Bekanntes Gesicht?

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Nach einer ausgiebigen Dusche betrat sie das Wohnzimmer, bemerkte jedoch schnell, dass sie allein war. Die zwei Herren waren verschwunden. Schnaubend schüttelte sie den Kopf. War das sein Ernst? Hatte er nichts gelernt? Lange würde sie es mit diesem Mann sicher nicht aushalten, zumindest nicht ohne ihn zu erschlagen. Sie atmete tief durch und ging in die Küche. Die Kaffeemaschine war an und enthielt zu ihrer Überraschung frischen Kaffee, neben ihr ein Zettel. Er hatte doch gelernt? Ihre Mundwinkel zuckten, als sie nach dem Zettel griff. – Ja, ich habe gelernt- , begann sie schmunzelnd zu lesen. Sie mochte seinen Eigenhumor. – Musste leider schon los, melde mich später. Mach dir einen schönen Tag und fühl dich wie zu Hause Kolja PS: Haustürschlüssel hängt am Schlüsselbrett. – Er hatte tatsächlich gelernt.
Felicia nutzte die Gelegenheit gemütlich durch die Münchener Altstadt zu bummeln, sie genoss die Ruhe, den Abstand zu ihrem Alltag, es hatte tatsächlich ein Hauch von Urlaub. Sie ließ sich in einem kleinen beschaulichen Kaffee nieder, spürte die angenehme Wärme der Sonne auf ihrer Haut und lächelte zufrieden. Das leise Surren ihres Handys ließ sie aufmerksam werden. Neugierig warf sie einen Blick das das Display. Kolja hatte ihr einen Standort geschickt, offensichtlich der eines Restaurants um die Ecke: - 20 Uhr. Meine Geschäftspartner werden ebenfalls anwesend sein. Kolja – Sie schmunzelte, ein Geschäftsessen also? Sie warf einen Blick auf die Uhr 16:04 Uhr, da hatte sie noch Zeit. – Bis später-, tippte sie knapp, legte das Handy neben sich auf Tisch und ließ lächelnd ihren Blick schweifen, beobachtete die Mensch in ihrer Umgebung. Plötzlich hielt sie inne, ihr Blick blieb an einem Mann hängen, welcher nur wenige Tische entfernt saß. Als er ihren Blick bemerkte, legte er einen Geldschein auf dem Tisch vor sich ab, stand auf und verschwand. Verwundert sah sie ihm nach, dieser Mann hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem ihrer Kunden gehabt. Roger. Ein eher unscheinbarer, stets höflicher junger Mann, den sie erst seit wenigen Monaten in kurzen und vor allem sehr regelmäßigen Abständen traf. Er war einer der Kunden, dem Gwen für den heutigen Tag hatte absagen müssen. Perplex schüttelte sie den Kopf, das war unmöglich.


Kolja lächelte, während er seinen Geschäftspartner mit seiner Freundin beobachtete. Für ihn war sie, wie es schien, eher ein nettes Accessoire als eine ebenbürtige Partnerin. Sie war mit ihrem schlanken sportlichen Körper, ihren braunen langen Haaren, ihrer langen Wimpern, welche ihre braunen Augen umrandeten, zweifellos eine attraktive Frau, aber sie war seinem Gegenüber vollkommen hörig, nickte nur, brachte kaum einen sinnigen Satz heraus, ohne dabei verlegen zu kichern. Eine solche Frau war vielleicht etwas für eine Nacht, aber sicher nicht für ein anspruchsvolles Treffen mit einem Geschäftspartner.
„Bin ich zu spät?", hörte er eine ruhige Stimme hinter sich. Felicia. Seine Mundwinkel zuckten, als er die verwirrten Gesichter vor sich erblickte. Sie hatten offensichtlich nicht damit gerechnet, dass auch er in Begleitung erscheinen würde. Kolja wandte sich Felicia zu, lächelte höflich, während er sich von seinem Stuhl erhob. Für einen Moment blieb sein Blick an ihr hängen. Sie trug ein dunkelrotes, schulterfreies elegantes Kleid, welches mit seinem asymmetrischen Schnitt gut zehn Zentimeter oberhalb ihrer Knie endete, hinten jedoch bis in die Kniekehlen reichte. Ihre blonden Locken hatte sie gebändigt, fast schon geordnet hochgesteckt, ihre wunderschönen grünen Augen noch mit dezentem Makeup hervorgehoben. Sie sah einfach unglaublich aus: „Ganz und gar nicht", bemerkte er charmant, legte eine Hand auf ihre Taille und hauchte einen Kuss auf ihre Wange. „Phil", begann er an seinen Geschäftspartner gerichtet, welcher sich nun ebenfalls erhob. „Darf ich vorstellen? Felicia." Felicia lächelte charmant, während sie die Hand seines Gegenübers entgegennahm „Freut mich". „Seline", stellte sich nun auch seine Partnerin vor, nachdem sie Felicia ausgiebig gemustert hatte. Felicias Mundwinkel zuckten kaum sichtbar, während sie auch ihre Hand entgegennahm. „Felicia". Kolja deutete aufmerksam auf den Platz neben sich. „Ich hoffe du hattest einen schönen Tag.", bemerkte er lächelnd. Felicia erwiderte seinen Blick selbstsicher, während auch ihr ein scheinbar zufriedenes Lächeln über die Lippen kam. „Wie Urlaub".
„Schön Sie kennenzulernen Felicia", begann Phil freundlich, während er sich ebenfalls wieder auf seinem Platz niederließ. „Kolja hat nicht erwähnt, dass seine Freundin uns ebenfalls Gesellschaft leisten wird." Die Frau neben ihm lächelte selbstbewusst: „Ich bin nicht seine Freundin", stellte sie fast schon beiläufig klar, was seine Mundwinkel zucken ließ. Diese Frau gefiel ihm. Phil und auch Seline sahen fast schon peinlich berührt auf. „Oh", entfuhr es ihm überrascht, bevor er zügig sein vorheriges Gesprächsthema erneut aufgriff. Wie es schien, wollte er in kein weiteres Fettnäpfchen treten. Amüsiert betrachtete er den Mann vor sich, welcher unbeirrt weitersprach: „Ich halte nichts von diesen sozialen Netzwerken. Grade im beruflichen Bereich sind sie meiner Ansicht nach absolut vernachlässigbar, warum also eine Plattform zum Austausch schaffen, wenn dieser im beruflichen Bereich gar nicht auf ernsthafter Ebene stattfindet".


Felicia lauschte aufmerksam den Ausführungen des ihr gegenübersitzenden Mannes. Er war eindeutig auf dem Holzweg. Sie schmunzelte, bevor sie das Wort ergriff: „Zurzeit sind 74% aller deutschen Internetnutzer in sozialen Netzwerken angemeldet, davon nutzen zwei Drittel sie tatsächlich auch aktiv." Perplex sah Phil zu Felicia. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sie das Wort ergreifen würde. Auch Kolja betrachtete sie verblüfft. Ihre Blicke ignorierend fuhr sie selbstbewusst fort: „Den größten Anteil davon verzeichnet der Bereich der 14-29-Jährigen mit 85%, gefolgt von den 30-49-Jährigen mit 65%. Nicht zu vernachlässigen, vor allem nicht im beruflichen Bereich". Phil lächelte überheblich: „Was wissen Sie schon?", tat er ihre Ausführungen einfach ab. Felicia hob eine Augenbraue. War das sein Ernst? Sie lächelte überlegen, sah ihrem Gegenüber fest in die Augen: „Zum einen gehöre ich der entsprechenden Zielgruppe an, zum anderen habe ich mich mit dieser Thematik ausführlich in meiner Bachelorarbeit beschäftigt. Die Bedeutung der sozialen Netzwerke, auch im beruflichen Bereich, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Eine Plattform zum Austausch potenzieller Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist grade in der heutigen Zeit eigentlich unverzichtbar.", beendete sie ihre Ausführungen. Ein verführerisches triumphierendes Grinsen umspielte ihre Lippen, als sie in die überraschten Gesichter vor sich blickte. „Aber was weiß ich schon", ergänzte sie möglichst beiläufig, setzte ein liebliches Lächeln auf und betrachte Phil aufmerksam, bevor sie sich an seine Freundin wandte: „Seline, wo haben Sie ihre Nägel machen lassen, sie sehen einfach toll aus", lenkte sie das Thema um, sie konnte auch anders.
Felicia vernahm ein leises Räuspern neben sich. Ein Blick neben sie verriet ihr, dass Koljas Mundwinkel auffällig zuckten, er mühevoll versuchte ein Lachen zu unterdrücken. Noch bevor jemand am Tisch etwas sagen konnte, trat ein Kellner an den Tisch: „Darf es etwas zu essen sein?"


Kolja konnte nicht anders, immer wieder sah er zu der Frau neben sich. Sie hatte ihn beeindruckt, nicht nur mit ihrer selbstbewussten Art, sondern auch mit ihrem Fachwissen. Sie hatte Ahnung, wovon sie sprach, und sie hatte Recht damit gehabt Phil auf eine subtile, aber unglaublich charmante Art und Weise in die Schranken zu weisen.
„Möchtest du noch etwas trinken", fragte er aufmerksam, erhielt jedoch keine Antwort. Erwartungsvoll sah er sie an, sie wirkte abwesend, fast schon verwirrt. Ruhig legte er eine Hand auf ihren Rücken, welche sie kurz zusammenzucken ließ: „Ist alles in Ordnung?", fragte er sanft. Seine Gegenüber schien sich kurz zu sammeln, blickte für einen Moment erneut in die Ecke des Raumes, die sie schon vor wenigen Augenblicken fokussiert hatte, bevor sie ihn anlächelte: „Natürlich", bestätigte sie ruhig, dennoch glaubte er etwas Seltsames in ihrem Blick zu sehen.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt