15. Kapitel

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Am Morgen dieses Tages war ich aufgewacht und hatte beschlossen, dass ich mir den Rat von Grace endlich zu Herzen nehmen würde. Ich hatte etliche Male meine Flugdaten von London nach Texas eingegeben. Aber jedes mal, wenn ich meine Kontodaten eingeben sollte um den Flug zu buchen, schloss ich das Fenster wieder, weil ich es nicht konnte. Ein zu großer Widerstand war zu spüren, der mich davon abhielt. Um von den Gedanken weg zu kommen, fuhr ich zu Theo in den Laden, um etwas zu arbeiten. Es machte mich verrückt, wenn mich etwas so sehr beschäftigte, dass ich nicht aufhören konnte daran zu denken. Da Theo noch andere Dinge zu tun hatte, ging er gegen Nachmittag. Als ich mit der Arbeit fertig war, versuchte ich erneut mich zu überwinden die Buchung endlich abzuschließen.

2,5 Stunden und eine Flasche Wein später, hatte ich es dann geschafft. In 3 Tagen ging mein Flug nach Houston und ich fürchtete mich. Ich fürchtete mich wie ein kleines Kind. Ich kam mir erbärmlich vor und ich ärgerte mich darüber, dass nach so vielen Jahren noch so viele Emotionen daran hingen. Warum konnte ich nicht so gefühlskalt sein und dies alles spurlos an mir vorbei gehen lassen? Bei der Sache mit Aiden funktionierte das bis jetzt bestens. Ich hatte das Thema so weit verdrängt, dass ich gut damit leben konnte. Aber auch nur, weil ich mich damit nicht konfrontierte. Ich fühlte mich wie eine tickende Zeitbombe. Würde ich mich damit konfrontieren, ging sie wahrscheinlich hochgehen und ich würde an all dem zerbrechen.

Als ich gerade von der Toilette kam und mich wieder auf den Stuhl an meinem Schreibtisch gesetzt hatte, hörte ich das klingeln der Glocke am Eingang. Kurz darauf das Geräusch der Tür die ins Schloss fiel. Ich hatte vorne schon wieder nicht abgeschlossen. Ich war 23 aber hatte das Gedächtnis einer Rentnerin.

„Theo?" Stille. „Sawyer?" nichts. Ich erinnerte mich daran, dass ich schon einmal diese äußerst gruselige Situation hatte. Jetzt war es zwar noch nicht komplett dunkel draußen aber durch das regnerische und bewölkte Wetter, wirkte der Laden dunkel und unheimlich.

Wie auch beim letzten mal, griff ich nach dem silbernen Brieföffner, der etwas abseits am Rand der Schreibtisches lag. Langsam erhob ich mich und lief mit leisen Schritten nach vorne. Ich wusste nicht warum mir solche Situationen immer diese Angst machten aber es war so. Ich war hier ganz alleine. Ich fürchtete mich davor von jemandem ermordet zu werden. Oder sogar schlimmeres..

Als ich vorne ankam, ließ ich meinen Blick für einen Moment suchend im Ladenbereich umher wandern. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich niemanden sehen konnte. Augenblicklich blieb mir der Atem stehen als ich im Augenwinkel eine Gestalt wahrnahm.

„Du weißt schon dass du damit nicht viel anrichten kannst, oder?" ich spürte wie sich eine andere Hand um mein Handgelenk legte und mir den Brieföffner abnahm, was dafür sorgte, dass ich heftig zusammen zuckte. Sofort machte ich reflexartig einige Schritte zur Seite, wobei ich mit meiner Hüfte unsanft gegen den Verkaufstresen stieß.

Erleichtert atmete ich auf als ich sah, dass es Sawyer war. Sein Gesichtsausdruck war etwas amüsiert, wodurch mir klar wurde, dass er sich einen Spaß erlaubt hatte.

„Du hast mich erschreckt." gab ich zu und rieb mir jetzt mit meiner Hand über die schmerzende Stelle an meiner Hüfte. Sein Blick fiel nun ebenfalls darauf.

Für einige Sekunden lag ein kleines Lächeln auf seinen Lippen, was mir eindeutig bestätigte, dass er das super witzig fand. Dabei reichte er mir den Brieföffner wieder.

„Ich hoffe wir sind uns einig, dass du ein Idiot bist." entgegnete ich, nahm ihn wieder an und lief an ihm vorbei und zurück in das kleine Büro, wo ich mich erneut auf meinen Stuhl setzte um den Brieföffner weg zu legen.

„Wovor hast du denn Angst?" fragte er mit rauer Stimme und lehnte sich an den Türrahmen des Büros. Ich konnte deutlich seinen Blick auf mir spüren.

Between Tears and Whisky SourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt