Kapitel 96

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"Danke, dass du gekommen bist", begrüsste ich den Kurzhaarigen und umarmte ihn.
"Ich habe ja darum gebeten", lächelte er. Doch sein Blick verriet mir, dass ihm gerade nicht so zum Lachen zumute war. Aber auch ich verhielt mich zurückhaltender als sonst. Langsam machten wir uns auf den Weg, spazierten durch den Park. Rikus violette Augen musterten mich angespannt. Ich kaute kurz auf meiner Unterlippe herum.
"Ich möchte dir eine Geschichte erzählen-"
"Warum du dich so unterschiedlich verhältst?", unterbrach er mich. Nickend starrte ich eine riesige Ente an, die friedlich im Schatten eines Baumes schlief.
"Nur wenn du bereit dazu bist! Ich werde dich zu nichts zwingen..." In seinem Blick erkannte ich, dass er die Wahrheit sprach. Er war unglaublich neugierig, aber wollte in mir kein unangenehmes Gefühl auslösen. Das tat er auch nicht. Immerhin war er einer meiner besten Freunde. Und ich vertraute ihm. Also erzählte ich. Alles. Von einer Kindheit. Von Kazu. Von dem Job als Stripperin. Von Hisoka. Von den hitzigen Treffen. Von der Bedrohung und der Flucht. Ich redete von der Zeit bei Kasai, natürlich ohne genaue Namen zu nennen. Wie die Phantom Troupe sich um die Person gekümmert hat. Auch hier verwendete ich nicht die echten Namen, sondern sprach sie nur als eine starke Gruppe an, ohne ihre Verbindung zu Verbrechen zu offenbaren. Von Nen-Fähigkeiten, die sich der Heilung und dem Schutze widmeten. Ich sprach von dem hin und her mit Hisoka. Vom letzten Treffen mit Kazu. Von einer legendären Waffe. Von der finalen Flucht und der Vortäuschung eines Selbstmordes. Von der Auslöschung der Erinnerungen.

Riku liess mich ausreden. Die Hände tief in seinen Jackentaschen vergraben, lauschte er still meinen Worten. Als ich mit meiner Ausführung fertig war, nickte er nachdenklich.
"Das klingt wie ein haarsträubendes Leben..." Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Mein Kollege liess die Geschichte weiter in sein Gehirn sickern. Gedankenverloren zupfte er eine Zigarette aus seiner Tasche und steckte sie sich an. Ich vermied einen Kommentar. Das war gerade unwichtig. Nachdenklich blies er den weissen Rauch aus seinen Lungen.
"Das ist deine Vergangenheit?"
"Ja", murmelte ich leise.
"Und während den Anfällen hast du dich wieder daran erinnert?"
"In gewissem Sinne: Ja. Hisoka war der Trigger", beantwortete ich ihm die Frage wahrheitsgetreu. Wieder nahm er einen Zug von seiner Zigarette. Wir blieben am Teich stehen und beobachteten die riesigen Enten, die darauf schon fröhlich hin und her schwammen. Soll ich noch etwas sagen? Vielleicht, dass es nicht meine Absicht war, sie zu belügen. Riku öffnete seinen Mund. Hisoka hat dir so viel angetan und du liebst ihn trotzdem!? Das war die einzige Frage, die ich erwartete. Aber es kam anders, als sich ein Lächeln auf seinem Gesicht abzeichnete.
"Schon klar, hatte ich nie eine Chance bei dir", grinste er und hob den Stummel wieder an seinen Mund, verharrte jedoch, bevor er seine Lippen berührte.
"Scheiss Ding...", fluchend warf er ihn auf den Boden und trat ihn aus. Als wäre das die benötigte Information gewesen, um mich endlich loslassen zu können, wurde sein Lächeln breiter. So zog er mich in eine herzliche Umarmung.
"Ich wusste doch, da ist etwas im Busch bei euch", flüsterte er verschmitzt.
"Naja, so würde ich das nicht nennen. Hisoka weiss nichts davon, dass ich noch lebe." Ein wenig verwirrt, löste er sich von mir und beäugte mich kritisch.
"Was soll das heissen?"
"Jin ist gerade dabei, ihm das alles zu zeigen."
"Warum machst du es nicht selbst?" Den Kopf schief gelegt, blinzelte Riku mich an.
"Weil ich ihm noch nicht sagen möchte, dass ich Akane bin. Ich will wissen, ob ich ihn als Yoriko für mich gewinnen kann."
"Aha." Er verstand die Logik dahinter nicht ganz.
"Wäre es dann nicht besser, wenn er gar nicht wüsste, dass du das überlebt hast? Ich meine, wenn Jin ihm das jetzt erzählt, wird er dich doch bestimmt suchen wollen."
"Darüber habe ich auch nachgedacht. Ich möchte einfach wissen, ob das was er mir damals gesagt hatte, die Wahrheit war."
"Verstehe, verstehe", nickte er schliesslich. Automatisch zog er die Schachtel aus seiner Tasche. Fluchend liess er sie wieder darin verschwinden.
"Ich arbeite daran Yori!", versicherte er mir. Ich lächelte. Riku war einfach zu süss.
"Jetzt lass uns frühstücken!", widmete er sich dem Grund, weshalb wir uns getroffen hatten. Wir setzten uns in einer Bäckerei in die hinterste Ecke, sodass wir ungestört reden konnten. Ich erklärte ihm alles so gut es ging und beantwortete alle offenen Fragen. Der Kurzhaarige lächelte.
"Ich bin froh, wenn du du sein kannst. Wenn sich Yoriko jetzt wie eine Maske anfühlt, dann sei wieder dein früheres Ich-"
"Das ist es nicht einmal. Ich fühle mich wohl als Yori... und mit euch. Ich weiss nur nicht ob Hisoka das verstehen würde..." Wir redeten noch eine ganze Weile. Es tat gut, alles loszuwerden und mich jemandem zu besprechen, der nicht schon von Anfang an in die Sache verwickelt war.

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt