Kapitel 55

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Mit einem herzhaften Gähnen lehnte So-mi sich in ihrem Bürostuhl zurück und streckte sich ausgiebig. Ihr Nacken schmerzte von ihrer ungesunden Haltung, weshalb sie ihren Kopf kreisen ließ und ihre Finger massierend in die Stelle an ihrem Nacken drückte.
Sie wusste selbst, dass sie leicht dagegen etwas unternehmen könnte, wenn sie vielleicht ein bisschen mehr Sport machen würde - generell einfach ein bisschen fitter wäre -, aber dafür müsste sie überhaupt erst einmal mit dem Sport anfangen und das war einfach nichts für sie. So-mi konnte sich für Sport weder begeistern, noch - wenn sie es schon mal tat - ihn auch wirklich durchziehen.

Nachdem So-mi jetzt alle Videos durchgearbeitet hatte, öffnete sie auf ihren PC den Zeitenplan, den sie und die Mitarbeiter der Medienabteilung sich teilten.
Sie suchte sich heraus, wann als nächstes welches Video auf dem Youtube-Channel hochgeladen werden musste und stellte fest, dass es heute Zeit für das Video von Namjoons Werbespot war, den er vor einigen Tagen für das Speise-Salz gedreht hatte.
Der Spot lief sogar bereits im Fernsehen und die Jungs hatten sich köstlich über Namjoons 'nettes Outfit' amüsiert. Auch So-mi hatte nur darüber lachen können, aber sie war weitestgehend höflich gewesen und hatte ihr Kichern deshalb hinter ihrer Hand versteckt.

Mit einem Schmunzeln öffnete sie die Internetseite von Youtube, um das Video hochzuladen. Sie füllte den kurzen Fragebogen zum Video aus, den Youtube vor einem Upload immer abfragte, gab dem Ganzen dann noch einen Titel und kopierte sich aus einer Vorlage die Beschreibung für das Video heraus, die sie schon vor einigen Tagen geschrieben hatte.
Während das Video dann hochgeladen wurde, meldete So-mi sich in dem offiziellen Instagram-Account von BigHit Entertainment an, um Werbung für das gerade geschaltete Video zu machen. Immerhin sollten die Fans von BTS erfahren, dass es neuen Nachschub gab.

Zufrieden lehnte So-mi sich erneut zurück, massierte wieder die Stelle an ihrem Nacken und beobachtete den Upload-Balken dabei, wie er immer weiter anwuchs.
>95, 96, 97, 98, 99 …. und 100 Prozent. Passt. Perfekt.<, dachte So-mi und wollte Youtube gerade schließen, als sie spontan den Entschluss fasste, dass sie sich die Kommentare der letzten Videos durchlesen wollte.
Es war immer schön zu lesen, wie die Fans sich darüber freuten und wie sie die Jungs anhimmelten. So-mi konnte sie voll und ganz verstehen. Namjoon und die anderen sahen aber auch einfach alle zum Anbeißen aus und waren zusätzlich die zuvorkommendsten Menschen, denen So-mi jemals begegnet war.

„Yoongi marry meee“

„Jin ist mein Bias. Ich liebe ihn einfach. Seht euch an, wie gut er aussieht!“

„Wann kommt BTS nach Griechenland?“

„Schöne Grüße aus Argentinien.“

Eine ganze Weile lang las So-mi fast ausschließlich solche Nachrichten, die standardmäßig unter jedem Video zu finden waren. Aber dann erregten andere Kommentare ihre Aufmerksamkeit.

„Wer ist eigentlich diese Neue?“

„Man kann Nichts erkennen, weil sie die Unbeteiligten immer verpixeln.“

„Ist das eine neue Mitarbeiterin? Ich hab sie jetzt schon in ein paar Videos erkannt, auch ohne das Gesicht. Diesen hässlichen Körper erkennt man auch ohne. Schaut euch mal diese furchtbaren Proportionen an. So ein fetter Arsch *würg*“

So-mi fühlte sich, als hätte sie gerade einen Schlag in den Magen kassiert. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, der sich nicht mehr herunterschlucken ließ und sie bemerkte augenblicklich, wie sich selbstkritische Gedanken in ihrem Kopf breitmachten, als sie die Kommentare las, die ihre eigenen Befürchtungen über ihren Körper ansprachen.

„Du hast Recht. Wie kann man nur so kleine Brüste und dafür dann so einen fetten Arsch haben?! Findet die überhaupt Hosen in ihrer Größe? Ich muss unbedingt wissen, wer die ist, die sich da so an meinen Jungkookie ranschmeißt!“

„Seht euch die Blicke an, die Jungkook ihr zuschmeißt, wenn sie vor ihm steht und ihn schminkt. Sie ist bestimmt eine Mitarbeiterin.“

„Diese Schlampe lässt sich bestimmt von ihnen allen ficken! Ich hasse sie schon jetzt!“

Seitenweise solcher Kommentare befanden sich unter dem aktuellsten Video und So-mi las sich jeden einzelnen von ihnen durch.
Diese Fans, die sie derart niedermachten, führten eine ganze Konversation unter dem Video und fachsimpelten darüber, wer So-mi wohl war.
Die Tränen brannten in ihren Augen und sie war heilfroh darüber, dass zumindest ihr Gesicht vor den Angriffen durch diese Leute geschützt war. >Immerhin ist mein Gesicht auch nicht schöner als der Rest von meinem hässlichen Körper.<, dachte So-mi niedergeschlagen und schlag die Arme um sich selbst.
Wieso musste es immer und überall auf der Welt Menschen geben, die ihr ihr Glück nicht gönnten? So-mi war das erste Mal in ihrem Leben glücklich und zufrieden mit ihrer Situation und das hatte lediglich ein paar Monate angehalten, bevor wieder jemand auf der Bildfläche erschien, der es ihr nicht gönnte oder ihr Glück sogar aktiv wieder zunichte zu machen versuchte.

Wie in Trance starrte So-mi auf die Tastatur vor ihrem Computer. Obwohl sie selbst sowieso immer derart schlecht von sich dachte, tat es dennoch weh, wenn sie las, wie andere Leute sich über ihre Hässlichkeit unterhielten. >Ich weißt, dass ich viel zu dick bin…<, dachte sie niedergeschlagen und schob demonstrativ die angefangene Lunchbox beiseite.
Der Appetit war ihr definitiv vergangen. >Wenn ich bei den Jungs bleiben will, muss ich unbedingt unauffälliger werden… also sollte ich abnehmen. Ich sollte einfach nichts mehr essen. Früher haben sie mir Zuhause oft genug nichts zu essen übrig gelassen. Ich weiß noch, dass der Hunger irgendwann aufhören wird. Ich muss einfach nur den Anfang durchhalten.<

Namjoon kam ihr in den Sinn und So-mi stellte sich die Frage, weshalb er wohl mit ihr schlief? >Er schläft bestimmt nicht mit mir, weil ich ihm gefalle und ihn anmache. Wahrscheinlich würde er jede andere Frau mir vorziehen… Deshalb will er ja auch nicht, dass die anderen davon erfahren. Er schämt sich dafür.<

So-mis Strudel aus negativen Gedanken zog sie immer weiter hinunter und sie wünschte sich in ihr Bett. Der Gedanke, dass sie im Moment noch in der Arbeit saß und noch so vielen Menschen begegnen musste, bevor sie sich in ihr Bett zurückziehen konnte, verängstigte sie.
Sie hatte keine Kraft mehr dazu, anderen Menschen zu begegnen und bei dem Gedanken, dass sie sich bis Zuhause verstellen und glücklich spielen musste, wurde ihr übel.

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt