir auf. Mein Herz raste und der Atem ging abgehackt. Ohne lange nachzudenken rannte ich in eine Richtung los. Wir mussten seinen Körper finden.

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt