Der frühe Vogel...

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Oliver sah Felicia erwartungsvoll an „Können wir los?". „Ich bitte darum. Ich sterbe vor Hunger", erwiderte Felicia lachend, während sie nach ihrer Tasche griff. „Wenn es für dich in Ordnung ist, würde ich gerne noch kurz bei Kolja vorbeischauen.", sagte er ruhig und deutete auf die Mappe in seiner Hand. „Das Konzept". Felicia warf einen Blick auf die Uhr neben sich. 07:55 Uhr. „Ist es dafür nicht noch ein bisschen früh?" Ihr Gegenüber lachte: „Kolja wird vermutlich schon seit Stunden am Schreibtisch sitzen". „Na dann, los", erwiderte sie schmunzelnd.
Ruhig klopfte Oliver an die Tür vor sich, Kolja lebte wohl nur wenige Stockwerke über ihnen. Es dauerte einen Moment, bis sie Geräusche wahrnahm und sich die Tür öffnete. Schmunzelnd betrachtete sie den Mann, welcher nur mit einer grauen Leinenhose bekleidet vor ihnen stand und noch ziemlich verschlafen dreinschaute. Sexy! „Oh entschuldigen Sie", entfuhr es Oliver neben ihr. „Ich dachte...ähm...", stotterte er förmlich, während Kolja ihn gelassen ansah. „Schon in Ordnung", unterbrach er ihn. „Kommen Sie rein". Selbstverständlich fuhr er durch seine Haare, vermutlich in der Hoffnung sie zumindest ein wenig in Ordnung zu bringen und trat in sein Apartment. „Ich wollte nicht lange stören, ich wollte Ihnen lediglich mein Konzept vorbeibringen", ergriff ihr Begleiter nun wieder das Wort, während sie sich beindruckt umsah. „Lui", ertönte eine weibliche Stimme hinter ihr. „wolltest du nicht...". Sie stoppte abrupt. Irritiert wandte sich Felicia um, erblickte die dazu gehörige junge Frau im Türrahmen des Schlafzimmers. Oliver hob verwundert eine Augenbraue und musterte die Frau vor ihnen eingehend. Ihr schlanker natürlich gebräunter Körper wurde lediglich von ihrer knappen Spitzenunterwäsche bedeckt, ihre braunen langen Haare fielen locker über ihre Schultern, während auch sie sie mit ihren haselnussbraunen Augen skeptisch beäugte. Das war also sein Beuteschema? „Oh", entfuhr es Oliver, woraufhin Kolja lässig grinste: „Entspannen Sie sich, Oliver. Sie wollte ohnehin grade gehen". Erwartungsvoll sah er die Frau im Türrahmen an, es war keine Bitte, es war eine klare Aufforderung. Missmutig sah sie zu Kolja, welcher keine Miene verzog.
War das seine Art mit Frauen umzugehen?


„Ich werde es mir in Ruhe ansehen", brach Kolja die peinliche Stille, während er Oliver die Mappe aus der Hand nahm. Inez, zumindest meinte er sich an diesen Namen erinnern zu können, hatte seinen Hinweis wie es schien verstanden und sich in sein Schlafzimmer zurückgezogen. Er war ihr noch am späten Abend in der hoteleigenen Bar begegnet, wo er sich noch einen kleinen Absacker gegönnt hatte. Eigentlich war es nicht mehr seine Art blindlings Frauen in einer Bar aufzureißen, doch die sexuelle Spannung, die ausgerechnet Felicia mit ihrer provokanten Art und ihren eindeutigen Berührungen in seinem Körper hinterlassen hatte, hatte ihn seine Grundsätze für diesen Abend über Bord werfen lassen. „Wir sind grade auf dem Weg zum Frühstück. Möchten Sie uns nicht begleiten?", begann Oliver lächelnd. Kolja sah zu Felicia, die seinen Blick selbstbewusst erwiderte, während ihre Mundwinkel amüsiert zuckten. Was ging in ihrem Kopf vor? „Warum nicht", schmunzelte er ohne Felicia aus den Augen zu lassen. „Ihre Freundin kann uns gerne ebenfalls begleiten", setzte sie mit einem herausfordernden Grinsen nach. Als hätte sie genau diesen Moment abgepasst, trat nun Inez in ihrem schicken Designerkleid neben ihn, was Felicias Mundwinkel nun noch deutlicher zucken ließ. Es war volle Absicht! Oliver lächelte: „Das ist doch eine schöne Idee". „Nein", erwiderte er knapp und ignorierte den fassungslosen Blick der Frau neben sich. Das konnte er wirklich nicht gebrauchen. „Das wäre doch nett", bemerkte Inez nun mit einem bezaubernden Lächeln. Kolja atmete tief durch, spürte Felicias fast schon ein wenig schadenfrohen Blick auf sich. Mit einem charmanten Lächeln wandte er sich an Inez: „Es geht um Geschäftliches. Ich melde mich bei dir", raunte er und nahm den kleinen Zettel mit ihrer Nummer, welchen er eigentlich hatte ignorieren wollen, aus ihrer Hand. Zufrieden lächelte sie: „Ruf mich an", säuselte sie, hauchte einen Kuss auf seine Wange und verließ seine Wohnung. Erleichtert atmete er auf und wandte ich an Oliver: „Geben Sie mir zehn Minuten", bat er höflich.


Felicia nahm einen Schluck aus ihrer Tasse, während sie Kolja möglichst unauffällig beobachtete. Perfekt gestylt saß er ihr gegenüber und unterhielt sich angeregt mit Oliver. Wie gerne hätte sie die letzte Nacht mit ihm verbracht, statt mit Oliver. Seine Lippen auf ihren gespürt, die Berührungen seiner Hände auf ihrer nackten Haut genossen. „Möchten Sie auch eine Zigarette?", wurde sie abrupt aus ihren Gedanken gerissen. Verwirrt sah sie ihren Gegenüber an. Worüber dachte sie da bitte nach? „Gerne", antworte sie noch immer etwas abwesend, bevor sie Oliver ein Lächeln zuwarf und sich erhob. Über solche Dinge sollte sie nicht nachdenken.
Wieder gefasst nahm sie die bereits entzündete Zigarette entgegen, die Kolja ihr höflich anbot. „Lui?", lachte sie verschmitzt und sah ihn erwartungsvoll an. Koljas Mundwinkel zuckten, während er eine weitere Zigarette ansteckte und genussvoll daran zog. „Es ist nicht gelogen", stellte er grinsend fest. „Ach nein?". „Mein Zweitname. Kolja Lui Friedrich Weyland". „Friedrich?", entfuhr es ihr lachend. Kolja zuckte mit den Schultern: „Ich weiß bis heute nicht, was sich meine Eltern dabei gedacht haben." Er überlegte kurz „Vermutlich wollten sie, dass sich meine Mitmenschen amüsieren." „Das haben sie geschafft", schmunzelte sie, während sie die Asche von ihrer Zigarette schnippte und erneut das Wort ergriff. „Sie wird traurig sein, dass sie sie nicht anrufen". „Das hat sie wohl Ihnen zu verdanken", konterte er frech. Erstaunt sah sie auf, woraufhin er verführerisch lächelte: „Sie waren nicht verfügbar, also war ich gezwungen zu improvisieren." Felicia zog den Rauch tief in ihre Lungen, bevor sie ihn wieder ausatmete. „Aber Sie hatten sicher ebenfalls eine wilde Nacht", witzelte er beiläufig, machte eine Pause und sah zu Oliver „Mit Oliver", setzte er nach. Fasziniert von dem Schalk in seinen Augen sah Felicia ihn an, lachte jedoch neckisch: „Wenn Sie wüssten". Wenn er wüsste, wie sehr er mit seiner sarkastischen Bemerkung ins Schwarze traf. Sie hatte sicher nichts gegen ruhigen Sex, aber ausschließlich Blümchensex war nichts für sie. Sie liebte die Abwechslung, liebte es mit Männern zu spielen, sie an der Nase herumzuführen, genauso mochte sie es gelegentlich ohne Vorwarnung gepackt zu werden, sich einfach von der festen Hand eines Mannes führen zu lassen, doch davon konnte sie bei Oliver nur träumen. Er war er der Teddybär, der auf Schmusesex stand. „Ich denke ich möchte es mir nicht vorstellen", lachte Kolja, schüttelte den Kopf, als ob er die Bilder in seinem Kopf loswerden wollte und drückte die Zigarette in seiner Hand aus. „Wissen Sie", begann er, wurde jedoch von dem Klingeln seines Handys unterbrochen. „Weyland", hob er ab, sah sie entschuldigend an und trat ein paar Schritte zur Seite. „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.", stellte er fest und lauschte aufmerksam seinem Gesprächspartner, wobei sich seine Miene merklich verfinsterte. „Ich rate Ihnen die Unterlagen schnellstmöglich zu finden, andernfalls suchen Sie künftig keine Vertragsunterlagen mehr, sondern einen neuen Job.", erklärte er kühl, Felicia beobachtete Kolja aufmerksam, wie sich seine Kiefermuskeln anspannten, sich seine Stirn in Falten legte. In der Haut seines Gesprächspartners wollte sie sicher nicht stecken, doch seine autoritäre Art hatte etwas unheimlich Reizvolles, etwas Faszinierendes. Sie zog ein letztes Mal an ihrer Zigarette, bevor sie sie ausdrückte und sich wieder zu Oliver an den Tisch begab.
„Ihr scheint euch gut zu verstehen", stellte Oliver lächelnd fest. „Raucher sind gut sozialisiert", lachte sie und hob die Schultern. „Dass du rauchst, war mir neu." Felicia lächelte verschmitzt: „Du hast auch nie gefragt, oder?"


Genervt ließ Kolja das Handy in seine Hosentasche gleiten und begab sich wieder zu Felicia und Oliver, die sich amüsiert zu unterhalten schienen. Diese Frau hatte Charme und sie wusste genau, wie sie ihn bei Männern einsetzten musste. Man konnte förmlich sehen, wie sie Oliver um ihren kleinen Finger wickelte. Ein Schmunzeln trat auf seine Lippen. Wie ihn vermutlich auch. „Ich muss leider los", erklärte er ruhig, als er neben ihnen angekommen war. Oliver sah verwundert auf: „Es wartet leider noch ein wenig Arbeit auf mich", fuhr er entschuldigend fort. Oliver stand auf, gab ihm zum Abschied höflich die Hand. Auch Felicia erhob sich ruhig von ihrem Stuhl. „Felicia", bemerkte er aufmerksam und trat einen Schritt auf sie zu. Seine Gegenüber lächelte charmant, legte eine Hand auf seinen Oberarm und hauchte ihm zum Abschied einen dezenten Kuss auf die rechte und linke Wange. „Wir sehen uns sicher", bemerkte sie schmunzelnd.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt