Ein Stein ist hart zu brechen

Kapitel 40: Noah

Colin schiebt jetzt zum vierten Mal seine Erbsen auf dem Teller von links nach rechts. Die letzte Stunde war anstrengend. Ich merke selbst, wie bei mir die Luft raus ist, und ich bin froh, dass wir heute Nachmittag keinen Unterricht mehr haben.
Die Themen aus Zechs Unterricht werden hier am Essenstisch weiter besprochen. Ich kann verstehen, dass die Leute aufgewühlt sind, aber ich bin gerade einfach nur müde.
"Und Hass oder zumindest mal Ablehnung kann einem ja auch in der eigenen Familie oder im Freundeskreis passieren. Es wird auch immer noch Eltern geben, die es nicht akzeptieren, wenn ihr Kind queer ist."
Ehrlich, ich mag Julia sehr, ich weiß, sie ist Noahs beste Freundin und dass er ihr Ende des letzten Schuljahres erzählt hat, dass er mich geküsst hat, aber gerade wünschte ich, sie würde das Thema wechseln.
Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und schreibe Colin eine Nachricht:
"Sollen wir uns oben für ne Stunde aufs Bett legen?"
Er greift nach seinem Handy, liest die Nachricht und hebt den Kopf. Statt mir stumm per Nachricht zu antworten sagt er: "Später vielleicht. Ich will erst noch ein paar Sachen für Mathe und so machen", und damit nimmt er sein Geschirr, lächelt kurz, steht dann auf und geht.
Ich bleibe etwas verloren zurück. Es fällt mir schwer ihn in diesem Moment einfach ziehen zu lassen, aber ich will ihm auch den Raum geben den er braucht.
"So eine Ablehnung hat ja dann vielleicht auch zur Folge, dass die Kinder für etwas bestraft werden, das eigentlich in der Verantwortung der Eltern liegen würde es zu beheben. Eltern haben doch die Aufgabe ihre Kinder zu lieben und zu schützen!"
Die Gespräche am Tisch gehen lebendig weiter, und ich fühle, wie sie mir gerade einfach die Energie rauben.
"Ja, und wenn das dann eben nicht passiert in dem Moment, dann wird das Kind an sich zweifeln. Bin ich richtig so? Bin ich liebenswert?", höre ich noch, als ich es Colin gleich tue, und einfach aufstehe und den Raum verlasse.