"Ihr Lieben, heute möchte ich nun einige von Euch schon einmal willkommen heißen. Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, ein Lagerfeuer zu veranstalten. Denn so ein Feuer, das hat nicht nur die Funktion von Licht, von Wärme oder von Schutz vor Tieren. Es dient vor allem auch dem Gemeinschaftsgefühl. An solchen Feuern wurden Verträge geschlossen, Rituale und Feste gefeiert, Friedensverhandlungen geführt und Zeremonien vollzogen.
Auch unser gemeinsames Leben hier auf dem Einstein wird durch unsere Gemeinschaft getragen. Wir hoffen, dass ihr euch hier immer willkommen und sicher fühlen könnt", kurz scheint Herr Zech inne zu halten, und ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber sein Blick bleibt kurz an meinem Gesicht hängen, "dass ihr euch als Teil eines ganzes begreift. Und nun wünsche ich euch allen einen schönen ersten Abend!"Die Leute klatschen und johlen nach dieser Ansprache, und die ersten stehen auf und machen sich über das Buffet her.
Herr Zech weiß um die "Vorgeschichte", wie mein Vater es gerne ausdrückt. Vielleicht nennt mein Vater es so, weil ihm das das Gefühl gibt, es würde sich lediglich um einen Kleinjungenstreich gehandelt haben. Ich erinnere mich an den Abend vor meiner ersten Abreise zum Einstein, als er mit Herrn Zech telefoniert hat. Ich hatte mich oben im Treppenhaus vor meinem Zimmer leise auf den Boden gesetzt, und auf das Gespräch aus dem Wohnzimmer unter mir gelauscht. Die Stimme meines Vaters war schon immer eisern gewesen, dominant und unnachgiebig irgendwie. Etwas, das viele mit seinem Beruf als Richter ungemein passend finden. Diese Stimme richtet im wahrsten Sinne. Sie entscheidet über dein Wohlergehen oder deine Strafe.
An jenem Abend war ich so leer, so ausgelaugt von den letzten Tagen, dass ich eigentlich nur noch froh war auf ein Internet zu kommen. Hauptsache weg von hier.
Und jetzt, in der Rückschau auf die letzten Monate, fühle ich mich hier wirklich wohl und angekommen.
Herr Zech hat mir bei meiner Ankunft damals auf subtile Weise zu verstehen gegeben, dass er mich beschützen wird. Er hat es nicht direkt so gesagt, aber als er mir die Hausregeln erklärte, und mir den Weg zu meinem Zimmer zeigte, da meinte er: "Weißt du Noah. Das hier ist kein Gefängnis und auch keine Erziehungsanstalt. Vielmehr ist das ein Ort des Lernens. Und Lernen, davon bin ich als Pädagoge überzeugt, tut man dort am besten, wo man sich sicher fühlt". Während der letzten Worte hatte er kurz meine Schulter gedrückt, und hat mich dann meine ersten Schritte durchs Einstein alleine gehen lassen.Plötzlich lässt sich Colin auf die Decke neben mir fallen, und verjagt damit meine Gedanken. Er hält zwei lange Stöcke in der Hand, die an einem Ende eine geschnitzte Spitze haben.
"Die habe ich uns heute gemacht, weil du dich ja verspätet hast. Für Stockbrot!"
Ich lächle und nehme einen der Stöcke entgegen.
"Danke."
Eine große Schüssel mit Teig wandert von einem zum nächsten, und kommt irgendwann auch bei Colin und mir an.
"Halt mal", sagt er, und drückt mir seinen Stock in die Hand. Dann greift er mit den Händen in den Teig, und beginnt aus einem Stück davon eine längliche Schnur zu ziehen, die er dann um das obere Ende des Stocks dreht.
"Ähm, kannst du das für mich vielleicht auch machen?", frage ich lachend.
"Faulpelz", murmelt er leise.
"Nicht doch! Mir fehlt einfach nur die Fertigkeit deiner zarten Finger", sage ich und grinse, woraufhin ich einen leichten Stoß in meine Rippen erhalte.
Ich bin froh, dass die Stimmung zwischen uns entspannt ist. Ich wusste, dass ich ihn vermisst habe, aber irgendwie merkt man manchmal auch erst wie sehr jemand gefehlt hat, wenn er wieder bei dir ist.
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Ein Stein ist hart zu brechen
RomanceDas ist eine queere Fanfiction zu Colin und Noah aus der kika Serie Schloss Einstein. Man kann die Geschichte aber auch ohne Serienwissen lesen. Noah kam in diesem Schuljahr neu auf das Internat. Er ist ziemlich geheimnisvoll zu Beginn und verschlos...