Das konnte niemand vorhersehen...

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Felicia musterte den adrett gekleideten Mann neben sich aufmerksam, während er sich höflich von Phil und Seline verabschiedete. Sie freute sich, ihn den Rest des Abends für sich zu haben, seine Lippen zu spüren, seine Haut zu berühren. Sein eleganter Anzug, seine professionelle sachliche Art, sein unverschämt charismatisches Auftreten entfachten etwas in ihr. Sie wollte ihn.
Kolja atmete erleichtert auf, als Phil und Seline um die nächstgelegene Ecke bogen. Augenblicklich huschte ein verführerisches Grinsen über seine Lippen, bevor er ihre Taille umfasste, sie mit einem Ruck an sich zog. „Das war ganz schön beeindruckend", hauchte er an ihren Lippen. Felicia sah ihn an, ließ ihre Finger über seinen Hals gleiten, drückte sich an ihn. „Ich will dich, Kolja.", flüsterte sie, bevor sie ihre Lippen auf seine legte, nach seiner Zunge verlangte. Ihr gegenüber keuchte überrascht auf, ließ seine Hände über ihren Körper wandern, bis er sich atemlos von ihr löste: „Das sollten wir nicht hier tun", lachte er verschmitzt. Felicia zuckte mit den Schultern: „Dann sollten wir lieber gehen", konterte sie mit einem Zwinkern, bevor sie ihre Zunge erneut vielversprechend über seine Lippen gleiten ließ.
Eine Bewegung in ihren Augenwinkeln ließ sie augenblicklich aufschrecken. Etwas stimmte nicht. Kolja sah sie verwirrt an: „Ist wirklich alles in Ordnung?", wollte er fast schon besorgt wissen. Felicias Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie war sich sicher, es war Roger, er war tatsächlich in München. Er war es gewesen, den sie am Mittag im Cafe gesehen hatte, er war es gewesen, den sie nur wenige Stunden zuvor im Restaurant erblickt hatte und sie war sich sicher, dass er noch immer in der Nähe war. Ohne auf Koljas Frage einzugehen, sah sie sich aufmerksam um, musterte jede einzelne Ecke, bis ihr Herz stehen blieb. Wenige Meter entfernt erblickte sie eine Gestalt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, spürte seine Augen auf sich. Roger. Felicia schluckte: „Er folgt mir", flüsterte sie kaum hörbar, es war eher eine Feststellung an sich selbst. „Was?", entfuhr es Kolja, welcher nun ihrem Blick zu folgen schien, bis auch er die Gestalt wahrzunehmen schien.


Kolja erblickte die Gestalt im Schatten des Nachbargebäudes, welche Felicia offensichtlich gehörig verunsicherte. Dieser Mann folgte ihr? Was sollte das heißen? Kolja taxierte den schmächtigen Mann, welcher wie angewurzelt wenige Meter entfernt stand und die Frau vor sich geistesabwesend zu beobachten schien. Ohne zu zögern löste er sich von ihr, ging auf den Mann zu. Als dieser jedoch bemerkte, dass Kolja sich ihm näherte, sah er sich hektisch um und rannte los. „Hey", schrie Kolja, rannte ebenfalls los, er wollte ihn zur Rede stellen. Als er ihn erreichte packte er ihn bestimmt an seinem Kapuzenpullover, schlagartig drehte sich der junge Mann vor ihm um, bis er plötzlich einen stechenden Schmerz in seiner Seite wahrnahm. Er keuchte auf, sah an sich hinunter. „Was?", entfuhr es ihm tonlos, als er das Blut an seiner Hand erblickte.


„Fuck! Roger!", schrie Felicia auf, während sie das Gesicht des Mannes erkannte. Er hielt ein geöffnetes Klappmesser in seiner Hand, sah fassungslos zu dem Mann vor ihm, welcher schwer atmend auf seine blutverschmierte zittrige Hand blickte, bevor er in sich zusammensackte. Wie aus einer Trance gerissen, rannte der junge Mann los. „Kolja...ach du scheiße...HILFE", schrie Felicia schockiert, hoffte so ihre Umwelt auf das Geschehe aufmerksam zu machen.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt