Verführungskunst vs. Smalltalk

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Kolja stellte seine Laptoptasche hastig neben dem Sofa ab, bevor er seine Krawatte lockerte und sich auf den Weg ins Bad machte. Noch in der Bewegung hielt er inne, zog sein Smartphone aus der Hosentasche. „Shit", fluchte er und sah auf die Uhr neben sich. „Weyland", nahm er das Gespräch ungeduldig an. Nachdem er die letzten Tage in Portugal verbracht hatte, hatte er sich direkt am ersten Tag in der Stadt mit der Escort-Agentur in Verbindung gesetzt, in der Hoffnung spontan noch einen Abend mit Felicia verbringen zu können, bevor er die Stadt für Geschäfte im Ausland erneut verlassen musste. Und tatsächlich hatte er es nach einiger Überzeugungsarbeit geschafft ihre Chefin dazu zu bringen Felicias eigentlichen Kunden für diesen Abend zu verschieben. Bei seinem Angebot auch kein Wunder. Er hatte noch fünf Minuten und am Telefon einen Kunden, den er in den letzten Tagen eindeutig schon zu oft vertröstet hatte. „Entschuldigen Sie, ich hatte noch keine Möglichkeit zurückzurufen.", rechtfertigte er sich ruhig. „Natürlich habe ich mir Ihre Anforderungen angesehen. Das Angebot wird aktuell vorbereitet".


Eine gewisse Vorfreude breitete sich in Felicia aus, als sie die Zimmernummer vor sich betrachtete. 111. Sie wusste nicht, wie er es geschafft hatte ihre Chefin davon zu überzeugen einen gutzahlenden, zugegebenermaßen nicht ganz so sympathischen Kunden, einfach zu verschieben. Gwen war in diesen Dingen eigentlich sehr korrekt und konsequent, einen Termin grundlos oder gar unter einem Vorwand zu verschieben, war nicht ihre Art. Wie es schien, musste auch sie bei Kolja einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, wenn er sich so dafür einsetzte sie so spontan für einen Abend zu buchen. Zaghaft klopfte sie an die Tür, hörte seine ruhige Stimme, vermutlich ein Telefonat. Für einen Moment wartete sie auf eine Rückmeldung, auf die sie fürs erste vergeblich zu warten schien. Sie schmunzelte, drückte sanft gegen die Tür, er hatte sie wie beim letzten Mal nur angelehnt.
Kolja stand mit seinem Handy am Ohr neben dem Sofa, voll konzentriert schien er sie nicht einmal zu bemerken. Sie schmunzelte, so hatte sie die Möglichkeit den Mann vor sich ausgiebig zu mustern. Er trug einen dunkelblauen, gut geschnittenen Anzug, darunter die dazu passende Weste über einem weißen Hemd und einer dunkelroten Krawatte, welche er bereits ein wenig gelockert hatte, seine Haare akkurat nach hinten gekämmt. Weshalb hatte er es nötig eine Frau wie sie zu buchen? Dieser Mann konnte doch vermutlich jeden Abend eine andere Frau haben, für die er nicht bezahlen musste. Felicia stockte, als sie nun seinen Blick auf sich spürte. In ihren Gedanken versunken hatte sie nicht bemerkt, dass auch er sie inzwischen aufmerksam beobachtete. Seine Mundwinkel zuckten verführerisch, während er sie trotz seines Gespräches weiter taxierte. Felicia erwiderte seinen Blick selbstsicher, ein verschmitztes Grinsen trat auf ihre Lippen, bevor sie, ohne ihren Blick von seinem zu lösen auf ihn zutrat. Zwar führte er sein Telefonat konzentriert weiter, wirkte jedoch zunehmend kürzer angebunden. Felicia stoppte nur wenige Zentimeter vor ihm. „Natürlich können wir das aufnehmen", erklärte er seinem Gesprächspartner bemüht ruhig, schluckte jedoch, als Felicia ihre Hand hob und sachte mit ihrem Finger über seine Brust fuhr.


Kolja schluckte fest, als er ihre Berührung auf seiner Brust wahrnahm. „Ist die App in dem Angebot ebenfalls inkludiert?", hörte er die Stimme seines Kunden. „Ja", antwortete er knapp. Er musste sich konzentrieren: „Wir versuchen es bereits zu berücksichtigen, allerdings sind Ihre Anforderungen hierfür nicht ...", er stockte, als Felicia ihre Hand über seine Brust, über seinen Bauch immer weiter nach unten wandern ließ. „...präzise genug", beendete er seinen Satz angespannt, als er bemerkte, wie sie langsam seinen Gürtel öffnete. Das wagte sie nicht, er musste dieses Telefonat beenden. Die Frau vor ihm lächelte überlegen, bevor sie nun auch mit ihrem Gesicht nach unten wanderte. Perplex beobachtete er sie, hielt den Atem an, als sie seine Hose öffnete und ihn vielversprechend anlächelte. Er hatte nichts mehr von dem mitbekommen, was sein Kunde gesagt hatte und um ehrlich zu sein interessierte es ihn in diesem Moment auch nicht mehr. „Entschuldigen Sie, aber ich rufe zurück.", unterbrach er den Mann am anderen Ende der Leitung und legte auf. Augenblicklich stöhnte er überrascht auf, als sie seine Eichel mit ihren weichen, warmen Lippen umschloss. Damit hatte er definitiv nicht gerechnet. Er ließ seinen Kopf nach hinten fallen, schloss seine Augen, stieß die Luft aus seinen Lungen und genoss ihre sanften Berührungen. Diese Frau war unglaublich. Mühevoll versuchte er seinen Atem ruhig zu halten, sich nicht zu sehr auf ihre Berührungen zu konzentrieren, er hatte mit ihr noch mehr vor. Bevor seine Beherrschung ins Wanken geriet, griff er gezielt nach unten, legte seine Hand an ihr Kinn und zog sie bestimmt zu sich nach oben.


Im Handumdrehen spürte Felicia Koljas Lippen auf ihren. Seine Zunge fuhr herausfordernd über ihre Lippen, während er seine Hände über ihre Hüften gleiten ließ, bis er ihr Kleid, für welches sie sich an diesem Abend entschieden hatte, nach oben schob. Seine Hände auf ihrer Haut lösten einen wohligen Schauer in ihr aus. Während sich ein zunehmend ungeduldiger und leidenschaftlicher Kuss zwischen ihnen entwickelte, streifte sie das Jackett von seinen Schultern, öffnete den Krawattenknoten, zog sie aus dem Kragen und ließ sie neben das Jackett auf dem Boden fallen. Ungeduldig öffnete Kolja die wenigen Knöpfe seiner Weste, während Felicia die Knöpfe seines Hemdes ebenso ungeduldig zu öffnen begann. Erneut strich er mit seinen Händen über ihren Hintern, wobei er diesen nun fest umschloss. Felicia verlor den Boden unter den Füßen, schlang ihre Beine um seine Hüfte, bis sie überrascht mit dem Rücken gegen die kühle Wand hinter ihr prallte. Überrascht keuchte sie auf, als sie ihn zwischen ihren Beinen spürte, drückte sich intuitiv näher an ihn heran. Für einen winzigen Augenblick löste er sich von ihr, griff nach etwas auf der Kommode neben sich. Gebannt beobachtete sie seine Gesichtszüge, diesen verlangenden Ausdruck in seinen Augen, bevor sie eine leichte Berührung zwischen ihren Beinen wahrnahm, gefolgt von einem festen Stoß in sie, welcher sie lustvoll aufschreien ließ.


„Möchten Sie auch eine?", schmunzelte Kolja, als er das silberne Zigarettenetui aus seiner Hosentasche zog, es öffnete und eine Zigarette hinausschnippte. Seine Gegenüber lachte: „Sehr gerne. Vielen Dank", erwiderte sie, nahm die Zigarette entgegen und lehnte sich locker gegen das kühle Geländer seines Balkons. Wieder stand sie in ihrer schwarzen Spitzenunterwäsche vor ihm, statt ihres Kleides hatte sie sich lediglich sein Hemd übergeworfen. Was ein Anblick! „Haben Sie auch Feuer?", bemerkte sie herausfordernd und lächelte verschmitzt. Sie musste seinen Blick bemerkt haben. Er zog das Feuerzeug aus seiner Hosentasche, öffnete die Flamme und entzündete ihre Zigarette, bevor er auch seine ansteckte. „Vielleicht sollte ich mir etwas anziehen", stellte Felicia mit einem verführerischen Grinsen fest, was Kolja irritiert aufsehen ließ. „Ich habe gehofft, dass ich mich heute vielleicht etwas mit Ihnen unterhalten kann", fuhr sie keck fort und spielte damit auf ihre letzte Unterhaltung auf dem Balkon an. „Versuchen Sie es", erwiderte er, lehnte sich lässig an die Brüstung, nahm einen Zug seiner Zigarette und blies den Rauch in die kühle Dunkelheit. „Verraten Sie mir, weshalb Sie sich mit einer Frau wie mir treffen?". „Mit einer Frau wie Ihnen?", hakte er schmunzelnd nach. Erwartungsvoll sah sie ihn an. Natürlich wusste er, worauf sie hinauswollte. „Es ist unkompliziert", begann er ehrlich „Ich möchte mich nicht mehr rechtfertigen, wenn ich eine Frau nach einer Nacht nicht anrufe. Für so etwas habe ich keine Zeit". „Aber Sie haben Zeit meine Chefin davon zu überzeugen meinem eigentlichen Kunden für heute abzusagen, damit ich spontan Zeit für Sie habe?", bemerkte sie selbstsicher und sah ihn herausfordernd an. Sie war schlagfertig. Er zog an seiner Zigarette und zuckte mit den Schultern: „Die Zeit war gut investiert, denn ich bin mir sehr sicher, dass Sie mir morgen nicht mindestens drei Mal auf die Mailbox sprechen, weil ich nicht anrufe oder auf Ihre Anrufe reagiere." Seine Gegenüber grinste: „Vermutlich auch nur, weil ich Ihre Handynummer nicht habe.", witzelte sie. „Vielleicht sollten Sie sie nicht herausgeben". „Das brauche ich auch nicht. Manche Frau hat Stalker-Qualitäten, von denen Kriminelle nur träumen können", erwiderte er lachend und zuckte erneut mit den Schultern. „Es gibt viele gute Gründe, eine Frau wie Sie zu buchen, Felicia", erklärte er wieder ernster, nachdem er den kalten Rauch auch seiner Lunge gepustet hatte. „Warum arbeiten Sie in dieser Branche?"


Überrascht von seiner Frage sah Felicia auf, klemmte die Zigarette zwischen ihre Lippen und nahm einen tiefen Zug. Sie wusste, dass diese Frage vielen ihrer Kunden im Kopf herumspukte, doch nur wenige stellten Sie tatsächlich. Kurz überlegte sie. „Es macht mir Spaß", erwiderte sie selbstverständlich. Ihr Gegenüber lächelte und hob eine Augenbraue: „Es ist ebenso eine Art von unkompliziertem Sex". Auch Felicias Mundwinkel zuckten: „Für den ich am Ende des Tages sogar noch bezahlt werde." Kolja nahm einen letzten Zug und schnippte die Zigarette in den Aschenbescher neben sich: „Eigentlich ein Traumjob", lachte er, trat wieder in sein Apartment und ließ Felicia allein auf dem Balkon zurück. Schmunzelnd beobachtete sie ihn, bevor auch sie ein letztes Mal an der Zigarette in ihrer Hand zog. Er hatte Recht, es war eine Art von unkompliziertem Sex, Sex für den sie sich nicht rechtfertigen musste und dazu noch Geld bekam. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt mit etwas, woran sie Spaß hatte, und dabei ging es nicht immer nur um Sex, auch um nette Gespräche, Menschen kennenzulernen, welchen man in seinem normalen Leben vermutlich erst gar nicht begegnen würde.
„Warum arbeiten Sie in Ihrer Branche?", wollte sie neugierig wissen, als sie ebenfalls in das Wohnzimmer seines Apartments trat, sich auf das lederne Sofa setzte und ihre Beine lässig übereinanderschlug. Kolja wandte sich ihr zu, beobachtete ihre Bewegungen und ließ seinen Blick erneut über ihren Körper schweifen. Erwartungsvoll sah sie ihren Gegenüber an. „Vermutlich, damit ich mir Frauen wie Sie leisten kann", witzelte er und setzte sich locker auf die Lehne des Sofas vor ihr. Felicia lachte: „Das wird mit 18 Jahren vermutlich nicht der Grund für die Aufnahme Ihres Studiums gewesen sein." „Ganz und gar nicht.", lachte er „Für Frauen habe ich mich in diesem Alter nicht interessiert." Fragend betrachtete Felicia den Mann vor sich. Kolja zuckte schmunzelnd mit den Schultern: „Vermutlich war ich, um es in Ihren Worten zu sagen, einfach ein computerbesessener Nerd, technikaffin von klein auf, mit Frauen konnte ich nichts anfangen oder sie nichts mit mir." Felicia sah Kolja an, betrachtete seinen trainierten Oberkörper, seine leicht gebräunte Haut, seine markanten und gleichzeitig feinen Gesichtszüge und seine hellgrauen Augen, mit denen er sie nun ebenfalls musterte. „Mit dieser Vorstellung tue ich mich etwas schwer", gab sie zu, bevor er das Wort ergreifen konnte. Er lachte: „Damals war ich der Inbegriff eines Nerds. Das gute Aussehen kam erst später". „Die Arroganz wohl auch", stellte Felicia trocken fest, wobei ihre Mundwinkel jedoch verräterisch zu zucken begannen.


„Vermutlich" lachte Kolja und stand auf. Die Art dieser jungen Frau gefiel ihm, sie war erfrischend. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten", fragte er höflich als er sich auf den Weg zur Bar machte und eine kleine Flasche Wasser hervorzog. Felicia betrachtete die Flasche in seiner Hand, zog die Augenbraue in die Höhe: „Trinken Sie einen Wein mit mir?". Ein zauberhaftes Lächeln trat auf ihre Lippen. Wie konnte er da widerstehen? Er stellte die kleine Flasche zurück in den Kühlschrank und zog eine Weinflasche aus der Ablage. „Ich hoffe Rotwein ist in Ordnung", stellte er schmunzelnd fest und holte zwei Weingläser hervor.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt