Kapitel 105

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Bitte Kapitel 0 beachten :)
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„Dein was?!“, fuhr Yoongi sie auf einmal an und So-mi zog überrascht den Kopf ein. Sofort war sie in einem Konflikt mit ihrem eigenen Kopf, ob sie es nicht doch lieber für sich selbst hätte behalten sollen.
„Mein richtiger Name.“, wiederholte sie noch einmal kleinlaut und wich Yoongis wütendem Blick aus, indem sie sich von ihm wegdrehte und auf die Tasten des Klaviers starrte.

Yoongi hatte aber andere Pläne mit ihr und packte sie deshalb an den Schultern; zwang So-mi somit, ihn wieder anzusehen. „Erzählst du mir gerade, dass dein Name gar nicht So-mi ist?!“, knurrte er und So-mi antwortete stotternd: „Nein… also… doch schon, aber…“.

„Hör auf zu stottern und drück dich klar aus!“, fuhr er sie wütend an. „Warum bist du denn jetzt so böse?!“, fauchte So-mi zurück, weil sie sich in die Enge gedrängt fühlte. So hatte sie sich dieses Gespräch und die Silvesternacht definitiv nicht vorgestellt.
„Meine Freundin erklärt mir gerade, dass sie gar nicht die ist, für die ich sie ein Jahr lang gehalten habe! Entschuldige bitte, wenn ich da etwas sauer bin! Ist das deine einzige Lüge oder gibt es da noch mehr was ich wissen sollte?!“.
Diese Aussage verletzte So-mi. Sie war keine Lügnerin und was ihren Namen betraf… nun ja, das war eine etwas längere Geschichte.

Tatsächlich schien So-mi ein ziemlich betretenes Gesicht zu machen, denn sie bemerkte, dass Yoongi gleich darauf bereute, was er gesagt hatte. „Ich habe wirklich gedacht, dass ich dir das in Ruhe erklären könnte…“, murmelte So-mi enttäuscht und machte sich drauf und dran den Raum zu verlassen.
Mit dieser Unterstellung hatte der Ältere sie wirklich sehr verletzt und sie bereute schon jetzt, dass sie das Thema überhaupt angesprochen hatte. Sie ignorierte Yoongis Proteste und eilte aus dem Zimmer, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass Yoongi so schnell sein würde, denn er stürmte ihr hinterher und bekam sie gerade noch so am Handgelenk zu fassen, bevor sie in den Aufzug steigen konnte.
„Hey, ich hab das nicht so gemeint. Tut mir leid.“, entschuldigte Yoongi sich bei ihr und obwohl So-mi ihn im Moment nicht ansah, wirkte er jetzt wieder sehr viel gefasster. „Bitte setzen wir uns wieder hin. Ich möchte mir deine Erklärung in Ruhe anhören.“

Weil So-mi keine nachtragende Person war, ließ sie sich damit von ihm überreden und folgte Yoongi zurück in das Studio, wo sie sich gemeinsam auf das Sofa setzten.
„Ich hab das wirklich nicht so gemeint, So-mi… warte… Sophia? Ach… bitte erklär es mir.“
Wäre So-mi nicht immer noch so traurig über Yoongis Worte gewesen, hätte sie ihn für seine Verwirrung wahrscheinlich ausgelacht. >Ich liebe seine süße Seite.<, dachte sie und wappnete sich mental für das nun folgende Gespräch. Immerhin war Yoongi der erste und einzige Mensch, dem sie nun die komplette Wahrheit erzählen würde.

„Mein vollständiger Name ist Sophia Kim. Ich wurde am 09. Mai 1998 als Tochter einer Griechin und eines Koreaners geboren. Meine Mutter hat als Austauschstudentin in Korea gelebt und meine Eltern haben sich Hals über Kopf ineinander verliebt.
Ich war ein ungeplanter Unfall und kurz nach meiner Geburt ist meine Mutter zurück nach Griechenland gegangen. Sie hat mich bei meinem Vater zurückgelassen, aber er hat es nicht verkraftet, dass meine Mutter ihn wegen mir sitzen gelassen hat. Deshalb hat er mich an einem Tag bei meiner Tante - seiner Schwester und Seokjins Mutter - abgesetzt und ihr weißgemacht, dass er mich am Abend wieder abholen kommen würde. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.
Von meiner Tante habe ich später mitbekommen, dass er zu meiner Mutter nach Griechenland gegangen ist. Ich war also für die Familie nicht nur ein Schandfleck als uneheliches Kind, sondern auch noch als Kind einer Ausländerin, die einen koreanischen Mann verführt hat. Schon als kleines Kind hat mich meine Familie das spüren lassen und als ich dann in die Schule kam, haben sie mich für meinen Namen immer gehänselt, weil er neben meinem Aussehen 'sowas von gar nicht koreanisch‘ war.
Deshalb habe ich irgendwann damit begonnen, mich nur noch als So-mi vorzustellen. So-mi so wie So-phi … nur das a habe ich komplett weggelassen.
Das hat sich über die Jahre so sehr eingeprägt, dass sogar Seokjin meinen echten Namen scheinbar vergessen hat. Er hat nämlich auf dem Krankenhausformular damals auch Kim So-mi geschrieben und nicht Kim Sophia.
Deshalb habe ich dir auch bisher noch nichts erzählt davon… niemand weiß davon. Und ich schwöre dir bei meinem Leben, dass das auch die einzige Sache war, bei der ich gelogen bzw. die ich verheimlicht habe.“

Yoongi hatte So-mis Erklärung bis zuletzt gelauscht, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen. Als sie dann fertig war mit ihrem Monolog, seufzte Yoongi einmal tief auf.
Ihr war klar, dass sie damit gerade eine ziemliche Bombe hatte platzen lassen, aber dennoch war sie gespannt wie ein Bogen, wie Yoongi darauf reagieren würde.
>Ob er mir noch immer böse ist, jetzt wo ich es ihm erklärt habe? Oder ob er mich jetzt verstehen kann? Hoffentlich muss ich keine Angst haben, dass er jetzt keine Beziehung mehr mit mir führen will.<, dachte So-mi und befand sich sofort wieder in einem Strudel aus Gedanken, den Yoongi allerdings unterbrach.
„Warum hast du mir noch nicht früher davon erzählt?“, wollte er als allererstes wissen und So-mi dachte kurz über das Warum nach. „Weil sich zum Einen nie ein so richtig passender Augenblick ergeben hat und weil es mir zum anderen schon so sehr in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass ich selbst gar nicht daran gedacht habe.“, antwortete sie ihm ehrlich.

Danach schwieg Yoongi und er schwieg tatsächlich so lange, dass So-mi sich ernsthafte Sorgen darüber machte, ob er sie nun überhaupt noch mochte. Erst eine unerträgliche Ewigkeit später sagte er irgendwann: „Ich kann deine Gründe nachvollziehen. Ich muss zwar ehrlich sagen, dass ich enttäuscht darüber bin, dass ich erst jetzt davon erfahre, aber ich kann es verstehen.“
So-mi fühlte sich, als würde ihr ein Stein in der Größe eines Autos vom Herzen fallen. „Du musst mir glauben, dass ich es dir nie bewusst verheimlicht habe.“, versuchte sie noch einmal klarzustellen und Yoongi nickte zur Bestätigung. „Schon okay.“, gab Yoongi nur von sich. >Jetzt fühle ich mich schlecht… ich habe diese schöne Stimmung zwischen uns zerstört.<

Erschrocken zuckte So-mi zusammen, als plötzlich ein lautes Knallen von draußen zu hören war. Für die Dauer ihres Gesprächs hatte So-mi komplett verdrängt, dass ja heute Silvester war und scheinbar war es jetzt gerade Mitternacht geworden.
Gedämpft klang das Jubeln der Menschenmenge aus dem Saal zu ihnen nach oben und So-mi sah Yoongi unterwürfig an. Durfte sie ihn jetzt zum Neujahr beglückwünschen oder wollte er lieber seine Ruhe haben?

„Na komm schon her.“, sprach Yoongi sie an, als hätte er wieder einmal ihre Gedanken gelesen und öffnete seine Arme einladend für sie. Das ließ So-mi sich nicht zweimal sagen und sofort umarmte sie ihren Freund.
„Es tut mir leid, Yoongi.“, nuschelte sie in sein Hemd, in dem sie ihr Gesicht versteckte, aber er drückte sie sanft von sich weg und erwiderte: „Das sollten nicht die ersten Worte sein, die du im neuen Jahr zu mir sagst.“
Er lächelte sie liebevoll an - sah glücklicherweise scheinbar über das Thema hinweg – und wartet auf eine Antwort von So-mi, die ihn allerdings zuerst einfach nur verwirrt ansah.
Es dauerte einen Moment, bis sie verstand, was Yoongi damit sagen wollte und bekam dunkelrote Wangen. „Ich liebe dich, Yoongi.“, flüsterte sie ihm leise zu und er erwiderte: „Ich dich auch, Sophia.“

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt