Suspekt

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Schon beim ersten kleinen Ton seines Weckers griff Kolja nach dem Handy neben sich. Er wollte nicht, dass Felicia aufwacht, schließlich war er es, der um kurz nach 5 aufstehen musste, nicht sie. „Netter Versuch", hauchte sie neben ihm, fast schon verführerisch, und ließ ihre Hand über seine Brust gleiten. „Du solltest einfach weiterschlafen", bemerkte er ruhig, wollte aufstehen. Doch bevor er sich aus dem Bett schieben konnte, spürte er ihren festen Griff in seinem Nacken, welcher ihn eben genau davon abhielt. „Was?", entfuhr es ihm überrascht, bevor sich Felicia auf ihn schob und ihn von oben herab betrachtete. Ein Schmunzeln huschte angesichts ihres Anblicks über seine Lippen, ihre lockigen blonden Haare, welche wild durcheinander über ihre Schultern fielen, ihr verschlafener Blick, ihr unglaublich verführerisches Lächeln. „Möchtest du mir etwas sagen?", fragte sie herausfordernd, sah ihm entschlossen in die Augen und presste ihre Oberschenkel fest an seinen Körper, was ihm ein überraschtes Stöhnen entlockte. Er schluckte fest, schüttelte wortlos den Kopf, bevor sie sich nach vorne beugte, ihre Lippen sanft über seinen Hals gleiten ließ. „Weißt du noch, was ich dir über Sex am morgen gesagt habe?", flüsterte sie dicht an seinem Ohr, bevor sie sich erneut dicht an seinen Schoß drückte. „Ich muss los", stöhnte er. Diese Frau! Langsam näherte sie sich seinen Lippen, berührte sie zaghaft, spielte mit ihm. Ein provokantes Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie unerwartet ihre Hand zwischen ihre Beine gleiten ließ. Augenblicklich schossen ihm die Bilder ihrer ersten Begegnung in den Kopf, wie sie sich vor ihm zum Orgasmus gebracht hatte und noch immer hatte allein die Erinnerung daran eine unglaubliche Wirkung auf ihn.
Kolja spürte, wie sie sich langsam auf ihn gleiten ließ, er tief in sie eindrang. „Fuck", stieß er vollkommen überrascht hervor. Er konnte definitiv nicht aufstehen! Fasziniert beobachtete er Felicia, wie sie ihre Hüfte langsam bewegte, genießerisch die Augen schloss, dabei ein wohliges Stöhnen über ihre Lippen kam. Immer wieder ließ sie ihn tief in sich eindringen, während sie ihn nun ansah, ihm fest in die Augen blickte. Ihr Atem wurde unruhiger, ihre Bewegungen fordernder, während ein Zittern ihren Körper durchfuhr. Angespornt durch Felicias Orgasmus begann auch Koljas Körper zu zittern. Ein Stöhnen entfuhr ihm, welches durch einen unerwarteten fordernden Kuss förmlich erstickt wurde.
Mit einem triumphierenden Grinsen löste sie sich von ihm: „Deinen Termin schaffst du noch, oder?", witzelte sie, während sie sich von ihm rollte und unter die Decke kroch. Perplex sah er die Frau neben sich an, ging auf ihre Frage erst gar nicht ein: „Und du fragst dich, was mit mir nicht stimmt?", lachte er, schüttelte den Kopf und schob sich aus dem Bett. „Sehen wir uns heute Abend?", fragte er mit einem amüsierten Grinsen, während er in seine Hose stieg. Felicia schüttelte den Kopf: „Ich muss arbeiten".


Felicia strich eine widerspenstige Strähne hinter ihr Ohr, welche sich aus ihrer lockeren Hochsteckfrisur gelöst hatte und fuhr sachte mit der Hand über den Stoff ihres schwarzweiß gemusterten Cocktailkleides. Passt! Neugierig betrachtete sie das vor ihr liegende Haus. Groß, modern und unglaublich stilvoll. Wie bei Kolja damals kannte sie nur einen Namen, hatte keine näheren Informationen über ihren neuen Kunden, keine Ahnung was sie erwarten würde. Sie atmete tief durch und betätigte den Klingelknopf neben sich. Ein großer, gutaussehender Mann mit braunen kurzen Haaren und dunkelbraunen, fast schwarzen Augen öffnete die Tür. Statt sie höflich zu begrüßen, begutachtete er sie, als würde er seine gelieferte Ware prüfen. „Felicia, guten Abend", grüßte sie sein unhöfliches Verhalten ignorierend. Er nickte knapp: „Deniz, komm doch rein". Felicia hob eine Augenbraue, lächelte jedoch weiterhin höflich: „Ich erinnere mich nicht Ihnen das du angeboten zu haben", erklärte sie keck, während sie den weitläufigen Hausflur betrat. Ohne auf ihre Anmerkung einzugehen bedachte er sie lediglich mit einem undefinierbaren Grinsen und ging vor in sein Wohnzimmer. Dieser Mann war seltsam, irgendwie suspekt.
Im Wohnzimmer angekommen wollte sie grade das Wort ergreifen, als sie schwungvoll gegen die nächstgelegene Wand gestoßen wurde, sein Körper dicht an ihrem, während er seine Lippen fest auf ihre presste. Shit! Bestimmt schob sie Deniz von sich, zwang sich ein Lächeln auf die Lippen: „Keine Küsse", sagte sie mit fester Stimme. Wieder trat dieses Grinsen auf seine Lippen, presste sie erneut gegen die Wand: „Ich zahle, also kann ich tun was ich will", bemerkte er kühl, bevor er seine Lippen erneut auf ihre drückte, seine Zunge in ihren Mund schob. Das war zu viel! Mit Nachdruck versuchte sie den Mann vor sich von sich zu stoßen. Deniz musterte sie unbeeindruckt: „Wie süß, du willst spielen?", feixte er. Felicia schluckte fest, ihre Kiefermuskeln spannten sich an: „Nein Deniz. Es ist ein klares Nein! So läuft das nicht". „Jetzt sei doch nicht so bockig", fuhr er sie schroff an, ohne von ihr abzulassen. „Lass mich sofort los", fuhr sie ihn an, versuchte die aufkeimende Panik in sich zu unterdrücken. Dieses ekelhafte Grinsen in seinem Gesicht ließ erahnen, dass er sich keinen Millimeter bewegen würde, im Gegenteil, er leckte sich noch über die Lippen, ließ seine Hand über ihren nackten Oberschenkel nach oben gleiten. Felicia atmete tief durch, sie wollte weg, einfach nur weg von diesem seltsamen Kerl. Mit einem Ruck zog sie ihr Knie nach oben, rammte es ihrem Gegenüber direkt zwischen die Beine. „Du verdammte Hure", fluchte Deniz, welcher sich augenblicklich mit schmerzverzerrtem Gesicht von ihr löste, sich keuchend krümmte. „Wenn ich nein sage, meine ich nein. Das solltest du dir merken", schleuderte sie ihm möglichst selbstsicher entgegen, bevor sie sich von ihm entfernte und zügig das Haus verließ.
Felicia hatte sich ein paar Straßen weiter auf einer Steinmauer niedergelassen, sie musste erst einmal durchatmen, realisieren was grade geschehen war. Zum wiederholten Mal versuchte sie ihre Chefin zu erreichen, jedoch erfolglos. Das konnte doch nicht wahr sein! Immer wieder ließ sie ihr Handy durch ihre Finger gleiten, sah immer wieder auf den Bildschirm. Intuitiv hatte sie Koljas Kontakt angewählt, unschlüssig, ob sie ihn anrufen sollte oder nicht. „Verdammt", fluchte sie leise, sperrte den Bildschirm und ließ das Handy in ihre Tasche gleiten. Sie brauchte eine Zigarette und sie wusste, wo sie sie bekam. Doch ging es ihr tatsächlich nur um die Zigarette?


Kolja vernahm ein leises Klopfen an seiner Tür: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir das so durchsetzen können", erklärte er nachdenklich an Denzil gewandt, während er auf die Tür zutrat: „Hast du was bestellt?", wollte er nun irritiert wissen. Denzil schüttelte geistesabwesend den Kopf, schien gedanklich, wie auch er, in ihrer Thematik festzuhängen.
„Feli", entfuhr es Kolja überrascht als er seine Zimmertür öffnete. „Hast du eine Zigarette für mich?", fragte sie mit einem zaghaften Lächeln, welches er nur erwidern konnte: „Selbstverständlich", nickte er, während er einen Schritt zur Seite trat und ins Zimmer deutete: „Denzil ist noch da. Wir haben noch ein paar Dinge zu besprechen". „Nur eine Zigarette.", schmunzelte sie und trat selbstverständlich an ihm vorbei. „Was ist mit deinem Termin?", hakte er verwundert nach. 20:11 Uhr, eine ungewöhnliche Uhrzeit. Felicias Blick veränderte sich. Da stimmte doch etwas nicht. „Ist etwas vorgefallen?", wollte er nun irritiert wissen, erhielt jedoch fürs Erste keine Antwort auf seine Frage. „Hallo Denzil", grüßte sie gewohnt charmant. „Ich störe nicht lange". Denzil grinste über beide Ohren, warf Kolja einen amüsierten Blick zu: „Sie stören nicht. Vielleicht ist mir so auch einmal eine kleine Pause vergönnt", zwinkerte er nun an Felicia gewandt. Kolja zückte sein Zigarettenetui und deutete auf den Balkon. Er wollte wissen, was da los war.
Kolja beobachtete Felicia sorgfältig, während sie den Qualm ihrer Zigarette inhalierte und wenige Sekunden später wieder in die Luft blies. Er zögerte kurz bevor er das Wort ergriff: „Ist etwas vorgefallen?", wiederholte er seine Frage, auf die er bisher keine Antwort erhalten hatte, zog ebenfalls an seiner Zigarette und betrachtete sie erwartungsvoll. „Ich bin gegangen", antwortete sie ruhig, blies den Rauch aus ihren Lungen. „Wir waren uns nicht einig darüber, wie der Abend verlaufen sollte und wie nicht", fuhr sie überraschend beiläufig fort. Kolja hob eine Augenbraue: „Lebt er noch?", schmunzelte er knapp und beobachtete wie ihre Mundwinkel leicht zu zucken begannen. „Vermutlich kann er keine Kinder mehr bekommen", erwiderte sie schulterzuckend. Kolja lachte auf: „Das ist nicht dein Ernst!". Sie wusste sich eindeutig zu wehren, sie war keine Frau, die Schutz benötigte, niemanden brauchte der schwierige Situationen für sie klärte und genau deswegen wunderte er sich, dass sie in diesem Moment vor ihm stand, fragte sich warum sie zu ihm gekommen war, sicherlich nicht nur wegen einer Zigarette. „Was hat er..", begann er seine Frage, stoppte jedoch abrupt als sie unvermittelt auf ihn zutrat, ihre Arme um seinen Oberkörper schlang und sich sanft an seine Brust lehnte. Was? Er schluckte fest, damit hatte er nicht gerechnet. Perplex schnippte er seine Zigarette neben sich, trat sie mit dem Fuß aus, bevor er seine Arme um sie legte, sie instinktiv dichter an sich zog. Das war also der Grund, weshalb sie da war!


Felicia atmete tief ein. Dieser Geruch. Diese Nähe. Sie schluckte. War es das, worum es ging? Für einen kurzen Moment verharrte sie, schloss einfach die Augen, bevor sie sich sanft von ihm schob. „Du solltest weiterarbeiten", stellte sie ruhig fest. Ihr Gegenüber nickte zaghaft: „Bleib hier", forderte er leise, während er ihr eine Strähne aus dem Gesicht schob.


Zwei Leben - Eine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt