Kapitel 19

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(Maggy)

Laute Musik dröhnt über die Anlage, das riesige Feld vor uns ist übersät mit Golfbällen und die Leute trinken, essen und schlagen den Ball ab. Hunter hat eine Lounge ganz oben bekommen, was wohl der beste Platz ist. Viele der Leute sind gekleidet, als würden sie in einen Club gehen. Mit meinem roten Pullover und meiner schwarzen High-Waist-Jeans fühle ich mich fast underdressed. "Wo sind denn die anderen?", seufzt Sunday. "Nummer 402", sage ich und halte weiter Ausschau. "Da lang"

Hunter, Nate, Carter, Lio und drei andere aus dem Club sitzen bereits in der Lounge. Carter macht sich gerade bereit für seinen Abschlag, als er uns entdeckt und uns zuwinkt. "Ahh, da sind sie ja", ruft er. Alle drehen sich zu uns um, auch Lio, der mich mit einem leeren Gesichtsausdruck ansieht. Zur Begrüßung umarmen sie uns alle, nur er macht sich nicht die Mühe und bleibt sitzen. Ich setze mich so weit weg wie möglich, auch wenn ich Nate damit den Platz geklaut zu haben scheine. Hunter erklärt uns, worauf wir achten müssen und welche Schläger wir verwenden können. Sunday ist die erste von uns, die sich traut. Sie trifft den Ball auf Anhieb und er fliegt ein paar Meter. "Juhuuu", singt sie und kommt zufrieden zurück zum Tisch. "Maggy, willst du mal?" Sie hält mir den Schläger hin. "Ich probiere es später", lächle ich gequält. "Ich wollte mir erstmal etwas zu trinken bestellen" 

Später komme ich nicht mehr drum herum, schlage einmal, der blöde Ball fällt quasi einfach direkt runter und ich habe mein Soll erfüllt. Mittlerweile stehen und sitzen alle verteilt in unserem Loungebereich. "Du siehst nicht so aus, als hättest du Lust Topgolf zu spielen", bemerkt Lio von der anderen Seite. "Ich bin für Naomi hier", sage ich knapp und starre zu Nate, der den nächsten Schlag macht. "Ja", seufzt er. "Und ich für Hunter". Ich bin so wütend auf ihn, dass es mich sogar nervt, wenn er plötzlich so gesprächig ist. Ich trinke meine Cola aus und knalle aus Versehen das leere Glas auf den Tisch. Anscheinend ist das witzig, ich sehe aus dem Augenwinkel genau, wie sich seine Mundwinkel verziehen. 

Hunter wirft mir immer wieder Blicke zu, die ich mit meiner genervten Abwehrhaltung abschmettere. Es war eine total dämliche Idee herzukommen. Ich bin froh, als Sunday sich zu mir setzt und mich auf andere Gedanken bringt. Wenigstens verstehen Hunter und Naomi sich richtig gut, aber wenn sie sich nun regelmäßig treffen, werde ich Lio aber vermutlich niemals los. "Ich gehe kurz auf Toilette", sage ich und verlasse die Lounge. 

Als ich die Tür zu der Bar und den Toiletten öffne, steht Lio auf der anderen Seite und telefoniert. Zum Glück ist die Toilette direkt neben der Eingangstür und ich verschwinde so schnell ich kann aus seinem Sichtfeld. Als ich jedoch wiederkomme, lehnt er an einem der Stehtische und wartet. Ich versuche einfach an ihm vorbeizugehen, aber er stellt sich mir in den Weg. "Können wir kurz reden?", fragt er mit leiser Stimme. "Ich wüsste nicht, worüber", entgegne ich und verschränke die Arme. "Okay, dann hör mir wenigstens kurz zu" Seine Stimme ist leise und in seinem Blick liegt wieder so etwas wie Trauer. Ich will so unbedingt einfach an ihm vorbeigehen, doch ich schaffe es nicht, also stütze ich mich an dem Stehtisch ab und schaue ihn an. 

"Es tut mir Leid, was ich getan habe" Dann macht er eine lange Pause, ehe er weiterspricht. "Für mich ist das extrem schwer, weißt du. Ich dachte, es ist besser wenn wir uns aus dem Weg gehen und das einfach vergessen, weil ich sonst sowieso irgendwas tue, um es zu ruinieren." Es tut mir Leid, dass er so von sich denkt. "Ich kann mich aber nicht von dir fern halten", gesteht er und sieht mir direkt in die Augen. "Okay", ist das einzige, was ich mit belegter Stimmte rausbekomme. Nervös spielt er an seiner Uhr herum und ich mit meinen Händen. 

"Was heißt das für uns?", frage ich schließlich. "Ich weiß es nicht.", flüstert er. Ich kann ihm deutlich ansehen, wie ihn die Situation überfordert. Meine ganze Wut auf diesen sturen Idioten verfliegt einfach und ich kann nichts dagegen tun. Ohne groß darüber nachzudenken nehme ich seine Hand. Er schaut mich überrascht an, umschließt meine Hand dann mit seiner und betrachtet unsere Hände ineinander. Ich betrachte diesen hübschen Mann, der gerade so eine sensible Seite von sich zeigt und frage mich, ob Anna und Hunter vielleicht recht haben. "Ich nehme deine Entschuldigung an", sage ich. "Lass uns doch einfach schauen, wohin das führt. Ganz ohne Druck, ohne Erwartungen" Er lächelt mich an, drückt meine Hand fester und nickt. "Das klingt gut", antwortet er erleichtert. 

Als wir zusammen zu den anderen gehen, werden wir von allen beobachtet. Sie geben sich nicht einmal Mühe, unauffällig zu starren. Auf dem Tisch warten bereits neue Getränke auf uns mit denen wir anstoßen und Lio nickt den anderen Jungs lächelnd zu, die sofort verstehen, was los ist. Er bemerkt meinen Blick auf sich und zuckt bloß mit den Schultern, was mich zum Lachen bringt. Wir unterhalten uns erst über die Firmenfeier und ich lobe ihn für die tolle Rede; dann über meine neue Abteilung und schließlich scheitere ich erneut daran, dem Thema Topgolf zu entgehen und Lio überredet mich, ein zweites Mal zu schlagen. Diesmal korrigiert er meinen Stand, gibt mir Tipps damit ich den Ball besser treffe. 

Als ich schlage, fliegt der Ball viel weiter als beim letzten Mal. Überrascht schaue ich auf den Bildschirm hinter mir und beobachte den Flug. Der Schlag bringt mir 5 Punkte ein. Als ich zu den anderen schaue, lächelt Lio mich an und applaudiert leise. Ich überreiche den Schläger Naomi, die mittlerweile richtig gut ist. "Na siehst du, es geht doch", lacht Lio und legt mir seinen Arm um die Taille, um mich wieder in Richtung Sitzecke zu führen. 

Wir sitzen dicht nebeneinander und während Carter und er darüber diskutieren, wer von den beiden eher bis ganz nach hinten schlagen könnte, legt Lio seine Hand auf meinen Oberschenkel. Die Hand mit der Rose ruht auf meinem Bein und ich betrachte sie. Ganz klein ist ein Geburtsdatum darin versteckt. Ich vermute, es ist das Geburtsdatum seiner Mutter, für deren Name die Rose steht. Meine Gedanken schweifen zurück zu dem Gespräch mit Anna, in dem sie mir erzählte, wie schwer er es nach dem Tod seiner Mutter hatte. Vier Jahre sind vergangen, was im Grunde keine lange Zeit ist, wenn man so einen schweren Verlust erlitten hat. 

"Alles okay?", reißt Lio mich aus seinen Gedanken. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Carter nach vorne gegangen war, um den nächsten Schlag zu machen. "Ja, alles gut", lächle ich und schaue ihm in die Augen. 

Lio - Trust my Destiny / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt