Kapitel 30: Colin

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"Was hältst du von: können tik tok Videos langfristig die Stimmung beeinflussen?"
Noah blickt von seinem Laptop auf. Wir sitzen uns auf unseren jeweiligen Betten zugewandt gegenüber.
"Wie meinst du das?"
"Naja, wenn du zum Beispiel ein Video von einem süßen Hund siehst, der in ein Kinderplanschbecken hüpft, dann kann dich das zum lachen bringen. Es kann also kurzfristig deine Stimmung beeinflussen. Aber können Videos diese Wirkung, egal ob positiv oder negativ, auch langfristig haben?"
Noah sieht mich aufmerksam an.
"Klingt gut. Vor allem, weil du dann auch mögliche negative Folgen mit rein bringen kannst. Ob sich das schauen von Fitfluencervideos zum Beispiel langfristig negativ darauf auswirken kann, wie wohl du dich mit deinem Körper fühlst."
Ich nicke. "Super Idee! Lass uns das gleich mal aufschreiben! Kann ich deinen Laptop benutzen?"
Noah nickt und reicht ihn mir. Als ich den Browser schließe muss ich lächeln. Sein Desktophintergrund ist das Foto vom open air kino, das ich ihm geschickt habe.
"Irgendwann gehen wir da zusammen hin", sage ich, und er sieht mich fragend an.
"Zum open air Kino im Park. Dir zuliebe schaue ich dann auch wieder einen Horrorfilm."
Er grinst und nickt dann in Richtung des Laptops auf meinen Beinen.
"Ich hatte eine etwas ähnliche Idee für das Projekt", sagt er. "Vor ein paar Tagen habe ich über Gerüche nachgedacht, und über Erinnerungen die damit verknüpft sind. Vielleicht könnte man eine Untersuchung machen, wo zum Beispiel eine bestimmte Sache auf unterschiedliche Weise präsentiert wird, um zu schauen, ob die Erinnerungen unterschiedlich emotional sind, die dadurch wach gerufen werden."
"Kannst du mal ein Beispiel machen?"
"Hmm. Keine Ahnung. Hast du zum Beispiel irgendetwas, einen Ort oder so, den du mit deiner Kindheit verbindest, und der einen speziellen Geruch hat?"
Ich überlege einen kurzen Moment, und mir kommt eigentlich umgehend ein Gedanke.
"Oh ja! Das Freibad. Das habe ich jetzt im Sommer total gemerkt, als ich dort gearbeitet habe. Kaum war ich dort, und habe diesen ganz speziellen Geruch aus Chlor, Pommes und frisch gemähtem Gras gerochen, hatte ich richtig intensive Erinnerungen an meine Kindheit."
Noah nickt eifrig.
"Und jetzt würde man versuchen, diesen Geruch so herzustellen, dass man ihn in einer Untersuchung verwenden kann. Und dann würden einige Versuchsteilnehmer*innen zum Beispiel diesen Geruch präsentiert bekommen. Anderen würde man vielleicht Fotos aus einem Freibad im Sommer präsentieren, und wieder andere würden eine Tonaufnahme hören, auf der man das Wasser hört, Kinder die planschen und all das. Und am Ende befragt man alle und vergleicht, ob die geweckten Erinnerungen unterschiedlich emotional waren, obwohl sie eigentlich das gleiche repräsentieren."
Ich sehe ihn staunend an.
"Wow. Klingt zwar irgendwie kompliziert, und ich glaube, wir müssten da mehrere Durchgänge mit unterschiedlichen Sachen machen, aber die Idee finde ich echt spannend. Ich schreibe das mit dem Schwimmbad Beispiel gleich mal dazu."
Ich notiere gerade die letzten Wörter, als mein Handy auf meinem Nachttisch vibriert.

Ein Stein ist hart zu brechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt