Kapitel 100

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Aufgeregt trat ich in den Aufzug. Hisoka stand bereits darin und wartete auf mich. Auch wenn er so gut aussah, dass ich am liebsten jetzt gleich mit ihm in seinem Zimmer verschwinden würde, seinem Ausdruck zufolge war ich aus einem anderen Grund hier. Während sich die Türen schlossen und uns die metallene Kiste in die Höhe beförderte, wechselten wir kein Wort. Obwohl ich mich gerne mit ihm unterhalten hätte, schien es ihm absolut nicht so zu gehen. Doch ich liess es mir nicht nehmen, ihn zu mustern. Trotz des gelangweilten Gesichtsausdruckes war er angespannt. Die goldenen Augen starr nach vorne gerichtet, las er jede meiner Bewegungen aus meiner Aura. Der Magier sah gut aus, kein Zweifel, dennoch waren dunkle Ringe unter seinen Augen angedeutet. Wir hatten uns zwar heute Morgen gesehen, dennoch umgab ihn eine Müdigkeit, die ich noch nie an ihm gespürt hatte. Mit einem leisen 'Ping' öffneten sich die Türen. Habe ich jetzt so lange gestarrt!? Wortlos folgte ich ihm. Hisoka lief sogleich mit langen Schritten davon, sodass ich Mühe hatte, ihm hinterherzukommen. Am Ende des Ganges blieb er schliesslich stehen und wir betraten einen der Räume.

"Bleib da stehen!", wies er mich in strengem Ton an. Seine Stimme erlaubte keine Widerrede, also tat ich wie befohlen. Der Magier ging ein paar Meter weiter und zückte sein Handy.
"Willst du gegen mich kämpfen?" Mein Blick schweifte durch das Zimmer. Der Trainingsraum sah so aus wie immer. Auch mit Gyō konnte ich nichts verdächtiges feststellen. Da er sich nicht regte, ergriff ich das Wort.
"Wir haben nachgedacht. Und uns ist etwas eingefallen-" Es wurde kurz dunkel. Ich blinzelte. In einer Millisekunde änderte Hisoka seine ganze Körperhaltung. Ein Stechen machte sich in meinem Arm bemerkbar. Meine Augen fingen das Bild ein, das sich ihnen bot. Mein rechter Arm hing zwar noch vollständig an mir, doch der Winkel in welcher meine Hand von ihm abstand sah mehr als ungesund aus. Und das war er auch. Hat er das in dieser kurzen Zeit geschafft!? Mein Herz klopfte schneller und ich schluckte ängstlich. Hat er eine neue Fähigkeit, von der ich nichts weiss? Eine die es ihm erlaubt, innerhalb eines Augenblickes seinen Gegner zu verletzen?
"Du hättest auch einfach sagen können, dass du meine Heilungsfähigkeit sehen willst", murmelte ich um davon abzulenken, wie schutzlos ich mich gerade fühlte. Gleichzeitig stellte ich den natürlichen Lauf meines Körpers wieder ein.
"Heilungsfähigkeit?" Er spricht also doch noch mit mir. Ich sah ihm in die Augen.
"Ich habe ihr nie einen Namen gegeben. Mir ist halt nie so etwas cooles wie Bungee Gum eingefallen!" Ich schürzte die Lippen. Da schien gerade wieder ein bisschen viel Akane hindurch. Aber andererseits wusste er jetzt davon. Da ich in seiner Haltung nur Abweisung und keine Angriffslust erkannte, griff ich mein vorheriges Thema wieder auf.
"Wo war ich eigentlich... Ach ja, Jin und mir ist ein Weg eingefallen, wie wir dir beweisen können, dass alles stimmt. Aber wir brauchen dafür deine Hilfe!" In meinem Kopf malte ich mir bereits mehrere Fluchtmöglichkeiten aus. Weil er unberechenbar war und allgemein keinen Grund brauchte, um jemanden zu töten. Aber vor allem, weil das Thema seine Mordlust reizte. Hisoka verdrehte kurz die Augen.
"Wie...", seufzte er genervt.
"Indem ich den Petokei aktiviere!" Sofort meldeten sich die Zweifel in seinen Gedanken.
"Und wie willst du das anstellen..." Ich fischte die Kette unter meinem Pullover hervor.
"Den Schlüssel habe ich noch. Wir haben ihn in Zaban City durch ein Replikat ersetzt." Bei der Erwähnung meines alten Wohnortes, blitzte das goldene Meer gefährlich auf. Unbeirrt redete ich weiter.
"Falls ich nicht Akane bin, dann wird es nicht funktionieren. Aber wenn ich wirklich Akane bin, dann wird er sich aktivieren lassen. Auf dem Petokei liegt das Lebensrecht. Und wenn ich es nicht habe, dann dieser Page, der im Superior Plaza die Kette in Empfang genommen hat." Auch wenn sich an seiner Haltung nichts veränderte, sprachen seine Augen Bände. Es war ein seltsames Gefühl, ihn lesen zu können. Aber er überdachte das Angebot gerade.

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete der Zauberer seinen Mund.
"Ich bin einverstanden unter zwei Bedingungen." Mir war egal, unter welchen Bedingungen er mitkommen würde. Hauptsache er gab mir die Chance es zu beweisen! Hisoka kam auf mich zu. Stellte sich so nah vor mich, dass kein Blatt Papier zwischen uns Platz hatte. Sein Geruch verdrehte mir den Kopf. Ich musste mich zurückhalten, ihn jetzt nicht gleich zu küssen.
"Erstens, ich werde dafür Sorgen, dass Jin nicht dabei ist! Und du wirst es nicht verhindern. Zweitens, wenn ihr mich belügt und das durch den Petokei ans Licht kommt... werde ich dich töten. Langsam. Und Qualvoll." Zwei faire Bedingungen. Immerhin vertraut er Jin nicht. Dazu habe ich vielleicht ein wenig geflunkert und die Idee ist mir alleine auf dem Weg hier her gekommen. Vor allem, weil ich nicht denke, dass Jin es mir erlauben würde, nur schon in die Nähe des Petokeis zu gelangen.
"Du hast dich nicht verändert..." Ein nostalgisches Lächeln besetzte meine Lippen.
"Du drohst noch immer, meinem Leben ein Ende zu setzen." Im nächsten Moment verpasste mir der Rothaarige eine gehörige Backpfeife. Meine Hand schoss sofort an meine Wange.
"Rede nicht mit mir, als ob wir so vertraut wären. Solange du nicht beweisen kannst, dass du Akane bist, glaube ich dir nicht!" Seine Worte brannten schmerzlicher als seine Tat. Nickend schluckte ich. Es wird ein harter Weg, ihn zu überzeugen. Ohne eine Verabschiedung liess er mich allein zurück. Gedankenverloren versteckte ich den Schlüssel zum Petokei wieder unter meiner Kleidung. Es musste einfach funktionieren. Aber würde er mir dann glauben?

Always him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt