Kapitel 38

211 19 6
                                    

Ippeis Wohnung war klein und karg eingerichtet. Trotzdem verströmte sie einen familiären häuslichen Eindruck. Der Ältere wollte mir das Bettsofa alleine aufbauen. Doch ich weigerte mich. Wenn ich ihm schon Umstände bereitete, dann musste ich ihm auch helfen. Zu zweit ging es sowieso viel schneller. Wenig überzeugt von meiner Argumentation seufzte der Detektiv.
"Sie können die Decke beziehen, wenn Sie so unbedingt etwas tun wollen." Seine Stimme klang leicht gekränkt. Nur weil ich Helfen wollte!? Auch wenn er sich dagegen sträubte, übernahm ich den Bettbezug.
"Wie geht es Umon?", fragte ich so nebenbei.
"In Ordnung denke ich. Ich habe ihn ein paar Tage nicht mehr gesehen. Die Symptome seiner Frau haben sich verschlimmert, deshalb blieb er Zuhause."
"Multiple Sklerose, nicht wahr?", rief ich mir ins Gedächtnis und der Ältere nickte.
"Es ist eine Schande, dass es eine so junge Frau erwischt hat. Ikeda ist wundervoll, hat Umon immer in allem unterstützt." Während er mit mir sprach, öffnete er seinen Laptop und tippte darauf herum.
"Da bezahlt einer seine Rechnung nicht!", murmelte er abgelenkt. Verwirrt blickte ich ihn an. Hat er mir nicht gesagt, dass er vom Staat bezahlt wird?
"Entschuldigen Sie mich bitte kurz. Ich muss einen Klienten anrufen." Dafür trat er auf den Balkon hinaus.

Jin tauchte neben mir auf. Die Körperteile, die vom Petokei getroffen wurden, schimmerten noch immer in den jeweiligen Farben. Doch sonst sah der Junge aus wie immer.
"Was hat es ausgelöst?", fragte ich neugierieg und deutete auf seine Hände. Der Grauhaarige warf einen kurzen Blick durch das Fenster. Ippei diskutierte angestrengt mit der Person in der Leitung.
"Es hat nicht weh getan, falls ihr das meint. Aber der Petokei ist nicht das, was alle glauben. Es ist keine Waffe, es ist eine Anleitung." Er streckte seine Hände von sich und betrachtete sie.
"Ich brauche bestimmt noch eine Weile, bis ich sie entschlüsselt habe." Ich nickte irritiert. Leider konnte ich ihn nicht weiter ausquetschen. Knarrend schob Ippei die Türe zur Seite und trat wieder ein.
"Diese Leute verstehen einfach nicht, dass ich nicht für gratis arbeite", wetterte er. Fragend blickte ich ihn an. Der Ältere schenkte mir ein Lächeln und seine Laune hob sich augenblicklich.
"Das Problem hatten Sie bestimmt auch, als sie in den Clubs gearbeitet haben." Ich legte den Kopf schief und dachte darüber nach.
"Jetzt wo Sie es sagen. Manchmal ja. Aber bei uns bezahlten die Kunden normalerweise im Voraus." Er grummelte und liess sich in einen Sessel fallen.
"Sollte ich auch einführen..."
"Haben Sie mir nicht erzählt, dass sie ihr Geld vom Staat bekommen?", wollte ich mein Interesse stillen.
"Das war eine Lüge. Umon hat darauf bestanden, für Sie zu bezahlen. Er war jedoch dagegen, dass ich es Ihnen mitteile." Verwundert blinzelte ich ihn an.
"Im Ernst?"
"Ja"
"Braucht er denn das Geld nicht dringender für die Medikamente seiner Frau?" Ippei zuckte mit den Schultern.
"Umon würde sein letztes Hemd für jemanden geben, der es dringender braucht. Und wenn Sie jemanden brauchen, der bei Ihnen Zuhause bleibt, weil ihr Sohn gekidnappt wurde, dann ist das für ihn gar keine Frage. Die Medikamente kauft er natürlich trotzdem. Es gibt dann halt Tage an welchen er nichts isst oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommt, damit er kein Benzin verbraucht."
"Er isst nichts!?", rief ich empört aus. Ippei lachte nur.
"Keine Sorge. Wir auf der Arbeit wissen das und bringen zufälligerweise zu viel Essen mit. Oder wir geben ihm etwas aus." Gähnend blickte der Ältere auf die Uhr.
"Es ist schon spät. Ruhen Sie sich aus. Gute Nacht."
"Gute Nacht", wünschte ich ihm ebenfalls und er verschwand im Schlafzimmer. Ich hätte nie gedacht, dass jemand Geld für mich ausgeben würde, den ich nicht kenne. Jetzt fühlte ich mich schlecht. Immerhin war Jin nie wirklich in Gefahr. Meine Gedanken wurden immer verworrener. Die letzte Zeit war anstrengender, als ich es mir ausgemalt hatte. Ich brauchte unbedingt eine gute Mütze Schlaf und war mir sicher, dass ich sie hier bekommen konnte.

Ein paar Tage verblieb ich bei Ippei, wollte ihm aber nicht noch mehr Schwierigkeiten bereiten. So erklärte ich ihm, dass ich bei einer Freundin weiter übernachten konnte. Es war eine zu offensichtliche Lüge, doch der Detektiv nickte nur.
"Passen Sie auf sich auf", lächelte er. Interessant, wie viele Leute das in den vergangenen zwei Wochen zu mir gesagt hatten.
"Und wenn Sie wieder einmal untertauchen müssen, kommen Sie doch vorbei."
"Gerne, vielen Dank." Es war noch immer kühl draussen, der März vor kurzem angebrochen. Dennoch fror ich nicht. Es hatte sich gelohnt, Geld in eine gute Winterjacke zu investieren. Ich hatte keine Lust, planlos durch die Stadt zu wandern, weswegen ich mich auf eine Parkbank setzte und den frischen Abend genoss. Auf meinem Handy scrollte ich gelangweilt auf Social Media herum, als ein kleiner Balken mit einer Nachricht hereinploppte. Sie stammte von Hisoka. Ich ignorierte sie gekonnt und sah mir ein Katzenvideo an. Als er dann auch noch versuchte, mich anzurufen, öffnete ich seufzend die Mitteilung.

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt