Ein Stein ist hart zu brechen

Kapitel 24: Colin

Autsch verdammt! Ich fluche leise vor mich hin, während ich umständlich auf einem Bein hüpfe. Womöglich habe ich mir den kleinen Zeh gebrochen, nachdem ich gerade zurück ins Zimmer gestolpert und natürlich halb über den Schreibtisch geflogen bin. Kann man an gebrochenen kleinen Zehen sterben? Falls ja, lasst mich bloß hier legen und vergehen, dann muss ich wenigstens die Scham dieser Situation nicht mehr ertragen.
Warum schließt der Idiot denn auch nicht ab? Und warum benutzt der mein Duschgel? Und warum sieht der nackt so gut aus?
Ja, das sind ne Menge warums, ich weiß. Ich lehne mich kurz an die Kante des Schreibtischs und betrachte meinen kleinen Zeh. Er beginnt schon sich rot und blau zu verfärben. Großartig. Ich humple um die Ecke, und lasse mich rücklings aufs Bett fallen. Vor meinem inneren Auge hat sich dieses Duschbild eingebrannt. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, aber dieser kurze Moment macht es sich jetzt in meiner Phantasie bequem. Ich presse mir mein Kopfkissen ganz fest aufs Gesicht und lass einen lauten Schrei los.
"Kann man dir helfen?"
Ich erstarre. Schon zum zweiten Mal an diesem Morgen. Ich ziehe langsam das Kissen ein Stück über meine Augen. Noah lehnt selbstgefällig an der Wand am Fussende. Er hat nur ein Handtuch um die Hüften, und von seinen langsam wieder nachwachsenden Haaren fallen ein paar Tropfen Wasser auf seine nackte Brust.
Könnte ich nochmal auf die Möglichkeit des plötzlichen Ablebens zurück kommen? Ich würde mich auch mit einer vorübergehenden Ohnmacht zufrieden geben. Ehrlich Noah, der Teufel soll dich holen und dir die Selbstgefälligkeit aus dem Gesicht wischen!
"Warum schreist du in dein Kissen?", fragt er schmunzelnd.
Er kennt die Antwort darauf mit ziemlicher Sicherheit. Aber ich werde ihm den Gefallen nicht tun.
"Hab mir nur den Zeh angeschlagen", murmle ich stattdessen in mein Kissen.
Sein Blick wandert zu meinem Fuss. Er tritt direkt ans Fussende des Bettes, greift nach meinem Bein und betrachtet meinen Zeh.
"Ist ziemlich blau. Soll ich fragen ob wir ein Kühlpack oder Eiswürfel haben?"
Ich schüttle den Kopf, und getraue mich kaum ihm in die Augen zu schauen. Und dann tut er etwas, von dem ich mich womöglich nie erholen werde. Er senkt seinen Kopf, und gibt meinem kleinen Zeh einen kurzen sanften Kuss, dreht sich um in Richtung Kleiderschrank und sagt im Gehen noch: "Das wird schon alles gut."
Und ich frage mich, ob er damit wirklich meinen Zeh meint.