Kapitel 43

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(Maggy)

"Kommst du alleine klar?", fragt Pepe, als wir oben in der Wohnung ankommen. Ich nicke zögerlich. "Ich kann auch hierbleiben bis Lio da ist", biete er mir an. "Ich möchte dich nicht aufhalten", sage ich zu ihm. Außerdem kenne ich ihn gar nicht. "Tust du nicht. Außerdem macht Lio mir die Hölle heiß, wenn ich dich einfach alleine lasse, obwohl du Gesellschaft brauchst. Ich kann dir witzige Geschichten über die Zwillinge erzählen", lacht er. "Woher kennst du sie eigentlich?" Er fasst sich an die Stirn. "Ich Idiot, du weißt ja gar nicht, wer ich bin. Die Zwillinge sind meine Cousins" Und damit schmeißt er sich auf die Couch, als wäre er hier zu Hause.

Wenn ich ihn so recht betrachte, sieht er ihnen schon ein wenig ähnlich. "Also bist du der Sohn von Bens Bruder?", versuche ich das Puzzle zusammen zu setzen. "Richtig, dem originalen Lio", er betont das Wort *Original* extra lange. "Deinen Vater habe ich vorhin kurz gesehen", murmle ich und setze mich auf die andere Seite des Sofas. "Nicht der beste Moment, um jemanden kennenzulernen", stellt er nüchtern fest. "Was macht ihr in Seattle?" Nachdenklich sieht er mich an. "Der Familie einen Besuch abstatten, was sonst?" Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht der einzige Grund ist. 

Es ist beinahe absurd, wie normal Pepe rüberkommt. Er erzählt mir Geschichten aus der Kindheit. Davon, wie sie diverse Fenster in der Villa mit einem Fußball zerschossen hatten, wie sie Lios Milchzahn mit einem Band rausgezogen hatten, obwohl der noch gar nicht locker war und wie sie mit zehn Jahren früh morgens versucht hatten, Pancakes zu machen und beinahe die Küche abgefackelt hätten. So wie es klingt, war er jeden Sommer hier in Seattle. "Aber du wohnst noch in Oakland?", frage ich und er nickt. "Ist jetzt nicht das schönste Fleckchen Erde, aber ich bringe es auch nicht übers Herz, da wegzugehen. Zu viele Erinnerungen"

Die Wohnungstür öffnet sich und Lio stürmt rein. Er läuft geradewegs auf mich zu, ich stehe auf und als er bei mir ankommt, drückt er mich fest an sich. Ich lege meine Arme um ihn und lasse eine Weile nicht los. Er küsst mich auf den Kopf. "Dafür wird er büßen", knurrt er. "Das hat er schon", erwidert Pepe von der Seite. "Danke, dass du sie zu mir gebracht hast", sagt Lio. "Klar, Cousin.", nickt dieser und steht auf. "Ich lasse euch zwei mal alleine. Maggy, es war trotz der Umstände schön, dich kennenzulernen." Ich bedanke mich bei ihm für alles. 

Während wir vor dem Sofa stehen, merke ich wie kraftlos ich bin. "Können wir uns setzen?", frage ich müde und Lio reagiert sofort. Er setzt sich vor mich auf den Couchtisch und nimmt meine Hände in seine. "Was hat David dir gesagt?", frage ich vorsichtig. "Alles", antwortet er wütend. Sein Kiefer bebt. "Dein Onkel hat Lukas übel zugerichtet", flüstere ich und in meinen Gedanken spielt sich diese Szene erneut ab. "Das wird nichts sein im Vergleich dazu, was ich mit ihm mache" Ich schüttle den Kopf. "Lio", sage ich doch er blockt mich ab. "Nein, Magdalena. Du kannst ihn nicht schon wieder verteidigen" 

"Ich will ihn nicht verteidigen", versuche ich ihn zu beruhigen. Ich streiche mit einer Hand über seine Wange. "Ich möchte nur nicht, dass du etwas tust, was du später bereust" Er schnaubt verächtlich auf. "Das werde ich sicher nicht bereuen" Doch ich gebe nicht auf. "Lio, sieh mich bitte an" Sein wütender Blick wandert langsam zu mir. "Ich bitte dich, belasse es dabei. Lukas hat ordentlich was abbekommen, David wird ihm kündigen und mir geht es gut" Er schaut mir tief in die Augen. "Mir geht es gut", flüstere ich und küsse ihn auf den Mund. Er streicht mir mit seinem Zeigefinger sanft über meine Wange. "Du bist so viel besser als er. Lass dich nicht von deiner Wut steuern, bitte" 

Er nimmt meine Hände an seinen Mund und küsst sie. "Ich überlege es mir", sagt er in einem wesentlich ruhigeren Ton. "Geht es dir wirklich gut?" Ich nicke. "Ich bin total müde, aber es geht mir wirklich gut. Ich bin so froh, dass David da war" "Ich auch", flüstert er. Er begleitet mich ins Schlafzimmer, wo ich mir eine kurze Hose und einen Pullover anziehe. Er dreht die Heizung auf, bringt mir ein Glas Wasser und dunkelt den Raum ein wenig ab. "Danke", lächle ich. Er setzt sich neben mich aufs Bett, sodass ich mich an ihn kuscheln kann. "Ich bleibe bei dir, während du schläfst" Und es dauert nicht lange, da fallen mir die Augen zu. 

Als ich sie das nächste Mal öffne, sitzt Lio immer noch an der selben Stelle. "Wie spät ist es?", flüstere ich. Inzwischen ist es dunkel draußen. "Du hast drei Stunden geschlafen", schmunzelt er. Ich fühle mich total gerädert und greife nach dem Wasserglas, das ich sofort austrinke. "Wenn das Adrenalin im Körper wieder fällt, ist man extrem erschöpft", erklärt er. Ich kuschle mich wieder an ihn. "Können wir im Bett liegen bleiben?" Er lacht. "Du kannst auf jeden Fall. Ich muss gleich noch kurz telefonieren, dann bin ich wieder bei dir. Soll ich raten, was du heute essen willst?" Ich lächle mit geschlossenen Augen. 

Den Rest des Abends schauen wir in seinem Bett auf dem Laptop einen Film. Ich schlafe dabei immer wieder ein und er krault meinen Kopf. 

"Weißt du was?", frage ich im Halbschlaf. "Was denn?", antwortet er. "Ich habe mich noch nie so wohl gefühlt wie bei dir" Er legt seinen Kopf schief und betrachtet mich lächelnd. "Das geht mir genau so, Magdalena" 

"Ich werde dich immer beschützen, das weißt du oder?" "Ich weiß", flüstere ich, bevor ich wieder einschlafe. 


Lio - Trust my Destiny / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt