Kapitel 7

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(Maggy)

Ich sitze Mr. Ramirez in seinem Büro gegenüber und beobachte, wie er still meine Präsentation durch geht. An seiner Mimik kann ich nicht erkennen, ob er sie direkt wieder löscht oder einigermaßen zufrieden mit meiner Leistung ist. Sollten er und sein Sohn Lio Poker spielen, würden sie mit diesem Blick oft gewinnen.

"Also gut", räuspert er sich. "Ich habe noch zwei Fragen zu den Nachteilen, die Sie hier erwähnen. Insgesamt ist die Präsentation aber wirklich gut", ein kleines Lächeln erscheint und ich atme erleichtert auf. Wir gehen die Präsentation noch einmal zusammen durch und als ich ihm meine Sichtweise zu den Nachteilen erkläre, hört er mir interessiert zu. Ich bin überrascht, als er darauf anspringt und mit mir einen richtigen Austausch beginnt. Die Zeit vergeht dabei wie im Flug und je mehr ich mit ihm rede, desto mehr Züge sehe ich, die David geerbt hat.

Diese Familie fasziniert mich, auch wenn ich das gar nicht wollte. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich sie analysiere und parallelen herstelle. Vielleicht hat Jona mich zu sehr beeinflusst mit ihren Online-Schlagzeilen...

"Ms. Nowak, ich denke, die Präsentation ist fertig", sagt Mr. Ramirez zufrieden. "Vielen Dank für ihre Hilfe." Ich packe meine Notizzettel zusammen und stelle den Stuhl wieder auf die andere Seite des Schreibtisches. "Kein Problem. Wenn ich Ihnen noch irgendwie helfen kann, dann sagen Sie mir gerne Bescheid" Er nickt mir freundlich zu und spielt mit dem Kugelschreiber in seiner Hand. "Mein Sohn hat Recht, in Ihnen steckt viel Potenzial" Erstaunt weiche ich seinem Blick aus. Hatte Lio mich etwa gelobt? Amüsiert über meine Reaktion schmunzelt er. "Ich hoffe, Sie zwei kommen zurecht? Lio trägt das Herz auf der Zunge, das kann manchmal etwas schwierig sein" Ich schüttle kaum merklich den Kopf und klemme mir meine Notizen unter den Arm "Nein, ich denke, wir kommen gut miteinander aus" "Gut", dann lehnt er sich in seinem Schreibtisch-Stuhl zurück, "Sie können gerne schon Feierabend machen, das haben Sie sich verdient." "Danke, Mr. Ramirez" Und damit verlasse ich das Büro.

Als ich das Gebäude verlasse, steht Lio vor dem Eingang und telefoniert. In seiner Hand hält er eine Zigarette und läuft wenige Meter nach links, um die selben Meter wieder nach rechts zu laufen. Als er mich sieht, nimmt er das Handy von seinem Ohr. "Hast du schon Feierabend?" Ich nicke und hoffe, dass er mir nicht noch eine weitere Aufgabe aufbrummt. "Dann hat meinem Vater die Präsentation wohl gefallen." Er zieht an der Zigarette und hält seinen Kopf weit weg von mir, damit ich von dem Rauch nichts abbekomme. "Scheint so", bestätige ich. "Na dann sehen wir uns morgen, Magdalena" Mit einem schiefen Lächeln schaut er mir in die Augen und ich versuche mit aller Kraft, seinem Blick standzuhalten. "Bis morgen"

Um diese Uhrzeit mit dem Bus zu fahren ist wirklich eine Qual. Eingezwängt zwischen einem korpulenteren Mann mit einem Rucksack, der mich alle paar Minuten, wenn der Bus um eine Kurve fährt, fast erschlägt, und einer Dame, die etwas zu viel Parfum aufgetragen hat, stehe ich und höre Musik. Bei dem Gedanken daran, dass mich heute der CEO höchstpersönlich gelobt hat, muss ich lächeln. Ich hätte zu gerne gewusst, ob Lio noch etwas über mich gesagt hat.

"DU, du musst unbedingt mitkommen", ruft Jona als ich unser Zimmer betrete. Sie sitzt zusammen mit Naomi und Sunday, zwei Freundinnen von uns, auf dem Bett. "Worum geht es?", frage ich und stelle meine Tasche auf meinem Schreibtisch ab. "Am Freitag ist eine Studentenparty im Heaven und es wird fantastisch", singt sie. Ich muss über ihren Enthusiasmus gegenüber Studentenpartys lachen. "Ich weiß nicht, ich muss doch am Samstag wieder arbeiten", zögere ich und hänge meinen Mantel fein säuberlich auf. "Ach komm schon", bettelt Naomi, "wir kriegen dich kaum noch zu Gesicht seit dem wir im Praktikum sind"

"Ja und ich frage mich, was ich falsch mache, dass ihr die ganze Zeit frei habt und ich 6 Tage die Woche am Stück arbeite" Ich ziehe meine linke Augenbraue hoch und schaue die anderen vorwurfsvoll an. "Meiner Betreuerin ist es total egal, wann ich Feierabend mache, Hauptsache alle Sachen sind erledigt", erklärt Sunday. "Wie ist es denn in dem Ramirez-Clan-Unternehmen?" Nun sind alle drei Augenpaare gespannt auf mich gerichtet.

Ich setze mich zu den Mädels und erzähle von meinen ersten Eindrücken. "Und sind die Zwillinge wirklich so heiß?", fragt Sunday. "Ohja, das sind sie", schreit Jona und beantwortet die Frage für mich. "Du Glückliche, kein Wunder, dass du immer so lange arbeitest" Kopfschüttelnd lache ich. "Das hat damit nichts zu tun" Doch die Mädels glauben mir kein Wort.

"Also abgemacht: Am Freitag treffen wir uns nach der Arbeit bei Sunday, machen uns fertig und fahren dann alle zusammen ins Heaven?" Einstimmig nicken wir. Es ist ja nicht so, als wenn ich mit ihnen nicht feiern gehen wollen würde, ich liebe es, etwas mit ihnen zu unternehmen, aber ich wollte das alles unter einen Hut bekommen - und das erfolgreich. "Und du kommst, Maggy?" Ich nicke erneut. "Ja, ich bin dabei"

Lio - Trust my Destiny / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt