30. Kapitel

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Sawyer {5 Jahre früher}

„Hör auf ständig auf dein Smartphone zu sehen, Saw. Der Laden kommt auch mal bestens einen Abend ohne dich aus." ermahnte mich Blake mit rauer Stimme und nahm einen Schluck der braunen Flüssigkeit aus seinem Tumbler-Glas. Dabei lehnte er sich lässig nach hinten, an das Polster der dunklen Lederbank, auf der er mir schräg gegenüber saß.

„Ich weiß." entgegnete ich und löste den Blick von dem Display meines Telefons um es anschließend, demonstrativ ein kleines Stück von mir entfernt, auf den Tisch zu legen. Dann griff ich nach meinem Glas und exte den letzten Rest des Drinks. „Also, was genau ist der Grund für dieses Treffen?" fragte ich und sah ihn an, während ich mich ebenfalls nach hinten lehnte.

Blake und ich hatten uns eine Weile nicht gesehen. In der Vergangenheit war er hin und wieder, entweder alleine oder in Begleitung, vor oder nach Ladenschluss für ein paar Drinks zu mir in die Bar gekommen. An das letzte Mal konnte ich mich allerdings nicht mehr erinnern. Ich wusste, dass auch er viel arbeitete, weshalb es öfter vorkam, das wir uns für längere Zeit weder sahen noch sprachen. Zu Beginn befürchtete ich schlimmes, wenn ich für einige Tage nichts von ihm hörte. Zu wissen, dass er diese illegalen Dinge tat, sorgte dafür, dass ich mich mit der Möglichkeit konfrontieren musste, dass ihm etwas passieren könnte. Ich wusste nur zu gut, dass es Menschen gab, die ihm etwas tun würden. Dadurch das er bis jetzt aber immer wieder aufgetaucht war, fand ich mich damit ab. Heute hatte er mich gegen frühen Abend angerufen und spontan gebeten auf ein paar Drinks in diese Bar zu kommen. Eine Bar, in die wir schon seit vielen Jahren kamen.

„Ich habe mein Brüderchen vermisst. Ist das nicht Grund genug?" stellte er nun die Gegenfrage und machte dabei eine auffällige Handbewegung, um dem Typen hinter der Bar, von der wir einige Meter entfernt an einem Tisch saßen, zu deuten, dass er noch zwei Drinks bringen sollte.

„Dafür hättest du wie üblich bei mir im Laden vorbei kommen können. Stattdessen bestehst du auf das hier." antwortete ich. Ich wusste, dass er wusste das ich angepisst wäre, wenn er mich ohne richtigen Grund aus dem frühen abendlichen Betrieb meiner Bar geholt hätte. Und so dumm war er nicht.

„Ich hätte fast vergessen wie gut wir uns doch gegenseitig kennen." entgegnete er und richtete seinen Blick zurück auf meinen. Seine Lippen umspielte jetzt ein leicht amüsiertes Lächeln.

„Es wäre äußerst bitter wenn das nach 22 Jahren nicht der Fall wäre, meinst du nicht?" gab ich wieder. Auch wenn es in unserer Kindheit eine Zeit gab in der wir getrennt wohnten, war er die Person, mit der ich in meinem Leben am meistens Zeit verbracht hatte. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie es mich als Teenager geärgert hatte, dass ich Blake nichts vor machen konnte. Zum einen, weil er mich in und auswendig kannte, und zum anderen, weil er Menschen lesen konnte. Noch heute, wo er erwachsen war, besaß er die Fähigkeit, dass er die Körpersprache von Menschen lesen konnte, auch wenn er sie zum ersten Mal sah. In jeder Hinsicht konnte er das zu seinem Vorteil nutzen.

Die plötzliche Präsenz einer blonden Kellnerin riss mich aus meiner kurzen Erinnerung von früher. Sie stellte uns zwei neue Gläser mit Alkohol auf den Tisch und räumte die anderen in der selben Bewegung mit ab. Für einen kurzen Moment richtete ich meine Aufmerksamkeit auf sie aber sah dann unbeirrt zu meinem Bruder zurück, der einen weiteren Schluck von seinem neuen Drink nahm, was ich ihm gleich tat.

„Da gibt es eine Frau. Ihr Name ist Mavis." brachte Blake endlich raus, als er das Glas wieder von seinem Mund abgesetzt und vor sich abgestellt hatte. Seinen Arm legte er jetzt entspannt auf dem Polster der Lehne ab.

„Mavis? Seit wann nennst du die Frauen die du vögelst bei ihrem Namen?" fragte ich stichelnd und nahm einen weiteren Schluck meines Drinks.

„Ich möchte, dass du sie kennenlernst." sagte er jetzt wieder mit ernster Stimme, ohne auf meine vorherige Frage einzugehen. Noch nie zuvor hatte ich eine der Frauen kennengelernt, mit denen Blake etwas am laufen hatte. Noch nichtmal, als wir noch jünger waren. Er war eher der Typ der auf lockere Dinge stand. Er wollte sich nicht binden, weshalb es nie zuvor eine konstante Frau in seinem Leben gegeben hatte die er mir hätte vorstellen können. Ich bezweifelte sogar, dass es eine Frau gab mit der er öfter als ein Mal Sex hatte. Das ironische an der ganze Sache war, er hatte es mir vorgelebt, weshalb es bei mir ähnlich aussah.

Between Tears and Whisky SourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt