Kapitel 7

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Dadurch, dass Jin als die Version in meinem Ring Nakata Hiro gesehen hatte, machte ich mir keine Sorgen, dass er eine Impression zustande brachte. Dennoch machte ich mir Sorgen, dass er entdeckt werden könnte. Zwei Tage und vier Verhöre später riss ein genervter Kriminalpolizist die Türe zu meiner Zelle auf. Seufzend erhob ich mich. Was er sich von den vielen Verhören versprach, war mir ungewiss. Doch überraschenderweise legte er mir diesmal keine Handschellen an. Während ich ihm meine Hände hinhielt und geduldig darauf wartete, rieb er sich verbittert die Augen.
"Folgen Sie mir einfach." Ich tat wie befohlen. Vor dem Verhörzimmer wartete bereits mein Anwalt mit einem fragenden Gesicht. Auch ihm hatten sie den Grund für dieses Treffen nicht erklärt. Drinnen machte sich Nakata nicht einmal die Mühe, sich hinzusetzen. Stattdessen schnappte er sich die Unterlagen vom Tisch und übergab sie wortlos meinem Verteidiger. Dieser las sie sich durch. Seine kleinen Augen wurden immer grösser und es bildete sich ein Lächeln. Als er die Kopie in seinen Aktenkoffer steckte, erklärte mir der Beamte auch endlich worum es sich handelte.
"Sie sind frei." Die grünen Augen bohrten sich zornig in mich und schnitten mir die Luft ab.
"Ein Idiot in der Asservatenkammer hat meinen Beweis vernichtet." Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch. Natürlich wusste ich, was passiert war. Trotzdem musste ich den Anschein erwecken, dass mir das neu war.
"Ist das ein Scherz?" Ich sah von meinem Anwalt, zum Polizisten und zurück.
"Nein", grinste der kleine Mann.
"Sie sind wirklich frei!" Noch immer unsicher folgte ich ihm in die Einganghalle. Ich erblickte Ian und Jin sofort. Sie sassen stillschweigend auf einer Bank. Kichiro bemerkte mich als erster und sprang sofort auf. Ich schloss den kleinen Körper sofort in meine Arme.
"Gut gemacht", flüsterte ich ihm zu. Er lächelte unruhig. Ian stellte sich hinter den Jungen. So schlang er seine Arme um uns.

Auf dem Weg nach draussen sprach keiner ein Wort. Der schwarze Van vor dem Polizeigebäude zog sofort unsere Aufmerksamkeit auf sich. Der riesige Mann im Anzug davor, sprach uns mit Namen an. Er öffnete die Schiebetüre.
"Darf ich Sie bitten einzusteigen!" Ich sah meinem Freund nach, der ohne zu zögern einstieg. Kichiro und ich warfen uns einen unsicheren Blick zu. Doch wir taten es beide dem Älteren gleich. Die Fahrt war ruhig und der Fahrer stoppte den Wagen in einem Industriegebiet. Wir wurden in eine Halle geführt. Dort standen drei Stühle bereit. Ian redete nicht, schien aber mit der Situation vertraut. Kaum hatten wir uns gesetzt, klappten stählerne Fesseln hoch. Durch eine Seitentüre traten nun zwei weitere Männer ein. Ich erkannte Nakata. Den anderen hatte ich noch nie gesehen.
Der Kriminalpolizist, der die letzten drei Tage damit verbracht hatte, Informationen aus mir herauszukitzeln stellte sich vor mich. Mit einem gefälligen Grinsen verpasste er mir eine Ohrfeige. Ich sah ihn unbeeindruckt an. Er stützte seine Arme auf meinen ab, zerquetschte sie fast und kam mit seinem Gesicht gefährlich nah an meines.
"Ich weiss, dass du dafür verantwortlich bist, was mit meinem Beweis geschehen ist! Dafür wirst du büssen. Ich will jetzt endlich Informationen, die sich auch lohnen. Also sprich!"
"Einen Scheiss werde ich...", spuckte ich ihm die Worte entgegen. Wieder traf seine Handfläche hart auf meine Wange. Mein Gesicht wurde nach rechts geschleudert. Die Haut pochte vor Schmerz. Noch bevor ich den Mund aufmachen konnte, schlug er mich erneut.
"Denk gar nicht daran, mich zu verarschen!"

Mein Gesicht brannte. Zwischendurch prallte der Schlagstock des anderen gewaltsam auf meine Arme. Sie fühlten sich bereits taub an. Ich erinnerte mich an Feitans Training und war gerade heilfroh, dass sich der Schwarzhaarige damals nicht zurückgehalten hatte. So hatte ich tatsächlich gelernt, mit dieser Art von Leiden umzugehen. Wieder einmal kollidierte Nakatas Hand mit meinem Gesicht. Ich schloss die Augen und presste die Lippen zusammen. Ich wollte nicht weinen, doch der Schmerz trieb mit Tränen in die Augen.
"ANTWORTE MIR ENDLICH!!!" Der Kriminalist war vor Wut errötet. Doch ich sagte absolut nichts.
"Wenn du uns nichts erzählst, dann müssen wir leider deinen Freund etwas bearbeiten!" Nakata wandte sich mit gefährlich schimmernden Augen an seinen Komplizen.
"Wie wäre es, wenn du ihm den Arm brichst." Dieser begann zu Grinsen und positionierte sich neben meinem Freund.
"Sag ihnen doch einfach, was sie wissen  wollen!", schrie Ian angsterfüllt hinter mir. Doch ich ignorierte ihn und starrte den Mann feindselig an. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Ich spielte  mit seiner Geduld, das war mir klar. Aber die einzige Möglichkeit aus dieser  Situation herauszukommen war auf Hilfe  zu warten.
"Wenn du es unbedingt so willst!" Er gab seinem Gefolge hinter mir ein Zeichen.  Ein unheimliches Knacken erfüllte den Raum. Ich zuckte unwillkürlich   zusammen. Ians schmerzerfüllte Schreie hallten von den kahlen Wänden wider.
"Spiralfraktur an Elle und Speiche",  grinste der Henker schadenfroh, als er wieder in mein Sichtfeld  eintrat. Ich reagierte nicht auf Ians Rufe.
"Er scheint ihr nicht so viel Wert zu sein. Aber ich wette, der Junge ist es." Nun verzog auch der Mann seinen schmalen Mund zu einer hässlichen Fratze.
"Misaki, bitte", schluchzte mein Freund.
"Das kannst du Kichiro nicht auch antun!" Als hätte er damit einen Schalter umgelegt, traten mir Tränen in die Augen.
"Nein! Alles nur nicht den Jungen!", hauchte ich schwach und liess meinen Kopf sinken.
"Schiess ihm ins Knie!"
"NEIN WARTET! ICH ERZÄHLE ALLES! ABER LASST DEN KLEINEN IN FRIEDEN!!", schrie ich auf. Ich vernahm das Klicken der angelegten Waffe. Ich wusste zwar, dass Jin davon nichts spüren würde, aber wie herzlos würde ich erscheinen!?
"Dann los...", grinste Nakata. Also erzählte ich ihm. Alles. Alles was ich spontan zusammenlügen konnte. Ich sprach von 13 ganz verschiedenen Leuten, die sich als Phantom Troupe ausgaben. Beschrieb sie und ihre Fähigkeiten ganz anders, als sie eigentlich waren. Ich redete von einer herzzerreissenden Geschichte, in der ich nicht anders konnte, als die Dinge, die ich nachweislich getan hatte, zu tun. Als ich aufhörte zu reden, grinste mich der Kriminalist überlegen an. Dann fixierten seine grünen Augen geradewegs Ian.
"Vielen Dank für Ihre Mithilfe"
"Das ich verletzt werde, war nicht ausgemacht!", zischte dieser. Der Kriminalpolizist mit der schwarzen Jacke zuckte die Schultern.
"Der Zweck heiligt die Mittel." Ich atmete abgehackt. Den Kopf drehte ich so weit in die Richtung meines Freundes, wie ich konnte.
"Was hat das zu bedeuten?"
"Ich bin so frei und beantworte dir diese Frage", grinste der Beamte.
"Ich habe eine Abmachung mit ihrem Freund getroffen. Er lockt sie hier her, und erfährt dafür die Wahrheit. Ich hingegen, kann endlich mit meinem Fall aufräumen und Beschreibungen der Troupe erhalten. Win-Win" Ich schluckte schwer. Dafür konnte ich Ian keinen Vorwurf machen. Immerhin hatte ich ihn seit wir zusammen waren über meine Vergangenheit im Dunkeln gelassen. Aber ich hätte nicht erwartet, dass er mir so in den Rücken fällt...

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt