Prolog

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Schneller

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Schneller. Hilfe. Irgendjemand.

Nur zusammenhanglose Gedanken schossen ihr durch den Kopf.

Rettung.

Jemand musste sie retten!

Die Nacht war frostig kalt und selbst der runde Vollmond versteckte sein Gesicht hinter einigen Wolken vor dem schrecklichen Anblick in der Tiefe des Waldes.

Eine junge Frau stolperte, fing sich aber gerade noch und rannte weiter. Eisige Kälte des unbarmherzigen Winters schien sich in jeder Pore ihrer Haut festzusetzen, während sie durch das dichte Schneetreiben in der undurchdringlichen Dunkelheit des Sprucemist-Wood rannte. Ihr Atem stieß weiße Wolken in die Nachtluft, während die spitzen Tannenzweige sie von allen Seiten anzugreifen schienen. Die weiße Schneedecke knirschte unter ihren eiligen Schritten. Immer wieder bohrten sich Zweige oder Zapfen durch den Schnee in ihre Füße, doch sie hielt nicht inne.

Fliehen.

Sie musste fliehen, sie musste entkommen!

Plötzlich stoppte sie ein Ruck. Panisch schlug ihr das Herz in der Brust, schiere Panik schoss ihr wie Gift durch die Adern. Doch niemand hielt sie fest. Es war nur ein Zweig, der sich im Saum ihres Kleides verfangen hatte.

»Nein... nein, nein, nein!« Ihre sonst so sanfte Stimme war nur noch ein brüchiges Wimmern. »Lass los!«, zischte sie dem Tannenzweig zu, als könnte sie ihm einen Befehl erteilen. Hastig zerrte sie an dem Gewebe. Mit einem hörbaren Ratschen gab es nach, und sie ließ keine Sekunde verstreichen, bevor sie sich umdrehte und weiterlief. Ihre Fingerspitzen waren bereits taub, genau wie ihre Zehen, aber daran konnte sie nicht denken.

Das Kleid, das sie trug, schützte sie kaum vor der klirrenden Kälte. Der dünne Stoff war zweifellos für den Sommer gemacht und die großen gelben Sonnenblumen darauf wirkten in dieser schneeweißen Winterlandschaft ebenso deplatziert, wie ihre Trägerin. Als hätte man sie wie eine der gelben Blumen auf ihrem Kleid aus einem Sommernachtstraum gerissen und in einen Albtraum geworfen. Das lange blonde Haar war vor Kurzem noch zu einem sorgfältig geflochtenen Zopf gebunden gewesen. Jetzt hingen ihr die Strähnen vom eisigen Nachtwind zerzaust ins schweißnasse Gesicht.

Immer wieder drehte sich die junge Frau um.

Ringsum war allein dunkler Wald, soweit das Auge reichte. Er schien sich endlos vor ihr auszudehnen, und die Bäume waren wie verzauberte Riesen, die ihre Äste drohend in den Himmel reckten. Der Schnee bedeckte die Erde wie eine undurchdringliche Decke und dämpfte jeden ihrer Schritte, als würde die Natur selbst mit ihrem Verfolger gemeinsame Sache machen. Doch die Kälte biss nicht kräftig genug zu, um sie zur Umkehr zu bewegen. Nichts auf der Welt hätte das vermocht. Sie war wie ein Reh auf der Flucht vor dem zähnefletschenden Jäger. Kopflos, ziellos, orientierungslos. Sie fühlte nur noch Todesangst, die sie vorwärtstrieb.

Einfach weg, egal wohin!

Die überstrapazierten Lungen brannten so sehr, dass ihr jeder Atemzug wie Feuer vorkam. Ihr Herzschlag dröhnte in ihren Ohren, rauschte wie ein reißender Fluss und ließ jeden klaren Gedanken in weite Ferne rücken.

Taking You Home | DEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt