37. Kapitel

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Ohne auf seine letzten Worte zu antworten, hielt ich seinem ernsten Blick für einen kurzen Moment stand. Die Tatsache über die existierende Realität prallte gerade mit einer extremen Wucht auf mich ein, weshalb ich mich und meinen Blick von ihm abwendete. Ich würde nicht die Person sein, die Sawyer oder seinem Bruder einen Strich durch die Rechnung machte, indem ich irgendjemandem etwas davon erzählte. Früher oder später würde Blake wahrscheinlich selbst dafür sorgen, dass es aufflog. Ich war mir sicher, dass sein Drogenkonsum ihn im Laufe der Zeit verändern würde. Und dann würde er Sawyer mit in den Abgrund reißen...

Innerhalb von ein paar Sekunden merkte ich, wie mir die Gedanken daran die Kehle zuschnürten, sodass mir das Atmen schwerer fiel. Der in meiner Brust zunehmende Druck gab mir ein beklemmendes Gefühl, welches ich bis dahin noch nie in irgendeiner Situation gespürt hatte. Und das machte mir Angst. Hilfesuchend ließ ich meine Augen nach meiner Tasche im Raum umherwandern. Ich musste dringend hier raus und an die frische Luft, weg aus dieser Situation, weg von diesem Laden, weg von ihm und weg von diesen Gedanken.

„Was ist mit dir?", vernahm ich Sawyers raue, aber zugleich ruhige Stimme, während ich deutlich seinen Blick auf mir spürte.

„N-Nichts. Ich werde jetzt gehen", antwortete ich kühl und wollte an ihm vorbeilaufen, als ich meine Tasche auf einem der Sessel liegen sah, wo ich sie anscheinend vorhin abgelegt hatte.

„So siehst du aber nicht aus. Und so möchte ich dich jetzt nicht gehen lassen", entgegnete er und machte einen Schritt zur Seite, um sich mir in den Weg zu stellen. Sofort merkte ich, wie mich die Situation, in der ich mich gerade befand und aus der ich nicht so schnell rauskam, wie ich es gerne wollte, überforderte. 

Der Druck in meiner Brust und das erschwerte Atmen nahm augenblicklich zu, weshalb ich mich erneut von ihm wegdrehte. Mit meinen kaltschweißigen und zittrigen Händen stützte ich mich an dem Holztresen ab, dem ich mich nun zugewendet hatte, um auf ihn herabzustarren. Der Gedanke daran, dass Sawyer nur einige Zentimeter von mir entfernt stand und mich dabei beobachtete, wie mein Körper und meine Psyche in einen Ausnahmezustand gerieten, machte alles noch schlimmer. Ich hasste es, verletzlich zu sein. Und noch mehr hasste ich, wenn es andere Menschen mitbekamen...

Nachdem ich eine Weile einfach nur so dastand und verzweifelt versuchte, Halt an dem Tresen zu finden, spürte ich plötzlich seine Präsenz dicht hinter mir. Zuerst nur die Wärme, die von ihm ausging, dann seinen Atem an meinem Ohr und ein paar Sekunden später seine Hände, die sich auf meine legten. Mein Rücken lehnte jetzt an seiner Brust, wodurch ich seinen regelmäßigen Herzschlag vernehmen konnte, an dem ich mich versuchte für meine Atemzüge zu orientieren. Seine Berührung auf meiner Haut gab mir ein Gefühl von Sicherheit und brachte mich langsam ins Hier und Jetzt zurück.

„A-Alles Gute zum Geburtstag", brachte ich nach einer gefühlten Ewigkeit mit heiserer Stimme heraus, als ich mich wieder in der Lage empfand zu sprechen. Ich hatte mich plötzlich daran erinnert, dass er heute Geburtstag hatte, weshalb sich diese Worte nun auf meine Zunge legten und ich sie aussprach.

Ohne etwas auf meine Worte zu sagen, löste er seine Hände von meinen, weshalb ich meinen Blick wieder aufrichtete und mich langsam zu ihm umdrehte. Ich war mir nicht sicher, ob ich mir das einbildete, aber in seinem Gesichtsausdruck lag etwas Erleichtertes, als ich wieder zu ihm aufsah. 

Vorsichtig hob ich meine Hand und strich damit kurz über seine Wange, bevor ich mich zu ihm vorbeugte und ihm einen sanften Kuss darauf gab. Zuerst war es mir egal, dass es womöglich unangebracht sein könnte, da es nicht zu den Dingen gehörte, die wir taten. Dann aber doch, weshalb ich mich wieder von ihm löste. „Ich verspreche dir, dass ich niemandem etwas sagen werde", bestätigte ich ihm endlich das, was er vorhin gesagt hatte.

„Okay", entgegnete er knapp und nickte anerkennend. Dabei bemerkte ich, wie seine Aufmerksamkeit für einen Augenblick auf meine Lippen fiel, bevor er ebenfalls seine Hand hob und leicht mit seinem Daumen darüber strich. Auch wenn es heute Abend wirklich das letzte Mal sein könnte, dass wir uns sahen, konnte ich diese eine Regel nicht brechen, auch wenn ich ihn genauso gerne küssen wollte wie er mich.

Langsam legte ich meine Hand an seine und löste sie von meinem Gesicht. Statt sie aber einfach loszulassen, fuhr ich mit ihr sanft über meine Brust, über meine Taille und dann weiter nach unten, über meinen Oberschenkel. Zuerst folgten seine Augen der Bewegung, aber fanden dann zurück zu meinen, als ich mit seiner Hand auffordernd zwischen meine Beine fuhr.

Zu Beginn dachte ich, dass er meine Aufforderung vielleicht ablehnen würde, als er mich für einen kurzen Moment nachdenklich ansah. Als ich allerdings merkte, dass er mit seiner Hand zuerst nur über die Innenseite meines Oberschenkels strich und dann zurück in meinen Schritt fuhr, war mir klar, dass er es nicht tat. Direkt entfloh mir ein leises Stöhnen, weshalb ich mir etwas auf meine Unterlippe biss, als er in den Stoff meines Slips wanderte. Seine Berührungen fühlten sich wie Folter an, und von Sekunde zu Sekunde stieg in mir das Bedürfnis an, ihn tief in mir zu spüren.

In dem Moment, in dem ich merkte, dass ich durch seine äußerlichen Berührungen einem ersten Orgasmus immer näher kam, stoppte ich schnell seine Handbewegung. Als ich meinen Blick zurück in sein Gesicht richtete, sah ich das minimale Schmunzeln, das sich auf seine Lippen geschlichen hatte. Er wusste mittlerweile genau, dass ich nicht auf diese Weise kommen wollte.

Schnell fuhr ich mit meinen Händen zu dem Verschluss der schwarzen Hose, die er trug, um zuerst nur den Knopf und dann den Reißverschluss zu öffnen. Währenddessen griff er mit seiner Hand in die hintere Hosentasche und zog ein Kondom heraus, welches er öffnete, um es sich einen Augenblick darauf überzuziehen. Danach legte er seine Hände um meine Taille und hob mich auf den Bartresen, in dessen unmittelbarer Nähe wir uns noch immer befanden. Dann strich er den Stoff meines Kleides ein Stück nach oben und umgriff die Seiten meines Slips, um mir diesen von meinen Beinen zu streifen und auf den Boden fallen zu lassen.

Alleine diese unbedeutend wirkende Berührung bereitete mir eine gewaltige Gänsehaut, die sich über jeden einzelnen Zentimeter meines gesamten Körpers ausbreitete. Mit meinen Armen stützte ich mich nach hinten auf dem Holztresen ab und sah in seine Richtung. Sawyer warf einen kurzen Blick zwischen uns, aber fand dann mit seinen Augen zurück zu meinen. Dabei konnte ich ihn bereits an mir spüren, was die Vorfreude in mir fast zum Überkochen brachte. Dann, innerhalb einer weiteren Sekunde, drang er langsam in mich ein, bis er mich komplett ausfüllte.

„Oh mein Gott...", stöhnte ich und presste meine Lippen aufeinander. Sofort warf ich meinen Kopf in den Nacken, als ich spürte, wie tief er sich gerade in mir befand. Noch nie zuvor hatte er sich so gut in mir angefühlt wie in diesem Moment. Seine Hände hinterließen ein starkes Kribbeln auf meiner Haut, als sie meine Taille, meine Oberschenkel und meinen Po umgriffen, um mich näher an sich heranzuziehen, sodass ich ihn noch intensiver spüren konnte. Allein der lustvolle Blick, der in seinen Augen lag, während er mich vögelte, könnte ausreichen, um mich zum Kommen zu bringen. Und das tat er. Immer und immer wieder...

Es war nichts Neues, dass Sawyer genau wusste, was er tun musste, um mir das zu geben, was ich wollte und brauchte. Was allerdings neu für mich war, war die Art, wie mein Körper sich dabei anfühlte. Heute war es anders und nicht vergleichbar mit allen anderen Malen, in denen wir miteinander geschlafen hatten. Mein Körper hatte ganz anders auf ihn und seine Berührungen reagiert. Mein Herz schlug mir plötzlich bis zum Hals, und ich bekam Gänsehaut an Stellen, an denen ich nie zuvor Gänsehaut verspürt hatte.

Als ich den ganzen vergangenen Abend Revue passieren ließ, wurde mir etwas bitterlich bewusst: Diese unangenehme Situation von vorhin, in der ich das Gefühl hatte, nicht atmen zu können, war Panik. Sie kam plötzlich in mir auf, als ich mich damit konfrontierte, dass er früher oder später einen Nachteil von diesem illegalen Geschäft haben würde. Und zu realisieren, mit welcher Leichtigkeit er mich aus dieser Panik herausholen konnte, indem er einfach nur bei mir war zeigte mir, dass es sich dabei nicht um einen Zufall handelte. Nichts von alledem war ein Zufall. Auch wenn es das Letzte war, was ich wollte, musste ich mir eingestehen, dass ich mich in Sawyer verliebt hatte...

Between Tears and Whisky SourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt