Ungeahnte Frustration

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„Meinst du nicht, du bist etwas zu hart zu deiner Familie?", hakte Felicia ruhig nach, während sie Kolja erwartungsvoll ansah. Kolja hob eine Augenbraue. Er zu hart? Nach dem was einen Abend zuvor vorgefallen war? „Nein", antwortete er knapp und konzentrierte sich schweigend auf die Straße vor sich. Ohne sich von seiner Familie zu verabschieden hatten sie sich direkt vom Hotel aus auf den Weg nach Frankfurt gemacht und das war gut so, auch wenn Felicia das anders zu sehen schien. Von seiner Mutter wollte er fürs Erste nichts mehr wissen, Edgar würde er im Laufe der Woche anrufen und mit ihm darüber sprechen.
„Ich fliege später noch nach Glasgow", erklärte er ruhig. „Was?", entfuhr es seiner Beifahrerin überrascht. „Heute noch?", hakte sie verdutzt nach, worauf er ruhig nickte. „Ich setze dich zu Hause ab, muss dann aber gleich weiter." „Schaffst du es anzurufen?", wollte sie überraschend ruhig wissen. Er überlegte, zögerte kurz: „Ich weiß es nicht", gab er ehrlich zu. Er wollte keine Erwartungen entstehen lassen, die er am Ende nicht erfüllen konnte. Wortlos sah sie ihn an. Was ging in ihrem Kopf vor? Genau das war der Grund, warum er niemanden an seiner Seite wollte, keine Beziehung wollte.


Frustriert trat Felicia den Koffer in die Ecke ihres Schlafzimmer. Dieser Kerl wand sich in ihren Fingern wie ein Aal, er war einfach nicht greifbar. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen, rieb sich mit den Händen durchs Gesicht. Sie mochte es Zeit mit ihm zu verbringen, mochte es ihn um sich zu haben, mochte es mit ihm zu lachen, ihn zu ärgern. Schlagartig stockte sie. Sie mochte ihn! Und das offensichtlich mehr, als sie es die ganze Zeit hatte wahrhaben wollen. Abrupt griff sie nach ihrem Kopfkissen, drückte es auf ihr Gesicht: „Fuuuuuuck", fluchte sie lautstark in das Kissen.
„Wie war das Wochenende?", wollte Miri neugierig wissen, als sie genüsslich in ihr Stück Pizza biss. Zu ihrer Überraschung hatte sich ihre kleine Schwester selbst zu einem gemütlichen Filmeabend mit Pizza und Wein auf ihrer Couch eingeladen, wobei der Fernseher jedoch eine eher untergeordnete Rolle zu spielen schien. Erwartungsvoll sah sie sie an: „Na?". Felicia lachte, sie würde vermutlich erst Ruhe geben, wenn sie eine zufriedenstellende Antwort hatte: „Filmreif würde ich sagen", schmunzelte sie. Miri sah sie neugierig an: „Erzähl! Brauche ich Popcorn?" „Nein", entgegnete Felicia „Aber ich noch ein Glas Wein", bemerkte sie, stand auf und ging in die Küche. „Wann siehst du ihn wieder?", rief Miri ihr nach. „Ich habe keine Ahnung", entgegnete sie möglichst beiläufig, während sie ihr Weinglas füllte. „Spätestens aber bei der Verhandlung in zwei Wochen", fuhr sie fort, griff ihr Glas und ging wieder zurück ins Wohnzimmer. „Seid ihr noch immer nicht zusammen?", fragte Miri ungläubig. Felicia hob eine Augenbraue, während sie sich auf die Couch fallen ließ: „Was?", entfuhr es ihr überrascht. „Ihr seid einfach das perfekte Paar", nuschelte sie mit vollem Mund, bevor sie fest schluckte: „Die Chemie zwischen euch ist einfach sensationell, Feli", sprudelte es nur so aus ihr heraus, während sie sie mit großen Augen ansah. Felicia lächelte zaghaft, bevor sie an ihrem Wein nippte: „So einfach ist das nicht, Miri". „An wem hängt es?", hakte sie weiter nach. Felicia schüttelte den Kopf: „Es hängt an Niemandem", versuchte sie zu erklären, atmete tief durch, während Miri sie eindringlich ansah und triumphierend grinste: „Du willst also!", stichelte sie mit ihrer provokanten Art. „Eine normale Beziehung kommt einfach nicht in Frage", stellte Felicia klar. „Dann solltest du vielleicht deinen Horizont erweitern, Schwesterchen.", zuckte Miri grinsend mit den Schultern und nippte an ihrem Wein. „Du bist doch sonst nicht so prüde...und jetzt erzähle mir was am Wochenende passiert ist", lenkte sie lächelnd ab.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt