Ein Stein ist hart zu brechen

Kapitel 38: Colin

Ich schwanke gefühlsmäßig zwischen Aufregung und Angst. Ich bin froh, dass Noah zum ersten Mal seine inneren Türen weiter öffnet als nur einen Spalt breit. Gleichzeitig habe ich Sorge vor dem was er erzählen wird. Und ein ganz kleiner blöder Teil in mir fragt sich ängstlich, ob er noch in Tim verliebt sein könnte.
"Naja, wir haben anfangs nur manchmal ein paar Worte gewechselt. Über die Schule, das Tennis, das Wetter. Erst in den Sommerferien wurde unser Kontakt vorsichtig mehr. Er musste auch in den Ferien trainieren, und auch wenn ich mit Tennis nichts anfangen kann, ich war froh über diesen Job. Alles war besser als zuhause zu sein. Manchmal saßen wir Abends noch am Tennisplatz, tranken Cola und ließen den Tag einfach ausklingen. An einem Abend hatte ich gerade die Ballmaschinen von den Plätzen in die Geräteschuppen gebracht, als er plötzlich da war und mich geküsst hat."
Ich muss schlucken in dem Moment, denn die Vorstellung gefällt mir nicht. Trotzdem kann ich es Tim nicht verübeln. Ich hätte womöglich das gleiche getan.
"Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass Tim auf Jungs steht. Aber von da an haben wir viel Zeit im Geräteschuppen verbracht."
Okay, ich boxe ihn spielerisch in die Seite.
Er sieht mich an und grinst. "Sei nicht eifersüchtig", sagt er leise, und streicht mir eine Haarsträhne aus der Stirn. "Wenn ich dich da schon gekannt hätte, dann hätte ich dich auf den Aufsitzrasenmäher geschnallt, und wäre mit dir gen Sonnenuntergang gefahren."
Ich muss lachen und boxe ihn jetzt gleich nochmal in die Seite. Da greift er nach meinen Händen, zieht sie über sich und verschließt sie in seinem Nacken. Und dann küsst er mich wieder. Tief und intensiv, und so lange, dass ich irgendwann vergesse, dass es auf dieser Welt Tims, Väter oder überhaupt irgendwelche Menschen gibt, außer ihm und mir.