Kapitel 41: Colin

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Ich sitze in der Bibliothek an einem der großen PCs. Für Recherchearbeit mag ich es hier manchmal ganz gerne. Inzwischen sitze ich sicher schon zwei Stunden hier und mein Magen knurrt. Ich habe die Gespräche im Speisesaal vorhin aber einfach nicht mehr hören wollen.
Vor mir sind mehrere tabs geöffnet, von Themen wie queerfeindliches Mobbing, hate speech oder Grundrechte ist alles dabei. Ich hatte mir anfangs erstmal nur die Aufgabenliste für die Hausaufgabe aus "Werte und Normen" downgeloaded, und mit ganz oberflächlicher Recherche zum Thema Diskrimierung angefangen. Von dort ging es immer weiter zu Antidiskrimierungsrechten, Hassverbrechen und mehr. Wie Alice im Wunderland fiel ich in ein rabbit whole aus unschönen Nachrichten. Gerade höre ich mir über Kopfhörer auf Youtube ein Video von einem Jungen an, der nach seinem coming out zuhause rausgeworfen wurde. Ich glaube, dass meine Eltern entspannt auf ein coming out reagieren würden, und das beruhigt mich.
Plötzlich huscht ein Kuss in meinen Nacken, und erschrocken drehe ich mich um. Noah folgt meinem Blick, aber von den wenigen Menschen hier scheint niemand davon Notiz zu nehmen. Und eigentlich sollte es mir egal sein wenn doch.
Er rutscht auf den Stuhl am Tisch neben mir, und wirft einen Blick auf meinen Desktop.
"Ich arbeite an den Hausaufgaben von heute", sage ich etwas verlegen, und kaue dabei auf meiner Unterlippe.
Noah rutscht mit seinem Stuhl ganz nah an meinen, und schaut sich erst die möglichen Arbeitsthemen und dann die Seiten an, die ich vor mir offen habe.
In dem Moment knurrt mein Magen laut und ich muss trotz der Schwere dieser Themen kurz lachen.
"Ich war in der Stadt", sagt Noah, und irgendwie tut mir leid, dass ich ihn vorhin einfach so zurück gelassen habe. "Ich habe Cookies und Chips gekauft, und Erdnüsse und Gummibärchen. Sollen wir hoch gehen?"
Und ich nicke und folgen ihm in unser Zimmer.

Ein Stein ist hart zu brechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt