🧑🏻‍🦳Kapitel 5💍

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Ich folgte den Polizisten in das Hauptquartier, Ian dicht an meiner Seite. Da ich Akane überhaupt nicht spürte war ich froh, dass er dabei war. Immerhin kannte ich so wenigstens jemanden. Als sie uns trennen wollten, machte ich eine Szene wie ein stures kleines Kind. Aber ich hatte tatsächlich ein wenig Angst alleine zu sein. Denn falls sie mich angreifen würden, oder mir jemand den Ring wegnehmen wollte, dann könnte ich nichts dagegen tun. Also erlaubten sie, uns gemeinsam zu befragen. Der ältere Detektiv mit dem braunen Mantel führte uns in den dritten Stock. Dort betraten wir ein hübsch eingerichtetes kleines Zimmer mit einem grossen Spiegel. Jeder der schon einmal einen Krimi gesehen hatte wusste, dass er einfach verglast war, sprich, dass man von der anderen Seite hereinsehen konnte.

"Bitte setzten Sie sich doch. Nun wird es auch Zeit, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Nakajima Ippei, aber bitte nennen Sie mich Ippei." Er reichte uns freundlich die Hand. Sein junger Kollege daneben verbeugte sich höflich.
"Und ich heisse Umon Tetsuhiko." Ian stellte sich ebenfalls vor. Ich murmelte nur ein leises 'Kichiro' und blickte die Beamten unsicher an.
"Sie sind wahrschienlich überrascht, dass wir Sie mit aufs Revier genommen haben. Es geht wie gesagt um den Mordfall Kasai Hideo. Sagt Ihnen das etwas?"
"Der Name kommt mir bekannt vor..." Ian legte den Kopf schief und versuchte sich zu erinnern. Ich schüttelte lediglich den Kopf.
"Er war ein sehr reicher und berühmter Mann, wohnhaft in York New City." Umon legte eine Zeitung auf den Tisch, auf der Kasai Hideo stolz vor seiner Villa stand.
"Er war mitsamt seinem Personal und Gästen verschwunden. Einzig und allein eine Frau fanden wir im gesamten Anwesen. Nun liegt die Annahme nahe, dass ihre Freundin Chiura Natsumi etwas damit zu tun hatte."
"Misaki...", hauchte Ian und räusperte sich.
"Meine Freundin heisst Misaki", lachte er verlegen. Seine Erleichterung rührte wohl daher, dass er dachte, sie hätten sie verwechselt. Ippei blätterte in Notizen herum, die säuberlich verfasst waren.
"Stimmt, Sie kennen sie ja unter diesem Namen." Verwirrt blickte Ian ihn an.
"Wie meinen Sie das?"
"Dazu kommen wir noch später, in Ordnung? Wir haben noch etwas wichtiges zu klären zuvor." Seine grauen Augen fokussierten mich an.

"Wie ist dein Name nochmals Kleiner?" Mit dem Wort, das ich so hasste, erweckte er in mir einen Widerstand, den ich ihn sofort spüren liess.
"Nennen Sie mich nicht Kleiner!", forderte ich aufgebracht.
"Darum würde ich gerne nochmals deinen Namen erfahren, damit ich dich richtig ansprechen kann."
"Kichiro" Trotzig lehnte ich mich zurück.
"Kichiro, kannst du uns verraten, wer deine Eltern sind?"
"Du musst das nicht beantworten", unterbrach Ian mich.
"Wir warten mit einer Aussage, bis mein Anwalt eintrifft!"
"Den brauchen Sie nicht. Das ist eine Befragung, kein Verhör!", meldete sich der jüngere Polizist zu Wort.
"Wir wären Ihnen trotzdem sehr verbunden, wenn Sie unsere Fragen wahrheitsgemäss beantworten."
"Also Kle-... Kichiro, wer sind deine Eltern?"
"Misaki"
"Weisst du, dass das nicht stimmt? Sie ist weder deine leibliche, noch deine Adoptivmutter. Denn beim Staat liegen keine Papiere über dich vor. Deshalb müssen wir annehmen, dass Misaki dich von deiner Familie entführt hat, um sich den Traum eines eigenen Kindes zu verwirklichen." Ian runzelte ungläubig die Stirn. Für ihn waren das alles neue Erkenntnisse. Mir war jedoch klar, dass ich in keinem Verzeichnis aufgeführt wurde.
"Ich frage dich nun nochmals. Wer sind deine leiblichen Eltern?"
"Spielt ja keine Rolle, sie sind beide tot!", murrte ich. Meine abweisende Haltung sollte die Aussage noch mehr unterstreichen.
"Wie waren ihre Namen? Wir werden das überprüfen."
"Ich kenne ihre Namen nicht." Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Die Antworten, die ich dem Polizisten  gab, passten überhaupt nicht auf die Version, die wir Ian erzählt hatten. Aber glücklicherweise blieb er still.
"Wie lange sind du und Misaki denn schon zusammen?"
"Etwa zwei Jahre...", murmelte ich. Je mehr sie mich fragten, umso ungenauer wurden meine Angaben. Denn alles was ich sagte, gab ich auch Ian an neuen Informationen über unsere Vergangenheit preis.

Irgendwann nach unendlich vielen Fragen, mischte sich dieser auch wieder ein.
"Worum geht es hier? Was wird Misaki zur Last gelegt!?" Der Detektiv übergab seinem Kollegen das Wort, der einige Blätter hervorholte und sich räusperte.
"Chiura Natsumi wird vorgeworfen, einen bisher unbestimmte Rolle in der Entführung und Ermordung von Herr Kasai Hideo eingenommen zu haben. Dasselbe gilt ebenfalls für das Personal und die Gäste. Zudem liegt der Verdacht der Kindesentführung und Kontakt zu einer illegalen Untergrundorganisation vor."
"Was meinen Sie mit illegalen Machthabern?"
"Im spezifischen meinen wir Kontakt zur Phantom Troupe" Nun stand Ian wortwörtlich der Mund offen. Doch die Absurdität dieser Aussage verfestigte sich in einem lauten Lachen.
"Misaki? Soll sich mit der Phantom Troupe verbündet haben, um einen reichen Mann umzubringen?", lachte er lauthals. Der Polizist sah ihn unverständlich an und wollte ihn schon zurechtweisen, aber der Detektiv winkte ab.

"Das ist unmöglich. Misaki war das erste Mal vor knapp dreiviertel Jahren in York New. Wir waren damals wegen meines neuen Jobs da hin gegangen." Ian lächelte zufrieden, als ob er gerade die ganze Beweislast vernichtet hatte.
"Das entspricht nicht ganz der Wahrheit.", meldete sich der Polizist zu Wort. Zwei Zeitungsblätter wurden auf dem Tisch abgelegt. Darauf war eindeutig Akane zu erkennen, einmal auf dem Weg zu einer Gala, das andere an der Southernpiece Auktion. Diesmal sagte Ian nichts dazu. Sein Blick lag starr auf den beiden Papieren, die bewiesen, dass Akane sich zu dieser Zeit in York New aufgehalten hatte. Ian blinzelte. In seinem Gesicht konnte man ablesen, dass er davon nichts gewusst hatte.
"Hat sie ein Doppelleben geführt?", fragte er nun. Seine Stimme spiegelte die Blässe in seinem Gesicht wider.
"Nein, das war ihr Leben. Sie nannte sich damals aber anders." Die beiden Beamten gaben uns kurz Bedenkzeit. Dann übernahm Umon das Wort.
"Er weiss nichts davon. Der Junge aber wie es scheint." Sofort hob ich den Kopf.
"Weisst du etwas darüber?", wandte sich der Ältere an mich. Ich schüttelte bloss den Kopf.
"Damals hat sie unter dem Namen Akane agiert."
"Akane?" Ian blickte noch immer angestrengt auf die beiden Zeitungsausschnitte.
"Etwa vor einem Monat hat jemand bei ihr angerufen, und eine Akane verlangt. Misaki hat gesagt, er habe sich verwählt..." Gegen Ende wurde er immer langsamer und leiser.
"Danach sind sie und Kichiro für eine Woche verschwunden." Ich kniff die Augen zusammen. Verräter!
"Und wo sind sie hin?", fragte der Polizist, in der linken Hand einen Stift um die neuesten Erkenntnisse aufzuschreiben.
"Weiss ich nicht"
"Kichiro?"
"Das werde ich euch garantiert nicht verraten!", fauchte ich ihn an. Was fällt ihnen ein, in Akanes Vergangenheit herumzustöbern. Sie löcherten uns weiter mit Fragen, über die Ian keine Ahnung hatte und ich blieb stur, ihnen nichts zu verraten. Je länger das ganze dauerte, desto mehr bereute ich, dass ich unbedingt bei Ian bleiben wollte. Andererseits wusste ich so auch ganz genau, was er jetzt alles an Neuigkeiten belehrt wurde.

Die Befragung dauerte über vier Stunden. Ian sah fix und fertig aus. Da sie unsere Wohnung auf weitere Spuren untersuchen wollten, durften wir auch nicht dahin zurück. Glücklicherweise hatte Ian noch Freunde hier, bei denen wir untergebracht werden konnten. Als wir uns verabschiedeten informierte uns der Polizist über das weitere Vorgehen.
"Wir wollen keine zu grossen Umstände machen. Aber wenn der Junge noch einige Tage bei Ihnen bleiben könnte, wäre das grossartig. Eine Frau vom Jugendsozialdienst wird sich in den nächsten Tagen bei Ihnen melden."
"In Ordnung", meinte Ian bloss. Er war sichtlich erleichtert, dass das ganze nun ein Ende hatte. Wir trotteten gemeinsam aus dem Polizeigebäude. Während wir durch die Eingangshalle schritten, spürte ich den anderen Ring in der Nähe. Es dauerte keine Sekunde, da hatte ich meine beiden Versionen aktualisiert. Mit einem leichten Lächeln trat ich an die frische Luft.

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt