Fickbekanntschaft?

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Felicia betrachtete gespannt den Mann neben sich, kaute nervös auf ihrer Lippe herum. Der Polizist hatte recht behalten, Koljas Zustand war kritisch gewesen. Wie es schien, hatte dieser eine kleine Messerstich innere Blutungen verursacht, die nur durch eine zügige Notoperation hatten versorgt werden können. Nach Aussage der Ärzte war sein Zustand inzwischen zwar stabil, doch sein Körper brauchte wohl noch etwas Zeit. Sie schmunzelte, hatte sich einer kleinen Notlüge bedient, um überhaupt Informationen zu erhalten und bei ihm sein zu können, doch das musste er fürs Erste nicht erfahren. Sie atmete tief durch, spürte langsam die aufkeimende Müdigkeit. Bisher war sie nur für einen kurzen Moment in Koljas Wohnung gewesen und das auch nur um ein paar Sachen zu holen und sich zumindest, statt ihres Kleides, eine Jeans und ein Sweatshirt überzuwerfen.
„Darf ich erfahren, wer Sie sind?", vernahm sie urplötzlich eine weibliche Stimme hinter sich. Überrascht sah sie zur Tür, erblickte eine junge unglaublich attraktive Frau, welche sie aus ihren hellgrauen Augen ernst musterte. „Wie bitte?", entfuhr es Felicia perplex. „Der Arzt meinte Kolja braucht Ruhe", erklärte sie forsch. „Dann sollten Sie vielleicht leise sein", konterte Felicia gelassen und wandte ihren Blick ab. Die Frau schnaubte verächtlich, trat an ihr vorbei und hauchte Kolja einen sanften Kuss auf die Stirn. „Nun, wenn sie eine seiner Fickbekanntschaften sind, haben Sie hier nichts zu suchen", bemerkte sie kühl, sah ihr direkt in die Augen. Wer war diese Frau?

Kolja atmete tief ein, bereute es jedoch augenblicklich als er den stechenden Schmerz in seinem Körper spürte. Was zur Hölle? „Nun wenn Sie eine seiner Fickbekanntschaften sind, haben Sie hier nichts zu suchen", hörte er eine ihm nur allzu bekannte Stimme. Ein Schmunzeln trat auf seine Lippen. „Anouk", hauchte er. „Kolja", entfuhr es ihr freudig, während sie sich förmlich um seinen Hals warf. „Autsch, pass auf", zuckte er zusammen und schob sie sanft von sich. „Du hast mich fast zu Tode erschreckt", stellte sie besorgt fest. Er schmunzelte zaghaft, ihm war nicht ganz klar, was tatsächlich vorgefallen war. Er war müde, sein Körper fühlte sich an, als wäre er durch einen Fleischwolf gedreht worden. „Du solltest schlafen", bemerkte seine Gegenüber und strich ihm sanft über seine Wange. „Sie gehen jetzt besser", sprach sie an eine weitere Person im Raum gerichtet. Irritiert sah er zur Seite und erblickte Felicia, welche auf dem Stuhl neben ihm saß. „Vielleicht sollte ich gehen", bemerkte sie mit einem müden Lächeln und erhob sich. Er schüttelte sachte den Kopf: „Geht's dir gut?", flüsterte er. Sie nickte: „Ich bin froh, dass es dir gutgeht", erwiderte sie leise, während sie auf ihn zutrat. Der Ausdruck in ihren Augen verwunderte ihn, war anders als sonst, sanft fast schon vertraut. „Dich zu daten ist ja lebensgefährlich", flüsterte er kaum hörbar, während seine Mundwinkel zuckten. Felicia lächelte zart, während sie ihm kaum merklich über die Haare strich: „Seit wann datest du mich?", flüsterte sie mit einem herausfordernden Grinsen dicht an seinem Ohr. Er lachte, stockte jedoch aufgrund seiner Schmerzen. „Sie hat Recht, du solltest schlafen, Kolja. Wir sprechen später.", fuhr sie mit ruhiger Stimme fort, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und verließ das Zimmer.


Felicia saß auf einem der unbequemen Stühle im Wartebereich des Krankenhauses, blickte auf die Zeitung in ihrer Hand: - MÜNCHEN - Mann wird durch Messerangriff schwer verletzt – las sie die Schlagzeile und atmete tief durch. Die Bilder des nun fast zwei Tage zurückliegenden Ereignisses gingen ihr einfach nicht aus dem Kopf. – Wie die ermittelnde Staatsanwaltschaft auf Anfrage erklärte konnte der 27-jährige Täter bereits am Tatort in Gewahrsam genommen werden. Zeugen werden derzeit noch vernommen. Bei dem Opfer handelt es sich um den millionenschweren IT-Unternehmer Kolja W. Quellen gaben an, dass das Opfer Kontakt zu Damen des Rotlichtmilieus pflegte. Die Tat stehe hiermit wohl in direktem Zusammenhang. Zum Tathergang selbst und dem Grund der Auseinandersetzung machte die Staatsanwaltschaft jedoch keine Angaben. Die Polizei ermittele die Hintergrunde grade.– Rotlichtmilieu? Angefressen klappte sie die Zeitung zu, dieser Artikel war doch absoluter Schwachsinn! Die Situation wurde vollkommen falsch dargestellt. Was nahm sich die Presse eigentlich heraus?
„Doch keine Fickbekanntschaft?", vernahm sie die Stimme der Frau, die sie noch vor wenigen Minuten hatte aus Koljas Zimmer werfen wollen. Ein entschuldigendes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab, während sie ihr einen Kaffeebecher entgegenstreckte. Perplex nahm Felicia das Kaffeeangebot an und beobachtete, wie sich die junge Frau neben ihr auf den Stuhl sinken ließ. „Er schläft", bemerkte sie ruhig und nippte an ihrem Kaffee. Sie musste ihren verwirrten Blick bemerkt haben: „Wären Sie tatsächlich eine, hätte Kolja selbst Sie im hohen Bogen aus dem Zimmer geworfen", fuhr sie erklärend fort und zuckte mit den Schultern. „Miese Presse?", fuhr sie fort und deutete beiläufig auf die Zeitung in Felicias Hand. Sie nickte. Erneut zuckte die Frau mit den Schultern: „Ich lese mir diesen Unfug erst gar nicht mehr durch." Die Belanglosigkeit dieses Gesprächs irritierte Felicia. Wer war diese Frau eigentlich? Befremdet sah sie auf, blickte der Frau neben sich unmittelbar ins Gesicht: „Darf ich erfahren, wer Sie sind?" „Oh Entschuldigung." begann ihre Sitznachbarin breit lächelnd und streckte ihr die Hand entgegen „Ich bin Anouk, Koljas kleine Schwester. Und sie sind?" Felicia zögerte: „Felicia, eine Freundin". Ihr Lächeln wurde breiter, während sie eine Augenbraue hob. „Eine Freundin, natürlich".


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