Fassungslos

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„Guten Morgen", vernahm Felicia Koljas leise Stimme an ihrem Ohr, bevor sie seine Lippen auf ihrem Hals spürte, sich eine angenehme Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitete. Sie konnte sich nicht erinnern, wann er ins Bett gekommen war, vor allem, ob er überhaupt irgendwann ins Bett gekommen war. „Hast du gut geschlafen?", hauchte er dicht an ihrer Haut. Felicia nickte lächelnd, während sie langsam die Augen öffnete: „Bist du überhaupt ins Bett gekommen?", fragte sie ein wenig irritiert. Kolja saß zu ihrer Überraschung bereits tadellos angezogen und perfekt gestylt neben ihr auf dem Bett und schüttelte müde den Kopf: „Nein, bin ich nicht", begann er ruhig. „Ich hatte Einiges zu klären", fuhr er zögernd fort. Da stimmte doch was nicht! „Was ist los, Kolja?", hakte Felicia skeptisch nach und sah ihn erwartungsvoll an. „Ich muss für die nächsten Tage in die Schweiz", antwortete er knapp. „Was?", entfuhr es ihr. Kolja zuckte lediglich mit den Schultern: „Es ist sehr wichtig". „Und die Polizei?", hakte sie verdutzt nach, während sie sich aufsetzte und Kolja musterte. „Ist schon geklärt", erwiderte er ruhig, griff in seine Jackentasche und hielt ihr ihr Handy entgegen. „Keine Sorge, die App wurde entfernt. Es wurde von zwei ausgezeichneten Informatikern auf Herz und Nieren geprüft." Felicia stockte: „Du wolltest", begann sie. „Andrej und ich", unterbrach er sie ruhig. „Ich habe es versprochen", ergänzte er mit einem fast schon liebevollen Lächeln. Felicia überlegte, zögerte einen kurzen Moment: „Du solltest nicht Kolja", schielte sie auf seine Seite. Kolja lachte: „Tu das nicht", mahnte er sanft. „Ich weiß, was ich tue", fuhr er gefasst fort, hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor er aufstand. „Du wirst um 12 Uhr abgeholt. Genug Zeit zum Frühstücken und Packen", erklärte er sachlich. War das sein Ernst? „Wirfst du mich grade raus?", entfuhr es Felicia ungläubig, während sie ihren Gegenüber fassungslos musterte. „Das ist Unsinn", stellte er mit fester Stimme klar. „Und das weißt du". „Weiß ich das?", hakte Felicia herausfordernd nach, während sie aufstand und sich auf seine Augenhöhe begab. Kolja atmete tief durch: „Ich möchte nicht, dass du gehst.", begann er überraschend sanft. „Aber auch du musst zurück in deinen Alltag", fuhr er fort, während er auf sie zutrat und seine Finger zart über ihre Wange gleiten ließ. „Wir bleiben in Kontakt", grinste er verschmitzt. Glaubte er das wirklich? Felicia lächelte zaghaft, sagte jedoch nichts. Stattdessen schob sie ihre Hand in seinen Nacken, zog ihn dicht an sich, bis ihre Lippen seine berührten.


Abschiede waren für Kolja grundlegend kein Problem, sie interessierten ihn nicht, er war daran gewöhnt, doch der Gedanke Felicia gehen zu lassen, löste ein seltsames Unbehagen in ihm aus, welches er nicht zuordnen konnte. Einer Sache war er sich ausnahmsweise sicher, er würde sie anrufen und das nicht erst in ein paar Wochen oder Monaten.
Felicia stellte ihre Handtasche auf der Rückbank des schwarzen BMWs ab, der sie nach Hause bringen sollte, bevor sie vor ihn trat.
Ein Lächeln huschte über seine Lippen: „Ich rufe dich an", bemerkte er mit einem Zwinkern. Felicia atmete tief durch, sah ihn ernst an: „Ich glaube es ist besser, wenn wir wie bisher getrennte Wege gehen", sagte sie überraschend ruhig. „Was?", entfuhr es ihm perplex. Er hatte mit allem gerechnet, aber sicher nicht damit, nicht damit, dass sie ihm eine Abfuhr erteilen würde. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, strich über seine Wange, berührte seine Lippen kaum merklich mit ihren. „Wir wissen beide, dass du dazu nicht fähig bist, Kolja", hauchte sie an seinen Lippen. Er schluckte. Was zur Hölle? Mit einem Mal legte sie ihre Lippen nun deutlich spürbar auf seine, küsste ihn mit einer unglaublichen Intensität, bevor sie sich von ihm löste: „Getrennte Wege können sich ja gelegentlich kreuzen.", bemerkte sie mit einem verschmitzten Grinsen und ließ ihn fassungslos stehen.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt