Kapitel 28

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Bitte unbedingt Kapitel 0 beachten :)
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Nachdem sie alle endlich Zuhause angekommen waren, verschwand jeder sofort auf seinem Zimmer. Die einen hatten sich bei So-mi verabschiedet, weil sie gleich schlafen gehen würden und die anderen zogen sich auf ihre Zimmer zurück, weil sie ihre Koffer auspacken wollten.
Zuvor hatten sie alle zusammen vereinbart, dass sie So-mis offizielle Einstellung mit einer kleinen Feier feiern würden, aber diese erst morgen stattfinden sollte, weil sie alle zu gerädert waren von der Japanreise. So-mi, der es ohnehin unangenehm war, dass sie nur wegen ihr überhaupt eine Feier veranstalteten, hatte dem zugestimmt, dass sie sich jetzt erst einmal alle ausruhen sollten.
Also war auch So-mi gerade mit ihrem Koffer auf dem Weg zurück in ihr Zimmer, als plötzlich wie aus dem Nichts Jin neben ihr auftauchte. "Komm mit.", befahl er kurz angebunden und So-mi rutschte ihr Herz nicht nur wegen des Schreckmoments in die Hose.
Jin steuerte geradewegs auf sein eigenes Zimmer zu und ließ die Tür offen, damit So-mi ihm folgen konnte. "Mach die Tür zu." Angesprochene tat wie ihr befohlen und verschränkte anschließend ihre Finger ineinander, damit Jin nicht sehen konnte, wie ihr Hände zu zittern begannen. >Was wird er dieses Mal mit mir machen, nachdem ich seine Drohung missachtet habe?<, fragte So-mi sich voller Sorge und biss sich auf die Unterlippe.
"Knie dich hin.", befahl Jin ihr immer noch gefährlich monoton und So-mis Angst wuchs immer weiter an. Als sie beide früher noch unter einem Dach gelebt hatten, hatte Jin sie oft dazu gezwungen vor ihm niederzuknien, bevor er sie fertiggemacht hatte.
Schon jetzt standen ihr vor Panik die Tränen in den Augen. "Ich hatte es doch nicht in den Händen, ob ich bleibe oder nicht! Ihr habt das entschieden!", versuchte So-mi sich in ihrer Angst vor dem Kommenden zu rechtfertigen. Jins Blick wurde böse. Er packte sie an den Haaren und drängte sie zu Boden. "Ich sagte: Knie dich hin!".
Leise wimmernd leistete So-mi Folge und kniete sich mitten in Jins Zimmer auf den Boden. Sie legte ihre Hände auf den Boden und ihren Kopf danach auf ihre Hände. Vorteil: Sie konnte das Zittern ihrer Hände unterdrücken und Jin sah ihren panischen Gesichtsausdruck nicht. Nachteil: Sie konnte Jin nicht mehr sehen.
"Ich habe dir gesagt, dass du dich nach den zwei Wochen verpissen sollst. Natürlich hast du Miststück dich meinem Befehl widersetzt. Ich bin wirklich fassungslos, dass du es tatsächlich geschafft hast vier der Jungs so zu täuschen, dass sie dem Ganzen zugestimmt haben. Hast du für sie alle die Beine breit gemacht?".
"Ich habe mit keinem von ihnen geschl...", wollte So-mi Jins Frage antworten, aber er fuhr sie grob an. "Halt den Mund! Ich will deine Stimme nicht hören müssen!".
So-mi biss sich erneut auf ihre Unterlippe und konnte nur schwer dem Drang widerstehen, sich aufzurichten. Die Ungewissheit darüber, wo Jin - die Gefahr - sich gerade befand, fraß sie innerlich auf.
"Sag mir endlich welchen Plan du verfolgst! Willst du mein Leben endgültig zerstören? Willst du BTS zerstören oder willst du an unser Geld?", knurrte Jin gefährlich und So-mi konnte ihn zu ihrer Linken ausmachen. "Ich will gar nichts davon! Ich möchte einfach nur in Ruhe mein Leben leben!", antwortete So-mi.
Eine schlechte Entscheidung.
"Du sollst deinen Mund halten hab ich gesagt!", schrie Jin aufbrausend und im nächsten Augenblick traf So-mi ein unermesslicher Schmerz in ihrer linken Seite, der ihr die gesamte Luft aus der Lunge presste. Sie japste schmerzerfüllt und krümmte sich noch mehr zusammen. Jin hatte sie mit voller Wucht getreten.
"Du hast es nicht verdient ein ruhiges Leben zu führen! Du verdammte Missgeburt sollst gar kein Leben führen! Hast du das denn immer noch nicht verstanden?! Niemand will dich hier haben! Niemand will dich überhaupt haben! Was glaubst du wieso deine Eltern dich verlassen haben? Sieh dich doch mal an, du bist hässlich wie eine Kröte, fett wie ein Walross und jeder Neanderthaler war schlauer als du! Du bist zu Nichts zu gebrauchen und du könntest nicht einmal deinen Körper verkaufen, weil du so widerwärtig bist, dass kein Mensch dir auf mehr als einen Meter zu nah kommen möchte!".
Mittlerweile weinte So-mi aufgrund von Jins Schimpftirade leise vor sich hin. Sie versuchte keine Geräusche von sich zu geben, aber es fiel ihr schwer. Jins Worte trafen sie hart. All die Unsicherheiten und Selbstzweifel, die sie schon ihr ganzes Leben plagten, wurden ein weiteres Mal von ihrem Cousin heraufbeschworen und obwohl der pochende Schmerz in ihrer linken Seite sie kaum atmen ließ, war der psychische Schmerz um ein Vielfaches schlimmer. So-mi hatte gewusst, dass Jin sie hasste, aber sie hatte über die Jahre seiner Abwesenheit vergessen, wie sehr er sie schon immer gehasst hatte.
"Du hast nichts. Keine Freunde, keine Familie, niemanden. Jeder hasst dich. Deine Familie sieht dich nur als Belastung und ich wünschte du hättest dich schon längst umgebracht, wie du es früher tun wolltest. Das würde uns das Leben so sehr vereinfachen!".
Jin wollte gerade erneut ansetzen, um sie weiter verbal zu zerstören, als auf einmal die Türe aufging. So-mi konnte es nicht sehen, weil sie immer noch mit dem Gesicht zu Boden schaute, aber sie konnte es hören. "Jin, was zu Hölle ist hier los?!".

Suga

So-mi wusste im ersten Moment nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollte, da jemand ihren Cousin in dieser Situation erwischt hatte. Sollte sie darauf hoffen, dass Suga ohne ein weiteres Wort verschwand und Jin seine Hasstirade fortsetzen ließ? Oder sollte sie die Möglichkeit zur Flucht ergreifen?
Zittrig atmete So-mi ein und bereute es sofort, dass sie zu tief eingeatmet hatte, denn ein scharfer Schmerz schoss durch ihren Körper und so war es der pure Überlebenswille, der So-mi auf die Füße zwang. Ohne einem der beiden Männer in die Augen zu sehen, drängte So-mi sich an Suga vorbei zur Türe hinaus und hastete an das andere Ende des Flures in ihr eigenes Zimmer.
Dort brach sie auf dem Boden zusammen und krallte ihre Finger in den Teppich unter ihren Händen. Die Tränen strömten nur so über ihre Wangen und obwohl jeder Atemzug ihr höllische Schmerzen bereitete, konnte So-mi den Heulkrampf nicht aufhalten.
Verzweifelt legte sie sich ihre eigenen Hände über ihren Mund, damit niemand sie hören konnte. So-mi konnte sich nicht entscheiden, welche Schmerzen schlimmer waren. Die körperlichen oder die mentalen. >Was habe ich nur getan, dass er mich so abgrundtief hast?<, fragte sie sich, beantwortete sich die Frage eine Sekunde später aber selbst. >Ich existiere.<

Als es leise an der Tür klopfte, schreckte So-mi zusammen. "Einen Moment.", rief sie panisch nach draußen und erhob sich vom Boden. Ihr gesamter Körper schmerzte, ihre Augen brannten und von ihrer metalen Verfassung wollte sie gar nicht erst anfangen. Aber diese konnte man ihr zumindest nicht ansehen. Alles andere musste So-mi jetzt schnell verschwinden lassen, damit niemand Verdacht schöpfte. Sie wollte sich nicht erklären müssen und sie würde nie im Leben ihren Cousin hinhängen... auch wenn er sie so sehr hasste.
So-mi kniff ihre Augen fest zusammen, klatschte sich mit beiden Händen gegen die Wangen und atmete trotz des stechenden Schmerzes mehrmals tief ein und aus.
Dann ging sie zu der Türe und öffnete diese.
Suga stand davor. "Ja?", fragte sie ihn vorsichtig. Ihr kam sofort wieder in den Sinn, wie er sie im Supermarkt damals angefahren hatte, dass er nur eine geschäftliche Beziehung mit ihr führen wollte, weshalb sie nun auch geschäftlich sein musste. >Also reiß dich zusammen!<, ermahnte So-mi sich selbst.
"Ist alles in Ordnung mit dir?", wollte Suga von ihr wissen und sah sie mit einem durchdringenden Blick an.
"Ja, alles gut. Hast du mich vorher gesucht? Soll ich dir noch bei irgendwas helfen?". Es wunderte So-mi, dass Suga nach 23.00 Uhr scheinbar immer noch ihre Hilfe bei etwas benötigte.
"Ich habe dich nur gesucht, weil dein Koffer immer noch im Flur gestanden hat. Aber das ist jetzt im Moment unwichtig. Was zur Hölle war das da drinnen bitte gerade? Bist du sicher, dass es dir gut geht?". Sugas unerwartete Besorgnis löste Unbehagen in So-mi aus. Es brachte ihre aktuell mehr als instabilen Mauern gefährlich ins Wanken und sie musste ihn schnell von hier wegbringen, weshalb sie wiederum antwortete: "Mir geht es wirklich gut. Außer dass ich ziemlich müde bin. Wenn du also nichts mehr von mir brauchst, würde ich mich jetzt gerne schlafen legen." Um Ihre Aussage zu unterstützen, lächelte sie Suga freundlich an.
Dieser sah sie noch kurz an, dann meinte er nicht besonders überzeugt: "Na gut. Dann schlaf gut."
Mit diesen Worten drehte er sich um und So-mi schloss die Türe zu ihrem Zimmer. Augenblicklich kamen Jins Worte wieder zurück und schnürten So-mi die Luft zu atmen ab. So-mi krallte ihre Hand in ihr Oberteil und wollte sich gerade wieder einfach hier an Ort und Stelle auf den Boden fallen lassen, sich endlich gehen lassen und dem Schmerz freien Lauf lassen, als die Türe plötzlich aufschwang und Suga hereingestürmt kam.
Er kam auf So-mi zu und blieb nur wenige Zentimeter von ihr entfernt stehen. In seinen Augen tobte ein Sturm als er flüsterte: "Du tust mir weh...". Für einen Moment vergaß So-mi alles. "Was? Womit?", wollte sie verunsichert wissen.
"Mit deinem Gesicht. Es tut mir weh zu sehen, wie perfekt du es verstecken kannst. Wie viel Erfahrung du darin haben musst, dich zu verstecken."
So-mi öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber sie starrte einfach nur sprachlos in Sugas Augen, während dessen Worte jeden einzelnen Schutzwall zum Einstürzen brachten, den So-mi jemals in ihrem Inneren errichtet hatte.
Eine unendlich lange Sekunde verstrich und dann brach alles aus So-mi heraus. Der ganze Schmerz, die ganzen Tränen und Suga schloss sie wortlos in seine Arme.

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt