Kapitel 24

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(Maggy)

"Okay, ich fasse zusammen: Erst warst du sauer auf ihn", wiederholt Jona. "Richtig" "Dann wart ihr spazieren und du warst absolut nicht mehr sauer auf ihn" "Korrekt" "Dann küsst ihr euch vor dem Märchengarten", sagt sie aufgeregt. "Yes" "Und dann bringt er dich bis vor diese Tür da?", fragt sie und zeigt auf unsere Zimmertür. "Ganz genau", lächle ich mit einem warmen Tee in der Hand. Jona lässt sich auf ihr Bett fallen. "Ich wünschte, das hätte jemand für mich aufgenommen", träumt sie.

"Lio Ramirez hat meine Mitbewohnerin geküsst", wiederholt sie mehrmals hintereinander. "Ist dir eigentlich klar, dass ihr demnächst zusammen auf irgendeiner Online-Seite abgebildet sein könntet?" Bei dem Gedanken fällt mir fast der Tee aus der Hand. "Auf gar keinen Fall", schimpfe ich. "Naja, du hast da kein großes Mitspracherecht, würde ich sagen. Lio steht schon irgendwie in der Öffentlichkeit und es ist bestimmt interessant zu sehen, wen er datet" Jona fand diesen Gedanken total aufregend und stellte sich vermutlich gerade vor, wie sie ein Interview zu uns gab. Mir lief es hingegen eiskalt den Rücken runter.

"Wie werdet ihr euch denn jetzt auf der Arbeit begegnen?", fragt sie schließlich. "So wie sonst auch. Wir gehen in der Mittagspause sowieso zusammen raus, vielen denken sich vermutlich schon ihren Teil" Ich versuchte mir die Gleichgültigkeit von Lio diesbezüglich anzueignen, doch für mich war es anders als für ihn. Mir könnte man immer unterstellen, dass meine Leistungsbewertung darauf beruht, dass ich den Sohn des CEO date. Auch das gab mir ein mulmiges Gefühl...

"Am Montag kommen die Angestellten des Lehrstuhls vorbei und sehen sich den Arbeitsplatz an. Reißt euch also bloß zusammen", scherzt Jona. Das hatte ich ganz vergessen.


Am Montag nehme ich wieder ein Bus früher zu Arbeit und kaufe mir noch ein Sandwich in der Bäckerei, die mich sicher in der Mittagspause vermisst. Als ich oben ankomme, ist George bereits da. Er stellt mich einigen anderen aus der Abteilung vor, die auch ich alle schon mal gesehen habe. So groß ist die Etage dann doch nicht. Er erklärt mir meine erste Aufgabe im Mahnwesen. Ich solle Rechnungen prüfen, Zahlungseingänge checken und gegebenenfalls eine 2. Mahnung anleiten. An sich keine schwere Aufgabe, doch in dem Online-System konnte man sich leicht verlaufen.

Als ich hochblicke, sehe ich wie Lio zu seinem Büro läuft. In seiner Hand eine Sporttasche. Seine Haare sind nass, er trägt zwar seine Anzughose und -schuhe, aber obenrum nur ein schwarzes T-Shirt. Sofort muss ich an unseren Kuss denken und kann nicht glauben, dass ich diesen heißen Typen date. "Maggy?", holt George mich aus meinen Gedanken. "Ja, sorry", sage ich peinlich berührt und hoffe, er hat nicht bemerkt, dass ich Lio angestarrt habe.

Nach zwei Stunden steht die Dame vom Empfang mit Mrs. Pierce auf unserer Etage. "Ms. Nowak, Sie haben Besuch", damit dreht sie sich direkt wieder um und verschwindet. Mrs. Pierce schaut ihr mit hochgezogener Augenbraue hinterher. Ein Pluspunkt, dass auch sie diese Frau nicht zu mögen scheint. Ich stehe auf und reiche ihr die Hand. "Mrs. Pierce, schön Sie zu sehen" "Vielen Dank, Ms. Nowak. Gibt es hier Räumlichkeiten, in denen wir uns vielleicht kurz unterhalten können?" Unsicher drehe ich mich zu dem Besprechungsraum um, in dem Lio, Ben Ramirez und zwei weitere Männer sitzen. "Ja, sicher... warten sie einen Moment"

Ich laufe schnurstracks auf Davids Büro zu. "Herein", ruft er nachdem ich angeklopft habe. "Maggy, was gibt's?", lächelt er. Ich erkläre ihm die Situation und dass ich Mrs. Pierce ungern warten lasse, weil auch das negativ auf mich und mein Praktikum zurückgeführt werden könnte und dass sie vermutlich gleich noch mit ihm sprechen möchte. "Kein Problem, geh mit ihr in das Büro von Lio. Ich sage ihm Bescheid, sobald er rauskommt" "Danke", hechle ich und laufe zurück.

"Mrs. Pierce, bitte kommen Sie", rufe ich ihr zu und leite sie in Lios Büro. Da sich dort aktuell nur zwei Stühle befinden, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich dreist auf seinen Platz zu setzen. "Sie scheinen sich ja schon gut eingelebt zu haben", kommentiert sie trocken. Die ganze Situation wird immer unangenehmer.

Ich erzähle ihr von meinen letzten Wochen, zeige ihr meine Notizen, meine Erfolge und meinen Plan für die nächsten Wochen. Sie hört sich alles mehr oder weniger gelangweilt an, auch wenn sie nicht unzufrieden mit meinen Sachen zu sein scheint. "Also schön, dann würde ich gerne mit ihrem Ansprechpartner..." weiter kommt sie nicht, da klopft es an der Tür. "Herein", rufe ich und meine Stimme fährt dabei Achterbahn. Ich bete, dass dort niemand steht, der zu Lio möchte.

"Mrs. Pierce" Es ist David, der genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. "Ich hoffe, ich störe nicht", lächelt er. Ihre Mimik erhellt sich sofort bei seinem Anblick und ich schüttle kaum merklich den Kopf. So eine ist das also... "Wenn sie mir bitte in mein Büro folgen würden, ich würde gerne mit ihnen über die Fortschritte reden, die Ms. Nowak gemacht hat" Er hat nicht einmal ausgesprochen, da erhebt sie sich bereits. Ohne sich noch einmal zu mir umzudrehen, läuft sie David hinterher. Ich lasse mich nach hinten fallen und atme tief ein und aus.

Plötzlich steht Lio in der Tür. "Ist die Luft rein?", fragt er und schaut nach links und rechts. Mit großen Augen setze ich mich wieder aufrecht hin. "Ja, sie ist bei David", sage ich. Lio lacht los, als er mein erschrockenes Gesicht sieht. Er schließt hinter sich die Tür und kommt zu mir. "Da hat es sich jemand auf meinem Stuhl bequem gemacht", stellt er fest. "Ich hatte keine Wahl, du hast hier nur zwei Stühle stehen", erkläre ich. Er begutachtet, wie ich hinter seinem Schreibtisch sitze. "Steht dir trotzdem gut, so ein eigenes Büro"

Als er hinter den Schreibtisch tritt, dreht er den Stuhl zu sich, sodass ich direkt vor ihm sitze. Er beugt sich zu mir runter und ich kann sein Aftershave riechen. "Küss mich", flüstert er. Ich schaue aufgeregt zur Tür. "Was, wenn jemand reinkommt?", flüstere ich. "Überleg nicht so lang und küss mich" Ich lege meine Hand an seine Brust und küsse ihn auf den Mund. Seine Lippen fordern mehr und nach dem dritten, vierten oder fünften Kuss drücke ich ihn von mir Weg. Zufrieden lächelt er mich an. "Geht doch" Dann stellt er sich wieder aufrecht hin.

Ich betrachte die Dinge auf seinem Schreibtisch. Das Bild seiner Mutter, was ich schon einmal gesehen habe. Doch da steht noch ein Bild, welches mir zuvor nie aufgefallen war. Es zeigt die ganze Familie. Ben und Maria, die beide Söhne auf ihren Armen hat und fröhlich in die Kamera lächelt. Die beiden können auf dem Bild nicht älter als zwei Jahre sein. "Da waren wir am Strand in Miami", erzählt er als er meinen Blick verfolgt. "Deine Mutter war wunderschön", flüstere ich. "Das war sie", bestätigt er.

Lio - Trust my Destiny / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt