„Ich bin schwanger", brachte ich diese drei Worte endlich mit heiserer Stimme über meine Lippen, nachdem ich für eine gefühlte Ewigkeit stumm in mein Glas hinein gestarrt hatte. Gleich darauf nahm ich einen großen Schluck daraus, wodurch sich zunächst nur ein Brennen in meinem Hals ausbreitete, das jedoch in eine angenehme Wärme in meinen ganzen Körper überging.
Aufgrund der unerwarteten Stille, die trotz dieses Satzes herrschte, richtete ich meinen Blick langsam auf und sah nun in das verdutzte Gesicht von Grace, die entspannt neben mir auf der Couch saß und ihren Wein im Glas schwenkte. „D-Du verarscht mich, oder?", fragte sie überrascht und hörte dann augenblicklich damit auf.
„Ich wünschte, es wäre so, glaub mir", gab ich zu und beugte mich nach vorne, um mein Glas auf dem Wohnzimmertisch abzustellen und mir erneut etwas nachzuschenken. Wie sehr ich mir wünschte, dass ich einfach nur einen dummen Witz darüber machen könnte.
Nachdem Blake meine Wohnung verlassen und ich deshalb beinahe einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, zwang ich mich dazu, den Test zu machen. Zu meinem Bedauern war dieser positiv. Ich versuchte, mich nicht in die Sache hineinzusteigern und schwor mir, erst dann Panik zu bekommen, wenn ich mir diesbezüglich ganz sicher war. Also rief ich noch am selben Tag bei meiner Gynäkologin an und vereinbarte einen Termin.
Am Vormittag dieses Tages war es dann soweit. Der Moment, von dem an ich es mir erlaubte, panisch zu werden, war gekommen. Die Ärztin bestätigte mir tatsächlich eine Schwangerschaft. Im Anschluss der Untersuchung, nachdem sie mir ein kleines Ultraschallbild ausgedruckt und in die Hand gedrückt hatte, bot sie mir ein kurzes Beratungsgespräch an, um mich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten ich nun hätte. Dies lehnte ich allerdings ab, denn ich wusste genau, dass es für mich nur eine einzige Sache gab, die ich tun konnte und wollte. Und das war, das Kind nicht zu bekommen.
„Und von wem ist es?", fragte Grace noch immer überrascht. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass sie zu mir rüber sah und mit den Augen der Bewegung meiner Hände folgte.
„Unwichtig", entgegnete ich knapp und schüttelte dabei leicht meinen Kopf. Dann lehnte ich mich, mit meinem Glas in der Hand, auf der Couch zurück und nahm einen weiteren Schluck daraus. Anschließend richtete ich meinen etwas verträumten Blick erneut in das Glas hinein.
„Und woher kennen unwichtig und du euch?", fragte sie wieder. Ich hätte wissen müssen, dass Grace bei dem Thema nicht einfach locker lassen würde, auch wenn ich ihr zu verstehen gab, dass ich nicht darüber reden wollte. Das war die hartnäckige, angehende Juristin in ihr.
„Tun wir nicht. Nicht richtig zumindest", antwortete ich und richtete meinen Blick jetzt auf ihren. Der Ausdruck, der sich nun in ihr Gesicht legte, war verwirrt.
„Ich verstehe nicht ganz", sagte sie und runzelte daraufhin die Stirn.
„Wie gesagt, es ist vollkommen unwichtig. Ich wollte es dir nur nicht nicht sagen", gab ich ehrlich zu, während ich meinen Blick wieder von ihrem löste und einen weiteren Schluck aus meinem Glas nahm. Obwohl mir normalerweise nichts vor Grace unangenehm war, spürte ich aufgrund dieser Situation ein gewisses Unbehagen in mir. Ich hoffte nicht, dass sie jetzt schlecht von mir dachte.
„Und was genau wirst du jetzt tun?", fragte sie mit ruhiger Stimme, nachdem sie mich für einen Augenblick stumm und nachdenklich angesehen hatte.
„Ich werde es weg machen lassen", antwortete ich knapp und rieb mir für einen kurzen Moment über das Gesicht. Ich konnte spüren, wie sich ein paar ungewollte Emotionen in mir anbahnten, die ich sofort zu unterdrücken versuchte. Für den Bruchteil einer Sekunde wanderten meine Gedanken zu dem Punkt in meiner Vergangenheit, in dem ich einst über Kinder fantasiert hatte. Noch vor ein paar Jahren hätte ich mir nichts sehnlicher gewünscht als eine eigene Familie mit Aiden zu gründen.
„Weiß der Typ davon?", vernahm ich die sanfte Stimme von Grace erneut, wodurch ich aus meiner Erinnerung riss und ins Hier und Jetzt zurückholt wurde.
„Nein, und so wird es auch bleiben", entgegnete ich und schüttelte dabei langsam meinen Kopf.
„Du willst es für dich behalten?", stellte sie nun sichtlich überrascht die Gegenfrage.
Ich nickte. Ja, mein Sturkopf und ich wollten diese Situation alleine überstehen. Ich konnte es nicht gebrauchen, dass ein weiterer Faktor dazukäme, der mir die Situation noch zusätzlich erschweren würde.
„Bitte tu das nicht. Keine Geheimnistuerei. Du solltest es ihm sagen. Auch wenn du über alles Weitere entscheiden darfst, hat er das Recht dazu, es zu wissen", sagte Grace jetzt wieder und legte ihre Hand nun auf meine, um daraufhin beruhigend mit ihrem Finger über meinen Handrücken zu streichen.
Auch wenn ein großer Teil in mir wusste, dass es das Einzige richtige war, Sawyer davon zu erzählen, konnte ich es nicht übers Herz bringen. Ich ertrug alleine die Vorstellung daran nicht. Ich fürchtete mich wahnsinnig davor, ihn ein weiteres Mal zu sehen und erneut das zu fühlen, was ich fühlte, wenn er in meiner Nähe war. Ich fürchtete mich vor seiner Reaktion und vor den Dingen, die er sagen und tun könnte, in welche Richtung auch immer. Und ich fürchtete ich mich davor, was es mit meinen Emotionen und Gefühlen machte, wenn ich ihm erneut gegenüberstehen würde. Ich konnte nicht riskieren, dass die Sache am Ende noch schmerzhafter werden würde als sie es jetzt bereits war...
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Between Tears and Whisky Sour
Teen Fiction{1. Teil der Preposition-Trilogie} Nachdem June die Liebe ihres Lebens in flagranti erwischt, verlässt sie ihre Heimat Atlanta und zieht nach London. Sie verspricht sich, nie wieder eine Träne für ihr vergangenes Leben, ihren Ex-Freund oder sonst ei...