...sollte man sich daran ein Beispiel nehmen?

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Felicia sah Kolja perplex nach. Die Tatsache, dass er seine eigene Mutter mit ihrem Vornamen ansprach schockierte sie ein wenig. Langsam bekam sie einen Eindruck davon, was er mit kompliziert meinte. Die Spannung zwischen ihm und seiner Mutter war unverkennbar und deutlich spürbar. Sie schien nicht der Grund zu sein, weshalb er an diesem Wochenende dort war, es war eher Edgar. „Entschuldigen Sie das Verhalten meines Sohnes", begann Marit kopfschüttelnd. „Er war schon immer etwas schwierig". Wenn Jemand schwierig war, war es wohl eher sie. Felicia zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen, sah Marit direkt an: „Da gibt es nichts zu entschuldigen". Auf ein derartiges Gespräch würde sie sich sicher nicht einlassen. Marit lehnte sich zurück, erwiderte ihren Blick mit einem undefinierbaren Grinsen. Was ging in dieser Frau vor?
„Feli", hörte sie Koljas Stimme neben sich, worauf sie den Mann im Türrahmen betrachtete, seine Tasche über die Schulter geworfen und ihren Koffer in der Hand: „Ich zeige dir unser Zimmer". „Wir haben für 20 Uhr einen Tisch reserviert. Also kommt erst einmal in Ruhe an, macht euch fertig und um halb 8 wollen wir dann los.", erklärte Edgar ruhig.
„Bist du hier aufgewachsen?", wollte Felicia neugierig wissen, als sie das kleine unheimlich gemütliche Gästezimmer betraten. Kolja stellte die Sachen neben dem kleinen Bett ab und schüttelte den Kopf. „Nein, mein Elternhaus ist dem Rosenkrieg meiner Eltern zum Opfer gefallen.", erklärte er knapp und hob beiläufig die Schultern. „Dieses Haus hat sich meine Mutter erst später gekauft." „Und es ist sehr schön", stellte Felicia fest, während sie sich im Zimmer umsah. Auch hier zeigte sich die Detailverliebtheit seiner Mutter, sie hatte augenscheinlich ein Gespür für Einrichtung und Dekoration. Kolja schmunzelte: „Sie ist Raumdesignerin". „Das erklärt Einiges", lächelte sie anerkennend. „Und wo ist deine kreative Ader, Kolja?", stichelte sie amüsiert, worauf seine Mundwinkel zuckten: „Da sieht man mal, dass du keine Ahnung von Programmierarbeiten hast", zwinkerte er mit einem verschmitzten Grinsen. „Du kannst ja versuchen es mir zu erklären", schmunzelte sie und trat einen Schritt auf ihn zu. Er lachte: „Das würde definitiv zu viel Zeit beanspruchen. Da gibt es deutlich sinnvollere Dinge, die man tun könnte.", erwiderte er mit einem verführerischen Grinsen, trat ebenfalls einen Schritt auf sie zu und ließ seine Hand über ihre Taille wandern. Felicia näherte sich langsam seinen Lippen, stoppte nur wenige Millimeter, bevor sie sich berühren konnten. „Hast du mal auf die Uhr gesehen?", flüsterte sie an seinen Lippen, provozierte ihn. Er schmunzelte: „Zeit genug". Provokant legte sie ihre Lippen für einen kurzen Moment auf seine, bevor sie sich doch von ihm löste, ihm auf die Brust klopfte und zu ihrem Koffer ging: „Wir sollten uns fertigmachen". Ihre Mundwinkel zogen sich nach oben, als sie ihren Koffer öffnete und seinen verdutzten Blick auf sich spürte. Sie liebte es ihn zu ärgern.


Kolja betrachtete Felicia unauffällig, während sie neben ihm das Restaurant betrat. Ihr Outfit war schlicht und dennoch gefiel es ihm unwahrscheinlich gut. Sie trug eine hellblaue engere Jeans, darüber eine weiße Bluse aus dünnem Stoff, welche ihren Oberkörper locker umspielte, dazu schlichte schwarze Pumps. Ihre blonden lockigen Haare hatte sie zu seiner Überraschung an diesem Abend nicht hochgesteckt, sondern trug sie offen. Mit einer fließenden Bewegung schob sie eine der widerspenstigen Locken erneut hinter ihr Ohr, ließ ihre Finger dabei sachte über ihren Hals gleiten. „Gefällt dir was du siehst, Kolja?", bemerkte sie amüsiert, ohne ihn dabei anzusehen. Seine Mundwinkel zuckten, ihre Beobachtungsgabe war einfach bemerkenswert, sagte jedoch nichts. Auch er hatte sich seiner Mutter zuliebe umgezogen, trug nun eine Jeans und ein hellblaues T-Shirt.
Zu seiner Überraschung verlief der Abend bisher ruhiger als erwartet. Seine Mutter stichelte nicht, Emil nervte nicht und Edgar schien einfach zufrieden zu sein mit seiner Familie an einem Tisch zu sitzen. Auch Felicia schien den Abend zu genießen, unterhielt sich angeregt mit Emil und Edgar, sogar gelegentlich mit seiner Mutter, wenn auch nur sehr oberflächig.
„Wie lange kennen Sie sich schon?", fragte Felicia lächelnd an Edgar gewandt, welcher schmunzelte: „Wir kennen uns seit knapp 17 Jahren, liiert sind wir erst seit 13" „Darf ich fragen, wie Sie sich kennengerlernt haben?", hakte sie weiter interessiert nach. Edgar lachte: „Sag doch bitte du", bot er nun höflich an und fuhr fort: „Sie hat das Haus meiner Ex-Frau und mir eingerichtet. Schon damals hat sie mich unglaublich fasziniert, aber ich war ja in einer Beziehung". „Soll ja nicht für Jeden ein Hindernis sein, nicht wahr Kolja?", warf seine Mutter fast schon beiläufig ein. Er biss die Zähne zusammen, ignorierte ihren Seitenhieb und nahm stattdessen einen großen Schluck aus seinem Weinglas. Er wollte nicht laut werden, Edgar zuliebe und schon gar nicht vor Felicia. „Marit, lass den Jungen doch jetzt mal", wies Edgar seine Mutter zurecht. „Na jedenfalls bin ich ihr zufällig einige Jahre später erneut begegnet, diesmal als alleinerziehender Vater eines Zweijährigen. Aber Marit hat den Kleinen so herzlich aufgenommen.", lächelte er und warf seiner Mutter einen liebevollen Blick zu. „Und ich den Großen, er war schließlich schon 29", fuhr er grinsend fort „Ich mag den Jungen sehr". Kolja schmunzelte zaghaft, auch er mochte ihn unglaublich gerne. In den letzten 13 Jahren war er fast schon zu einer Vaterfigur für ihn geworden, einen Vater den er seit seinem 18 Lebensjahr nicht mehr hatte.


„Nun, woher kennt ihr euch?", wollte Edgar nun ebenfalls neugierig wissen. Felicia lächelte charmant: „Möchtest du die ehrliche oder gesellschaftstaugliche Antwort?", entgegnete sie keck. Ihr Gegenüber lachte herzlich: „Das Mädchen gefällt mir". Koljas Mundwinkel zuckten kaum merklich, während Marit ungläubig den Kopf schüttelte. „War ein teures Vergnügen", stellte er schmunzelnd fest. „Du hast sie gebucht?", wollte Edgar verwundert wissen, worauf Kolja lediglich mit den Schultern zuckte und an seinem Wein nippte. „Jetzt bist du aber privat hier. Das verwirrt mich ein wenig.", gab der ihr gegenübersitzende weißhaarige Mann ehrlich zu. Felicia lächelte: „Das ist vollkommen in Ordnung." „Emil, nimm dir bitte kein Beispiel an ihm", stellte Marit beiläufig fest. Felicia atmete tief durch: „Er soll sich kein Beispiel an einem zielstrebigen, erfolgreichen, aufrichtigen Geschäftsmann nehmen, der zudem offen und ehrlich seine Interessen vertritt?", konterte sie gelassen und sah Koljas Mutter erwartungsvoll an. Marit lächelte: „Nein, er soll sich nur kein Beispiel an einem Mann nehmen, der Frauen nicht respektiert, sie verletzt, sie als Ware sieht und benutzt wie Spielzeug. Ob er nun dafür zahlt oder nicht, spielt für mich keine Rolle" Felicia erwiderte ihr Lächeln: „Es ist traurig, dass Sie so über ihren eigenen Sohn denken", stellte sie selbstsicher fest und sah zu Kolja, welcher sie überrascht musterte. „Gehen wir eine rauchen?", fragte sie bemüht ruhig, schob ihren Stuhl zurück und verließ das Lokal in der Hoffnung, dass Kolja ihr folgen würde. Diese Frau war unfassbar!
„Edgar ist begeistert von dir", ertönte Koljas ruhige Stimme neben ihr, während er ihr eine Zigarette entgegenhielt. „Deine Mutter vermutlich eher nicht", bemerkte sie mit einem zaghaften Lächeln und nahm die Zigarette entgegen. Kolja zuckte mit den Schultern: „Das ist schwer zu sagen", lachte er, zog ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche, entzündete die Zigarette zwischen ihren Lippen und betrachtete sie aufmerksam. Es lag etwas in seinem Blick. Anerkennung!
„Warum ist sie so?", fragte sie und zog den Rauch ihrer Zigarette tief in die Lungen. Kolja überlegte, zog ebenfalls an der Zigarette in seiner Hand: „Mein Vater war ihre erste große Liebe. Nach diesem Vertrauensbruch konnte sie lange niemandem vertrauen, war depressiv. Es hat sie nachhaltig geprägt und du hast sie gehört, ich bin ihm zum Verwechseln ähnlich. Optisch als auch charakterlich.", erklärte er sachlich, zuckte erneut mit den Schultern: „Aber wir hatten auch vor der Trennung meiner Eltern kein gutes Verhältnis. Ich war schwierig". Felicia hob eine Augenbraue und schmunzelte: „Schwieriger als heute?". Kolja lachte, blies den Rauch in die Luft: „Ich war eine Herausforderung", bemerkte er, während Felicia einen Schritt auf ihn zutrat, ihren Finger über seine Brust nach oben wandern ließ, bis sie in seinen Nacken griff, ihn näher an sich zog.


Kolja schluckte, als Felicia ihren Finger zaghaft über seine Brust in seinen Nacken wandern ließ, den sie fest mit ihrer Hand umschloss und ihn näher an sich heranzog: „Ich mag Herausforderungen, Kolja", hauchte sie verführerisch, bevor sie mit ihrer Zunge leicht über seine Lippe fuhr. „Du weißt nicht worauf du dich einlässt", erwiderte er tonlos. „Zu spät", flüsterte sie kaum hörbar, bevor sie ihn fordernd küsste. Überrascht von der Intensität des Kusses keuchte er auf. Was machte diese Frau mit ihm?
„Alle Achtung, wenn deine Mutter mich mal so küssen würde", hörte er Edgars Stimme hinter sich. Augenblicklich, wenn auch widerwillig, löste er sich von Felicia und verzog das Gesicht: „Bitte sag so etwas nicht, Edgar. Es ist noch immer meine Mutter". „Hast du eine Zigarette für mich?", fragte Edgar, ohne auf seine Bemerkung einzugehen, grinste jedoch über beide Ohren. „Hast du nicht aufgehört?", stichelte Kolja. „Ach hör doch auf", winkte sein Gegenüber ab. „Ich heirate morgen, gib mir einfach eine Zigarette."


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