20. Kapitel

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Ich musste mir eingestehen, dass ich mit jemandem über das reden musste, was in den USA passiert war. Darüber, dass der Tod meiner Mutter nicht spurlos an mir vorbei gegangen war wie ich gehofft und erwartet hatte, sondern etwas in mir auslöste, dass ich besprechen musste. Wäre ich aktuell vollkommen bei Verstand gewesen, hätte ich nicht ohne darüber nachzudenken, sofort etwas von der Pille eingeworfen, als ich nachhause kam. Ich wusste, wie hoch MDMA in der Regel dosiert wurde, weshalb ich nur 1/4 davon nahm. Einfach nur, um mich für ein paar Stunden nicht mehr so zu fühlen, wie ich mich aktuell jeden Tag fühlte. Ich hätte warten können, bis ich in einen Club gegangen wäre, in dem der Konsum weniger bedenklich gewirkt hätte als zuhause alleine. Aber das tat ich nicht. Nun lag ich auf meinem Bett und wartete darauf, dass die Wirkung einsetzte und dafür sorgte, dass mich die Euphorie nur so durchströmte. Denn das war es, was ich wollte.

Nach ungefähr einer halben Stunde, merkte ich, wie die Tablette zu wirken begann. Ich hatte wirklich vergessen, wie wahnsinnig gut es sich anfühlte. So gut, dass ich mir wünschte, dieses Gefühl würde für immer anhalten. Es erinnerte mich an das kurze Glücksgefühl, welches ich nach einem Orgasmus verspürte. Nur um einiges intensiver. Neben der ansteigenden Euphorie, machte sich auch noch ein anderes Gefühl in mir breit, das ich seit einiger Zeit vermisst hatte. Es war Erregung, weshalb meine Gedanken augenblicklich zu Sawyer schweiften. Ich war mir sicher, dass ich mir nicht ansatzweise vorstellen konnte, wie unglaublich gut es sich anfühlen musste, high Sex zu haben.

Ich: Können wir uns sehen? -J

Mit schnellen Fingern tippte ich die Nachricht in mein Telefon ein, um sie ihm anschließend zu senden. Ich versuchte mir nicht allzu große Hoffnungen zu machen, dass er in der nächsten Zeit antworten würde. Es war Freitag Abend und wahrscheinlich war er in seiner Bar. Zu meinem Glück stellte ich fest, dass er es nicht war, als er mir innerhalb einer Minute antwortete.

Sawyer: Ja. Ich bin zuhause...

-

„Ich nehme an, dein kleines Problem von letztens ist pasé?" fragte Sawyer, der wie gewohnt lässig im Türrahmen seiner geöffneten Wohnungstür lehnte und seinen Blick auf mich gerichtet hatte, als ich aus dem Fahrstuhl trat und mit langsamen Schritten auf ihn zu kam. Mit etwas Abstand zwischen uns, machte ich vor ihm halt. Ich musste mir eingestehen, dass es mir lieber gewesen wäre, wenn er unser letztes Treffen vergessen hätte. Und ich auch. Den Abgang den er danach hingelegte, hatte mir gezeigt, dass es ihm genauso wenig in den Kram passte wie mir.

„Ich bin hier um es herauszufinden." antwortete ich ehrlich und legte meine Hand an den Reisverschluss meiner Jacke, um diesen langsam zu öffnen. Darunter trug ich nichts, außer einem T-Shirt. Obwohl ich Erregung spürte, die ich beim letzten Mal vermisst hatte, wusste ich nicht, ob heute alles wieder wie normal funktionieren würde. Innerlich betete ich, dass es so war. Ich wollte nicht wieder in eine Situation kommen in der ich ihm womöglich irgendetwas erklären musste, warum mein Körper nicht so funktioniert wie er sollte.

Seine Augen folgte meiner Handbewegung und hingen für eine Weile an meinem Oberkörper. Ich spürte, dass meine Brustwarzen aufgrund der Kälte, aus der ich eben kam, versteift waren und sich durch mein T-Shirt drückten. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass ich drauf war, aber es fiel mir in diesem Moment ausgesprochen schwer, aus seinem Gesicht zu lesen was gerade in seinem Kopf vor sich ging. Es war nicht so, dass dies sonst der Fall war, bei seiner ernsten und kühlen Miene, die er zu 99% der Zeit aufgesetzt hatte. Ich wollte einfach nur einschätzen können, ob er es gut fand das ich hier war oder nicht.

Sawyer löste seinen Blick wieder von mir und wendete mir den Rücken zu, um zurück in seine Wohnung zu gehen, so dass ich eintreten konnte. Jedes mal wenn ich hier war, drang mir dieser wahnsinnig angenehme Geruch in die Nase. Es roch nach Zuhause und.. nach ihm. Undefinierbar.

Between Tears and Whisky SourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt