Kapitel 42

19 3 2
                                    

Bitte Kapitel 0 beachten :)
---------------

„Vielen Dank. Einen schönen Abend noch.“, verabschiedete So-mi sich höflich von dem Taxifahrer und schloss die Tür des Autos. Sobald sie die Autotür geschossen hatte, fuhr das Taxi wieder los und ließ sie alleine stehen. Unsicher sah So-mi sich um.
Sie stand in einer ziemlich belebten Straße, was trotz der späten Uhrzeit nicht verwunderlich war, denn So-mi erkannte anhand der Reklamen und den blinkenden Lichtern die Bars, Diskotheken und Spielhallen.
Als das Taxi in die Straße eingebogen war, hatte So-mi im ersten Moment daran gezweifelt, ob der Fahrer sie wirklich an die richtige Adresse gebracht hatte, aber der ältere Mann hatte seine Arbeit gemacht. Wenn dann glaubte So-mi eher daran, dass ihr ihr Cousin die Adresse falsch aufgeschrieben hatte.
>Und hier soll also Seokjins Lieblingsrestaurant sein?<, fragte So-mi sich und begann die Straße entlang zu laufen. Sie hielt Ausschau nach einem Gebäude, das wie ein Restaurant aussah und wurde innerhalb der Straße tatsächlich nur an einem kleinen Haus fündig.
Es sah aus wie die billige Nachmache eines China-Restaurants, mit roten Verzierungen und goldenen Drachen. So-mi beschlich der leise Verdacht, dass Jin sie verarscht hatte. Als ob ein Superstar wie er, der ohne Reservierung in die nobelsten Restaurants zum Essen gehen konnte, in einer heruntergekommenen Partymeile sein Lieblingsessen gefunden hätte.
Nichtsdestotrotz straffte So-mi ihre Schultern und marschierte geradewegs darauf zu. „He, pasch doch auf, Bitsch!“, fauchte sie eine äußerst betrunkene Frau an, die einen Meter neben So-mi stolperte und einfach so mal eben sie als die Schuldige ansah. Sie ignorierte die Frau, die nebenbei bemerkte ein so kurzes Kleid trug, dass man bereits die Hälfte ihres Hinterns erkennen konnte.
Stattdessen trat So-mi schnell in das Restaurant ein, um weiteren Stress mit betrunkenen Menschen zu vermeiden. Generell war es dort draußen sehr überfüllt und laut. Und obwohl es eigentlich zum Feiern noch früh war, waren viele Leute zu So-mis Leidwesen schon sehr betrunken.
>Ich hasse Betrunkene. Die haben sich einfach nie unter Kontrolle>, dachte sie und verfluchte Jin innerlich dafür, dass er sie hierhergeschickt hatte. Vor allem, weil So-mi mittlerweile klar war, dass er das wirklich nur gemacht hatte, um sie damit zu ärgern, denn nie und nimmer hatte dieser Mann bisher jemals in seinem Leben auch nur einen Fuß in diesen heruntergekommenen Billigladen gesetzt.
Es war rappelvoll hier drinnen.
An den Tischen saßen überall betrunkene Leute und zwischendrin huschten immer wieder schwerbeschäftigte, chinesische Mädchen herum, die Essen zu den Tischen brachten. Am Tresen stand eine kleine, alte Chinesin, die So-mi im Stress nur einen unhöflichen Seitenblick zuwarf. „Bestellen?“, fragte sie und So-mi kramte den Zettel von Jin hervor, um dessen Bestellung aufzugeben.

Fast eine ganze Stunde später stolperte So-mi von einer Meute betrunkener Männer gedrängt zurück auf die Straße. Sie seufzte schwer und rieb sich ihren schmerzenden Kopf.
Ihre Laune war über diese eine Stunde Wartezeit unter den Nullpunkt gesunken.
Die stickige Luft und der viel zu hohe Geräuschpegel hatten heftige Kopfschmerzen verursacht und als So-mi dann für die zwei Gerichte gezahlt hatte, hatte sie festgestellt, dass Jin ihr zu wenig Geld mitgegeben hatte.
Sie hatte die Taxifahrt und die beiden Gerichte genau bezahlen können, aber jetzt hatte sie kein Geld mehr für eine Rückfahrt nach Hause.
>Verdammt nochmal! Wie soll ich denn jetzt zurück nach Hause kommen?<, fluchte sie verzweifelt. „Heey! Nicht stehen blieben!“, wurde sie von hinten angemeckert und setzte sich deshalb ohne sich nach dem Störenfried umzudrehen in Bewegung.
Sie nahm die Plastiktüte mit dem Essen in die andere Hand und fischte ihr Handy aus ihrer Hosentasche. >Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn.<, schimpfte So-mi, denn ihr blieb nichts anderes übrig, als jemanden der Jungs anzurufen, dass er sie abholen sollte.
Wohlgemerkt hasste So-mi es, wenn sie schwach war und jemand anderen um Hilfe bitten musste. Sie hatte schon immer alles mit sich selbst ausgemacht und konnte es gar nicht leiden, wenn sie in der Schuld von jemandem stand.
Kurzzeitig überlegte So-mi, wen sie anrufen sollte, aber um kurz vor 24.00 Uhr war die plausibelste Antwort: Yoongi. Er war eine Nachteule und es war am wahrscheinlichsten, dass er noch wach war und am Produzieren war. Die anderen schliefen bestimmt schon alle, weil sie morgen wieder früh raus und ins Büro mussten.
Mit Sorge blickte So-mi auf die 5 Prozent verbleibenden Akku, die sie noch hatte, aber für einen kurzen Anruf würde das bestimmt noch reichen. >Immerhin würde mein Handy schon längst am Ladekabel hängen, wenn ich nicht nochmal rausgemusst hätte.<
Also wählte sie Yoongis Nummer und versuchte unter den lauten Geräuschen auf der Straße das Freizeichen in ihrem Handy zu hören. Es klingelte und klingelte. Nach einer halben Minute legte So-mi auf.
Langsam kroch Angst in ihr hoch. Sie kannte sich hier nicht aus und was war, wenn sie keiner holen kommen konnte? Würde sie dann die ganze Nacht hier blieben müssen? Sie konnte nicht zu Fuß nach Hause gehen, weil sie nicht mitten in der Nacht alleine durch die Stadt irren konnte.
Mit zittrigen Finger wählte So-mi Namjoons Nummer. Ihre Hoffnung war, dass er wie so oft noch mit einem guten Buch auf seinem Bett lag und las.
Tatsächlich hob dieser nach drei Freizeichen ab und fragte verwirrt: „So-mi? Was machst du? Wieso rufst du mich an? Komm doch rüber, wenn du was brauchst?“. Erleichtert atmete So-mi beim Klang seiner Stimme aus. Sie hatte vor Angst die ganze Zeit über die Luft angehalten.
„Sag mal, wieso ist es bei dir so laut? Wo bist du?“, erkundigte Namjoon sich mit jetzt schon deutlich mehr Sorge in der Stimme. „Hallo Namjoon.“, rief sie in das Handy und gegen die Lautstärke um sie herum. „Du musst mir bitte helfen. Ich weiß nicht wo ich bin und ich hab kein Geld mehr für ein Taxi!“.
„Wie bist du…“ So-mis Aufmerksamkeit wurde weggelenkt von ihren Gesprächspartner, hin zu einem Mann, der seinen Arm um ihre Schultern legte und mit einer deutlichen Fahne lallte: „Hey, Süße. Wenn du kein Geld für ein Taxi hast, dann weiß ich was, das du für mich tun kannst. Ich bezahl dich auch sehr gut dafür.“
So-mi versteifte sich und hielt bei dem schlechten Atem des Mannes sofort die Luft an. Sein Arm lag unangenehm schwer auf ihren Schultern und er stützte sich viel zu sehr auf ihr ab, sodass sie fast wegknickte unter seinem Gewicht. „So-mi?! Was zur Hölle ist da los?! Wo bist…“. Namjoons Stimme brach ab und panisch sah sie auf das Display ihres Handys, nur um festzustellen, dass es schwarz und der Akku leer war.
>Das ist doch jetzt ein schlechter Witz! Wie klischeehaft!<, dachte So-mi gleichermaßen verzweifelt und wütend und schob ihr Handy zurück in ihre Hosentasche, bevor sie versuchte von dem Mann loszukommen.
„Vielen Dank, aber ich komme klar.“, lächelte sie ihn erzwungen an und wollte seinen Arm von sich schieben. „Ach komm schon, Zuckerpüppchen. Stell dich nicht so an.“, hauchte der widerliche Mann und kam ihr dabei so unerträglich nah, dass So-mi am liebsten geschrien hätte.
„Bitte lassen Sie mich in Ruhe!“, forderte So-mi mit mehr Nachdruck in der Stimme und wehrte sich gegen seinen Griff.

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt