Fantasiewelt

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Kolja vernahm ein unglaubliches Stimmgewirr an seinen Ohren, es war alles so unfassbar laut, dröhnte in seinem Kopf. Sein Körper zitterte, während jeder Atemzug ihm unerträgliche Schmerzen zufügte. „Er ist wach", konnte er eine Stimme ausmachen, konnte sie aber weder räumlich noch einer Person zuordnen. „Reden Sie mit ihm", hörte er erneut die Stimme, bevor ein stechender Schmerz durch seinen Körper fuhr. Fuck! Dieser Schmerz, dieser Druck auf seinem Körper, er bekam kaum Luft. „Kolja", hörte er nun eine weitere Stimme, spürte eine sanfte Berührung an seiner Wange. „Du musst dich beruhigen, versuche ruhig zu atmen. Das ist wichtig".


Felicia saß auf dem Boden, Koljas Kopf auf ihrem Schoß, während sie beruhigend mit ihm sprach, sanft über seine Wange strich. Gleich nach ihrem Aufschrei, war ein Mann von der gegenüberliegenden Straßenseite aufmerksam geworden, hatte direkt Rogers Verfolgung aufgenommen, ein Ehepaar, welches sie bereits im Restaurant registriert hatte, war ebenfalls zur Hilfe geeilt. Während der Mann Koljas Erstversorgung übernahm, hatte die Frau sofort den Notruf abgesetzt, war ins Restaurant geeilt und hatte Handtücher und Decken besorgt. „Beruhigen Sie ihn", forderte der Mann vor ihr, welcher weiter mit einem Handtuch fest auf die Wunde an Koljas Seite drückte, um die Blutung zu stillen. Ihr Kopf war so leer, sie tat einfach nur, was man ihr sagte und dennoch ertrug sie es kaum, wie dieser Mann auf die Wunde drückte, die Kolja offensichtlich solche unerträglichen Schmerzen zufügte.
Plötzlich wurde es unruhig um sie herum, überall waren blaue Lichter, es brach regelrechte Hektik aus, welcher sie nicht mehr in der Lage war zu folgen.
Wenige Augenblicke später saß Felicia auf der Bordsteinkannte, während sie aufmerksam die Sanitäter beobachtete, welche sich eilig um Kolja kümmerten. Sie spürte eine leichte Berührung auf ihren Schultern, jemand hatte ihr eine Decke umgelegt. „Sie kümmern sich um ihn, machen Sie sich keine Sorgen. Geht es Ihnen gut?", vernahm sie eine beruhigende Stimme neben sich.
Sie nickte, ließ Kolja jedoch keine Sekunde aus den Augen.
„Das ist meine Freundin", hörte sie eine männliche Stimme hinter sich, fassungslos sah sie sich um. Roger. „Er hat meine Freundin bedrängt, ich habe mich nur gewehrt", drang seine Stimme erneut an ihr Ohr. Hinter ihr standen zwei Polizisten, in ihrer Obhut Roger, der sich verzweifelt versuchte zu rechtfertigen. Offensichtlich war der Mann der anderen Straßenseite mit seiner Verfolgung erfolgreich gewesen. War das sein Ernst? „Sie haben einen Mann niedergestochen", stellte einer der Polizisten sachlich fest. „Ich weiß, das war falsch....aber er war so aufdringlich, er hat sie einfach berührt...was sollte ich machen?", sprudelte es nur so aus ihm heraus. Felicia presste ihre Zähne aufeinander. Was lief in seinem Kopf verkehrt? Entschlossen stand sie auf, die Worte der Frau neben sich ignorierend, trat ohne zu zögern auf Roger zu und verpasste ihm mit voller Wucht eine schallende Ohrfeige. Einer der Polizisten reagierte sofort, packte sie und zog sie zur Seite. „Hey hey", entfuhr es ihm überrascht. „Kommen Sie mit". „Nein", entfuhr es ihr bestimmt, als sie sah, wie Kolja in den Krankwagen gehoben wurde. „Ich muss mit ins Krankenhaus". Der Blick des Polizisten wurde sanfter: „Das geht nicht, sein Zustand ist kritisch. Es darf niemand im Krankenwagen mitfahren. Wir werden Sie später ins Krankenhaus begleiten. Bis dahin können Sie nichts tun, aber sie können uns helfen, indem Sie unsere Fragen beantworten".
Felicia atmete tief durch, zog die Decke wieder dichter um ihren Körper und ließ sich auf dem Bordstein neben dem Polizisten nieder. „Können Sie mir sagen, was passiert ist?", fragte er mit ruhiger Stimme, während er sich neben ihr auf dem Bordstein niederließ. „Roger, also er", begann sie und deutete auf den Mann hinter sich „Ist ein Kunde von mir." „Ein Kunde?", hakte der Polizist irritiert nach. „Ich arbeite im Escort", erklärte sie ruhig und fuhr seinen Blick ignorierend einfach fort. „Ich treffe mich seit einigen Monaten regelmäßig mit ihm, also in Frankfurt. Er muss mir hierher gefolgt sein. Er ist ganz sicher nicht mein Freund, er ist ein kranker Stalker". „Und in welchem Verhältnis stehen sie zum Opfer?" „Kolja?", begann sie. Nun was war er? Sie schmunzelte zaghaft. Da war es wieder dieses Problem mit den stupiden Begrifflichkeiten. „Er ist, er ist ein Freund. Ich besuche ihn derzeit hier in München. Ich lebe in Frankfurt." „Ein Freund?", hakte der Polizist weiter nach „Hat er sie tatsächlich berührt, oder gar bedrängt?". Perplex sah Felicia auf: „Nein", antwortete sie klar, bevor sie überlegte: „Er hat mich berührt, aber das war alles einvernehmlich.", korrigierte sie, fuhr sich verwirrt durch die Haare. Diese stupiden Begrifflichkeiten hatten wohl durchaus ihre Daseinsberechtigung.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt