55. Kapitel

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Eine Dunkelheit umgab Sawyer und mich augenblicklich, als wir in seine Wohnung eingetreten waren und er die Tür hinter sich ins Schloss gedrückt hatte. In seiner Wohnung brannte kein Licht. Die einzige Quelle, von der etwas Licht zu uns drang, war die leuchtende Londoner Skyline, die durch die hohe Fensterfront schien. Für einige Sekunden standen wir einfach nur stumm da. Keiner von uns sagte etwas. Das einzige Geräusch, das man in diesem Moment vernehmen konnte, war der Regen von draußen und wie das Wasser von unseren durchnässten Körpern auf den Holzboden tropfte. Trotz der Dunkelheit konnte ich sehen dass er zu mir rüber sah. Genauso, wie ich zu ihm.

Daraufhin löste er seine Aufmerksamkeit von mir und wendete sich ab, um eine Lampe anzuschalten, die unmittelbar von ihm entfernt auf einem kleinen Schrank stand. Sofort wurden wir und alles in diesem Flur in ein angenehmes, warmes Licht getaucht. Dann zog er seine Jacke aus, die er statt sie aufzuhängen, neben sich auf den Boden fallen ließ, weshalb meine Augen ihr folgten.

„Komm mit", wies er mich nun mit ruhiger Stimme an, als er langsam an mir vorbei ging und dem Flur ein kurzes Stück in die andere Richtung folgte. Dies war ein Teil seiner Wohnung, den ich bis jetzt noch nicht gesehen oder betreten hatte. Für eine Weile blieb ich regungslos stehen und folgte ihm nur mit meinem Blick. Als er jedoch eine Tür öffnete, davor stehenblieb und wartend zu mir zurücksah, zog ich meine Schuhe aus und tat es.

Als ich neben ihm ankam und mit etwas verwirrtem Blick in den Raum hineinspähte, stellte ich fest, dass es sich um ein großes Schlafzimmer handelte. Vermutlich war es ein Gästezimmer. Es war überaus ordentlich und freundlich eingerichtet, aber es roch neu, so als wäre es noch nicht häufig benutzt worden. Die vermutete Tatsache, dass Sawyer nicht häufig Besuch empfing, überraschte mich keinesfalls.

„Hier kannst du dich abtrocknen. Im Badezimmer ist ein Wäschetrockner, wo du deine Sachen reinmachen kannst", erklärte er, als ich wieder zu ihm zurücksah. Der Ausdruck in meinem Gesicht muss ihm gezeigt haben, dass ich etwas auf dem Schlauch stand und nicht ganz verstand, weshalb er mir diesen Raum zeigte.

Langsam nickte ich und trat in das Zimmer ein. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie er die Tür hinter mir schloss, weshalb ich nochmals für einen kurzen Moment zu ihm zurücksah, bevor ich schließlich alleine im Raum war..

Das erwähnte Badezimmer war recht klein und schmal, sodass es auf den ersten Blick nicht ansatzweise so beeindruckend wie der Rest der Wohnung wirkte. Wenn man hineintrat, fand man auf der linken Seite eine gläserne Dusche vor. Über die gesamte rechte Seite zog sich ein langes, eckiges Marmorwaschbecken mit einer verspiegelten Wand dahinter. Wenn man jedoch weiter hindurchlief, fand man sich auch hier vor einer meterhohen Fensterfront wieder, die einen weiten Blick über die ganze Stadt erlaubte. Ich erwischte mich dabei, wie ich darüber spekulierte, welches Vermögen Sawyer besitzen musste, um solch eine Wohnung zu haben – wie viel davon er durch seine Bar verdient hatte und wie viel durch die Geldwäsche.

Hastig zog ich jedes einzelne Stück meiner nasskalten Kleidung aus und ließ sie vor mir auf den warmen Fußboden fallen. Dann griff ich nach einem der Handtücher und trocknete mir damit zuerst meine Haut und dann auch, so gut es ging, meine Haare ab. Daraufhin wickelte ich es mir um den Körper und tat meine Anziehsachen in den Trockner.

Nachdem ich das schnellste Programm mit 1,5 Stunden angeschaltet hatte, lief ich zurück in das Schlafzimmer, wo ich ein paar Schubladen und Schränke öffnete, um nach alternativer Kleidung zu suchen. Als ich alles durchforstet hatte, musste ich jedoch zu meinem Bedauern feststellen, dass nichts vorhanden war, das ich hätte anziehen können. Während ich für einen kurzen Augenblick darüber nachgedacht hatte, was ich nun machen sollte, fiel mein Blick auf eine weiche Fleecedecke, die zusammengefaltet auf dem Bett neben mir lag. Dann müsste diese wohl für die nächsten 1,5 Stunden hinhalten...

Between Tears and Whisky SourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt