Kapitel 4

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Bitte Kapitel 0 beachten :)
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Mit einem Seufzen schloss So-mi ihren Koffer. Gerade hatte sie ihren letzten Müsliriegel verdrückt, den sie als Proviant in ihren Koffer geworfen hatte. Nun hatte So-mi offiziell nichts mehr zu essen oder zu trinken. Was ihr allerdings viel mehr Stress bereitete war ihre drückende Blase.
Sie war seit jetzt mehr als 15 Stunden nicht mehr auf der Toilette gewesen und auch wenn sie nicht viel getrunken hatte seitdem, wurde es langsam zu einem dringenden Bedürfnis.
Zum Bahnhof traute sie sich nicht noch einmal zurückgehen, weil sie befürchtete, dort noch einmal auf die Polizistenzu treffen. >Sobald es hell ist, muss ich dringend in die Stadt.<, dachte So-mi bei sich und sah in den dunklen Nachthimmel hinauf.
Irgendwann wollte sie einmal so weit aufs Land hinausfahren, dass sie dort die Sterne beobachten konnte. Die Sterne hatten sie schon immer fasziniert und sie hatte schon viele Bücher über den Himmel studiert, aber sie hatte ihn noch nie in seiner vollen Pracht bestaunen dürfen. Hier in der Stadt war es trotz der Uhrzeit immer derart hell, dass man die Sterne leider nie erkennen konnte.

Mit den Gedanken bei ihren Sternen nickte So-mi schließlich erneut ein und wurde erst von einem lauten Geräusch wieder geweckt. Erschrocken fuhr sie hoch und stellte fest, dass es zwar bereits hell wurde, die Sonne aber noch nicht aufgegangen war. So-mi kannte das laute Geräusch bereits.
Das große Metalltor zu der Wohnanlage hinter der Bushaltestelle öffnete sich. Heraus kamen zwei schwarze Vans, die mit ihren getönten Scheiben für So-mi nach wie vor äußerst verdächtig aussahen. Wieder hielten die beiden Vans in der Einbuchtung vor der Bushaltestelle. Sie schienen darauf zu warten, dass sich das Tor zur Wohnanlage wieder schloss.
>Wenn die Autos weg sind, werd ich mich auf den Weg in die Stadt machen<, überlegte So-mi und zog ihren Koffer näher zu sich. Doch anstatt loszufahren, blieb eines der beiden Autos stehen und eine der Türen schwang auf. Überrascht riss So-mi die Augen auf, als der junge Mann von gestern aus dem Van sprang. Wie hatte er noch gleich geheißen?

Kookie?

„Ihr könnt schon mal ohne mich losfahren, ich komm dann später nach!“, rief er zu den Leuten in den Van hinein, von denen So-mi aber niemanden erkennen konnte.
Nun fuhr auch das zweite Auto los und der Mann drehte sich zu So-mi um. „Hi.“, begrüßte er sie und ließ sich neben ihr auf der Bank nieder. Sofort rutschte So-mi ein Stück zur Seite, um Sicherheitsabstand zwischen sie beide zu bringen, was ihr Gegenüber allerdings nur auflachen ließ. >Sympathisch<, ging es ihr auch heute wieder durch den Kopf. „Ich beiß dich schon nicht.“, lachte er, wurde aber dann ernster. „Du bist immer noch hier.“
Seine bedauernde Miene gefiel So-mi überhaupt nicht. >Scharf kombiniert, Sherlock<, dachte So-mi sarkastisch, während sie ihm aber mit einem höflichen „Ja“ antwortete. „Dann hast du uns also gestern doch angelogen mit deinem verpassten Zug. Das hab ich mir schon fast gedacht.“
So-mi verstand immer noch nicht, was er jetzt eigentlich genau von ihr wollte. „Du warst also wirklich die ganze Nacht alleine hier draußen… das war ganz schön gefährlich.
Es hätte dir sonst was passieren können.“, redete der junge Mann immer weiter und sah mittlerweile wirklich besorgt aus. „Danke für deine Sorge, aber wir sind uns doch komplett fremd. Warum sorgst du dich um mich?“, konnte So-mi sich nicht verkneifen. „Ich bin eben ein guter Mensch. Und da du offensichtlich kein Zuhause mehr hast und somit Hilfe brauchst… kann ich einfach nicht anders.“ Nun strahlte er wieder breit. Dennoch kam So-mi leider nicht umhin, misstrauisch zu bleiben.
„Das ist wirklich nett von dir, aber wieso sollte ich dir vertrauen? Woher weiß ich, dass du nicht irgendetwas im Schilde führst, wenn du mich schon auf die Gefahr hinweist, als Frau in der Nacht alleine hier zu sein?“. Jetzt sah dieser 'Kookie' ernsthaft betroffen aus. „Da hast du natürlich recht. Einem Fremden sollte man nicht so einfach vertrauen, aber ich versichere dir, dass ich dir wirklich nur helfen…“

Ein lautes Magenknurren unterbrach So-mis Gegenüber. Während sie hochrot anlief, brachte es ihn nur wieder zum Lachen. „Ich denke dein Bauch möchte mir vertrauen.“, lachte er und erhob sich.
Er streckte So-mi die Hand entgegen. „Komm mit. Ich werde dir was zu essen besorgen. Ich wohne gleich hier in der Wohngegend hinter dir.“ So-mi schüttelte zögernd den Kopf. 'Kookie' seufzte. „Du bist ganz schön schwer zu überzeugen. Aber na gut. Ich hol dir was. Warte hier.“, sagte er und schon war er verschwunden.
>Ich verstehe nicht, warum er nicht einfach aufgibt? Warum will er mir so unbedingt helfen?<, überlegte So-mi, aber kam zu keinem brauchbaren Ergebnis. Da sie sich dazu entschied, nicht unnötig unhöflich zu sein, lief sie dieses Mal nicht vor ihm weg und wartete stattdessen wie angeordnet auf den jungen Mann.

Dieser kam schon wenige Minuten später tatsächlich mit einer kleinen Tasche in der Hand zurück und setzte sich wieder neben sie.
„Mein Name ist übrigens Jungkook“, stellte er sich jetzt offiziell bei ihr vor und war aber dann gleich wieder schwer damit beschäftigt, seine mitgebrachte Tasche zu leeren. „Mein Name ist So-mi.“, antwortete sie ihm und starrte fasziniert auf die ganzen Sachen, die Jungkook innerhalb der kurzen Zeit aufgetrieben hatte. Von Obst, über Gemüse, bis hin zu Gebäck und Süßigkeiten. Jungkook hatte wirklich an alles gedacht.
„Hier bitte. Bedien dich.“, lächelt er freundlich. „Ich hab dir auch was zu trinken mitgebracht. Was magst du lieber? Wasser oder kalten Tee?“. Er hielt So-mi zwei Flaschen hin und sie war überwältigt von seiner Freundlichkeit. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, ob und wenn ja wann bisher jemals jemand so freundlich zu ihr gewesen war. Und das auch noch ein Fremder. Bei dem Anblick der Getränke, meldete sich allerdings So-mis Blase erneut schmerzhaft und sie lehnte die Getränke freundlich ab. Stattdessen griff sie nach einer der Snack-Paprika.

Eine Weile verging, in der So-mi all die mitgebrachten Köstlichkeiten verdrückte, die Jungkook ihr angeboten hatte. Währenddessen tauschten sie ein paar Höflichkeiten aus und So-mi kam zu dem Schluss, dass Jungkook wirklich ein unheimlich freundlicher Mensch war, der ihr scheinbar wirklich einfach nur helfen wollte, weil er Mitleid mit ihrer Situation hatte. So-mi hatte ihm zwar nur gesagt, dass sie nicht mehr nach Hause konnte, aber Jungkook hatte auch gleich gar nicht mehr weitergefragt und war höflich zurückhaltend geblieben, was das Thema anging.
Als So-mi dann satt war, bot Jungkook ihr noch einmal die beiden Getränke an, aber sie lehnte nur wieder ab. „Du musst aber auch was trinken. Trinken ist wichtig.“, ermahnte er sie halb ernst und So-mi fühlte sich von neuem erschlagen von seiner Fürsorge für sie. „Ich weiß.“, antwortet sie ihm. „Warum trinkst du dann nichts?“. Sie wich seinem Blick aus. „Weil ich ohnehin schon so dringend zur Toilette muss…“. Ihr Gegenüber riss die Augen auf. „Na sag das doch! Wenn du doch mit mir mitkommst, dann kann ich dir sofort eine Toilette anbieten!“.
Hastig packte er die Sachen zusammen und So-mi entschloss sich dazu, dass sie ihm aufgrund ihrer Notlage nun doch soweit vertraute, dass sie zumindest kurz mit ihm ging, um auf eine Toilette zu kommen. Immerhin schien seine Fürsorge für sie echt zu sein und er hatte ihr sogar bereitwillig Essen und Trinken gebracht. „Gut. Ich hab alles gepackt. Wir können gehen. Ich nehme deinen Koffer, dann brauchst du das schwere Teil nicht immer zu schleppen.“ Mit einem schüchternen Nicken übergab So-mi ihren Koffer an Jungkook und folgte ihm dann.

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt