Lektion

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Felicia hatte sich die letzten Wochen immer wieder dabei ertappt, wie sie doch erwartungsvoll auf ihr Handy gesehen hatte. Kolja hatte weder auf ihre Nachricht geantwortet, noch hatte er angerufen. Sie warf einen Blick auf das Jackett, welches sie inzwischen an die Garderobe gehangen hatte, hob eine Augenbraue. Sie würde ihm sicher nicht nachlaufen. Wenn er sie wollte, musste er etwas dafür tun und dabei würde diesmal er Geduld beweisen müssen. Ein selbstsicheres Lächeln trat auf ihre Lippen. Sie wusste, dass er sie wollte und sie freute sich schon darauf ihn zappeln zu lassen. So ging man mit ihr nicht um.
Als hätte das Universum ihre Kampfansage gehört, vernahm sie das leise Brummen ihres Handys neben sich. Sie lachte auf, was ein Zufall. Sicher war es nur Miri, welche wie die Wochen zuvor von ihrem neuen Freund schwärmte, aber das Timing war perfekt. Es kam allerdings anders: -Können wir uns sehen? Kolja-. Schmunzelnd begutachtete sie das Display neben sich. Das Universum hatte wohl Humor. Die ganze Zeit hatte sie gewusst, dass er sich früher oder später melden würde und dennoch musste sie sich eingestehen, dass seine nun tatsächlich eingegangene Nachricht eine gewisse Freude in ihr auslöste. Sie grinste triumphierend, sperrte den Bildschirm und schob bewusst das Handy zur Seite. So einfach würde sie es ihm sicher nicht machen.

Ruhelos warf Kolja erneut einen Blick auf sein Handy. „Kolja, hast du mir zugehört?", hakte Denzil erwartungsvoll nach. „Natürlich", bemerkte er sicher, während sein Berater ihn gespannt ansah. „Was habe ich gesagt?". Kolja zögerte kurz: „Dass die Abstimmung bereits erfolgt ist und dass mit der Umsetzung gestartet werden kann?". Denzil lachte herzhaft: „Herr Weyland, das liegt schon ein paar Sätze zurück", zog sein Gegenüber ihn fast schon auf. „Du bist nicht bei der Sache. Erwartest du einen Anruf?" Kolja schüttelte den Kopf, schob das Handy zur Seite: „Nein nein, spricht weiter." Er war nur für wenige Tage in Frankfurt, natürlich hatte er gehofft Felicia zumindest kurz zu sehen, doch er erhielt keine Antwort. Sie war doch sonst nicht so schweigsam. Offensichtlich die Konsequenz dessen, dass auch er über Wochen nicht auf ihre Nachricht reagiert hatte, allerdings mit Grund. Das Chaos mit der ARCO-Bank hatte ihn kaum atmen lassen. Es war ein Schaden in Millionenhöhe entstanden, sein Team und er hatten lange gebraucht einen Nachweis dafür zu bringen, dass die Sicherheitslücke nicht von ihrem System ausgegangen war, sie demnach auch nicht dafür haftbar gemacht werden konnten. Das hätte ihm noch gefehlt. „Ich ziehe dir gleich den Ordner über den Kopf", riss Denzil ihn erneut aus den Gedanken. „Was ist los mit dir?", wollte er nun mit Nachdruck wissen. „Nichts", rechtfertigte Kolja sich ruhig. „Vermutlich hängen mir die letzten Wochen einfach in den Knochen." „Eine Frau?", fragte sein Gegenüber nun, ohne auf seine offensichtlich fadenscheinige Erklärung einzugehen. „Lass uns weitermachen", ignorierte er seine Bemerkung, woraufhin Denzil schmunzelte: „Nein", entfuhr es ihm lachend. „Denzil", ermahnte Kolja den Mann vor sich. „Weitermachen" und warf beiläufig einen weiteren Blick auf sein Handy. Er stockte: -Viel zu tun. Melde mich. Feli-, erblickte er Felicias knappe Antwort auf seine vor bereits drei Tagen gestellte Frage. Er überlegte, am nächsten Tag musste er Frankfurt schon wieder verlassen. „Behalte deinen Kommentar für dich, Denzil", forderte er ruhig, er hatte das wissende Schmunzeln seines Gegenübers durchaus bemerkt. Seine Mundwinkel zucken: „Wer ist diese Frau, die dich im Sekundentakt auf dein Handy schauen lässt". Kolja atmete tief durch, zuckte mit den Schultern: „Eine Frau, die mir offensichtlich grade ihre Macht demonstriert".

-Eine Zigarette? - , las sie triumphierend seine doch recht zügige Antwort auf ihre Rückmeldung. Trotz des Risikos, dass er die Stadt schon wieder verlassen würde, schob sie ihr Handy ohne eine Reaktion auf seine Nachricht zur Seite. Es juckte sie in den Fingern, wie gerne hätte sie geantwortet, ihn gesehen, doch erst musste er eine kleine Lektion lernen. Sie hatte durchaus Verständnis für viel Arbeit, aber eine kurze Information darüber war sicher nicht zu viel verlangt. So konnte er mit anderen Frauen umgehen, aber nicht mit ihr.
„Feli", hörte sie die Stimme ihrer Schwester „Ich hoffe es ist in Ordnung, dass ich Malte mitgebracht habe". „Natürlich", lächelte sie. Sie freute sich unheimlich für ihre kleine Schwester. In Malte hatte sie wie es schien ihren Seelenverwandten gefunden. Sie teilten die gleichen Interessen, verstanden sich blind, waren unzertrennlich, eine perfekte Beziehung. Sicher nicht die Art Beziehung, die für Felicia in Frage kam, aber Miri machte es glücklich und das war es, was zählte.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt