Kapitel 72

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„Gut, bitte füllen Sie das Formular soweit aus und unterschreiben Sie es dann, damit ich es an unsere Verwaltung weiterleiten kann. Währenddessen kläre ich Sie über So-mis Verletzungen auf.“
So-mis Arzt deutete ein paarmal auf dem Klemmbrett herum und nahm dann selbst einen weiteren Zettel zur Hand, der bis dahin an So-mis Bett gehangen hatte. „Also. Gehen wir alles der Reihe nach durch. Wir haben uns bisher noch nicht mit So-mi über den genauen Ablauf unterhalten und wissen daher nicht, wie genau all ihre Verletzungen zustande gekommen sind, aber darum wird sich in den kommenden Tagen ein Psychologe kümmern.“, wies der Arzt Seokjin vorab hin. Dieser nickte beiläufig, während er über etwas zu grübeln schien.

Wusste er vielleicht So-mis Geburtsdatum nicht? Warum ließ ihr Arzt sie das nicht einfach selbst ausfüllen? So-mi war doch soweit wieder in guter Verfassung. Zumindest so, dass sie selbst das Formular ausfüllen könnte.
So musste ihr Cousin alles für sie ausfüllen und da sie bisher nicht unbedingt das beste Verhältnis gehabt hatten, bezweifelte So-mi zum Einen, dass er alles wusste und zum Anderen hatte sie deshalb bloß ein schlechtes Gewissen. Er konnte sie nicht leiden und musste dann für sie Papierkram erledigen.

„Zuerst haben wir einmal So-mis rechtes Bein. Es ist gebrochen und wurde von uns soweit mit einem Gibs stabilisiert. Mehr kann man dafür nicht mehr tun und der Bruch wird über die Zeit von selbst ausheilen. Das wars dann aber leider auch schon mit den vergleichsweise harmlosen Verletzungen.
Als nächstes hätten wir den Milzriss als Grund für die Notoperation, der ihr durch stumpfe Gewalteinwirkung zugefügt wurde. Wie gesagt, wir wissen derzeit leider noch nicht, wie genau der Milzriss verursacht wurde, aber wir haben zumindest unser bestes gegeben und So-mi soweit wieder in Ordnung gebracht.“

Nach diesem Satz zwinkerte er ihr aufmunternd zu und So-mi lächelte schüchtern zurück. „Unschwer zu übersehen ist auch die ausgekugelte, linke Schulter. Wir haben sie wieder eingerenkt und entsprechend verbunden, sodass hier dasselbe gilt wie für das gebrochene Bein: Außer medikamentöser Behandlung kann man hier derzeit nichts weiter tun und es wird mit der Zeit von selbst verheilen.
Was mir im Moment noch ein bisschen mehr Sorgen bereitet sind So-mis Hände. Sie wurden laut der Polizisten, die So-mi gefunden haben, mit einem Kabelbinder zusammengebunden. Die Kabelbinder haben den Blutfluss ihrer Hände für eine lange Zeit sehr eingeschränkt, sodass ein paar von So-mis Fingern im Moment nicht mit Blut versorgt werden. Um genauer zu sein sind es zwei Finger an ihrer linken Hand.
Aktuell beobachten wir die Finger noch und machen immer wieder Tests damit, aber spätestens morgen brauchen wir bessere Zeichen, ansonsten müssen wir die beiden Finger leider abnehmen.“

Schockiert starrte So-mi auf ihre linke Hand hinunter. Mit den ganzen Schmerzmitteln, die sie intus hatte und mit der ganzen bisherigen Aufregung war ihr noch gar nicht aufgefallen, dass mit ihren Fingern etwas nicht in Ordnung war.
Tatsächlich sah sie tiefe, dunkelrote Striemen um ihre Handgelenke und ihre Hände selbst hatten beide eine ungesund dunkle Verfärbung, aber sie konnte alle Finger spüren und bewegen… außer ihren linken Ringfinger und den kleinen Finger. Diese waren noch dunkler als der Rest ihrer Gliedmaßen und Panik breitete sich in ihrem Inneren aus, als sie sie wirklich nicht bewegen konnte.
>Als gehörten sie gar nicht zu meinem Körper.<, dachte sie und starrte voller Angst darauf. Sie wollte nicht, dass ihr zwei Finger abgenommen werden mussten!

„Hey, hey. Nicht in Panik verfallen. Alles ist gut. Du bist im Krankenhaus und von bestem ärztlichem Personal umgeben. Ich verspreche dir, dass wir alles daran setzen werden, um deine hübschen Finger zu retten. Okay?“, sprach der Arzt So-mi an und riss sie somit aus ihrer aufkommenden Panikattacke.

Unsicher sah sie zu ihm hoch und nickte vorsichtig. Sie hatte wirklich Angst, aber sie vertraute dem Arzt und auch den Krankenschwestern, die sie bisher alle umsorgt hatten.
„Können wir fortfahren?“, fragte er sie mit einem fürsorglichen Lächeln und noch einmal nickte sie leicht.
„Dass die Entführerinnen So-mi die Haar abgeschnitten haben, ist zwar natürlich nicht schön, aber hat zum Glück nur ästhetische Auswirkungen und keine gesundheitlichen. Wichtiger ist das Schädel-Hirn-Trauma, das So-mi erlitten hat.
Wir haben sie dahingehend soweit stabilisiert, aber es ist derzeit wichtig, dass wir sie noch weiter sehr genau im Auge behalten, um nachwirkende Komplikationen auszuschließen. Das komplettiert die Liste soweit und bedeutet soweit, dass wir So-mi soweit aus dem kritischen Status herausbekommen haben und alle Verletzungen behandelt wurden. Insofern keine unerwarteten Komplikationen mehr auftreten, befindet So-mi sich also nun 'nur' noch zur Beobachtung im Krankenhaus.“

Nachdem der Arzt seinen Monolog beendet hatte, schwirrte So-mi der Kopf. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass es tatsächlich so schlimm um sie gestanden hatte und die Ärzte ihr wahrscheinlich wirklich das Leben gerettet hatten.
So-mi hatte immerhin so viel Allgemeinbildung, dass sie wusste, dass weder mit einem Schädel-Hirn-Trauma, noch mit einem Milzriss zu spaßen war.
Nun richtete sie ihren Blick das erste Mal auf ihren Cousin, der sich die ganze Sache schweigend angehört hatte. Sein Gesicht verriet keine einzige Emotion und So-mi war sich sicher, dass Seokjin einfach nur genervt davon war, dass er nun für sie die Verantwortung tragen musste.

„Das Einzige, was uns zusätzlich noch aufgefallen ist und was man vielleicht auch ansprechen sollte: Uns ist bei der Behandlung von So-mi aufgefallen, dass sie ziemlich dehydriert war und schon lange nichts mehr gegessen hatte. Die Dehydrierung wird zwar offensichtlich mit der Entführung zusammenhängen, aber nicht die Tatsache, dass sie schon lange nichts mehr gegessen hatte.
Man hat es während der Operation ganz klar erkennen können, dass sich keinerlei Nahrung in ihrem Magen befunden hat. Ich weiß natürlich nicht, in welchen Verhältnissen Sie und damit auch So-mi leben, aber ich denke ich brauche Ihnen nicht zu erklären, dass eine nicht vorhandene Ernährung genauso ungesund für den Körper sein kann, wie ein physische Verletzung.“

Ab diesen Zeitpunkt fühlte So-mi sich äußerst unwohl. Sie wollte weder dem Arzt, noch ihrem Cousin, noch irgendeinem anderen Menschen erklären müssen, weshalb sich in den vergangenen - mittlerweile - Wochen nicht gegessen hatte.
Sie bemerkte, dass Jin sie dieses Mal mit durchdringendem Blick ansah, aber er gab noch immer kein Wort von sich.
Unter seinem brennendem Blick fühlte So-mi sich zum Zerreißen angespannt.
>Wenn er doch wenigstens schreien, schimpfen oder sonst etwas machen würde! Dann wüsste ich wenigstens woran ich bin. Wenn er so still ist, macht er mir am meisten Angst.<

„Wenn Sie ansonsten keine Fragen haben, dann möchte ich mich entschuldigen. Ich muss zu meinem nächsten Patienten. Bitte geben Sie mir einfach das Klemmbrett und ich werde mich dann um alles weitere kümmern.“
So-mi sah dabei zu, wie Seokjin das Formular unterzeichnete und an den Arzt überreichte, der dieses bereitwillig an sich nahm und dann mit großen Schritten und einem letzten Gummibärchen-Grinsen für So-mi das Zimmer verließ. Diese schluckte trocken, als die Türe zuging und sie nun mit ihrem Cousin alleine war.

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt