Hermine ging als erste aus dem Raum der Wünsche und lief Richtung Gryffindor-Gemeinschaftsraum davon, während Malfoy noch ein wenig wartete, ehe er in die Kerker zurückkehren würde. Sie hatten ausgemacht, den Plan nach dem Mittagessen umzusetzen, wenn sie sicher sein konnten, dass Slughorn sich in seinem Büro befand. Aus irgendeinem Grund waren sie beide nicht besorgt, dass Slughorn den Met bis dahin schon geöffnet haben könnte – immerhin war er ein Tränkemeister, dachte Hermine, er würde sich selbst behelfen können.
Im Schlafsaal zog Hermine sich einen Pullover über, denn es war kalt geworden im Schloss, vor allem im unbeheizten Raum der versteckten Dinge. Bei ihrem nächsten Treffen würde sie sich einen gemütlicheren Raum mit Kamin wünschen.
Es war ein seltsamer Gedanke – das nächste Treffen. Sie hatte sich nun zweimal heimlich mit Malfoy getroffen und es würde ein nächstes Mal geben.
Sie lief hinunter in die Große Halle, wo das Essen noch nicht aufgetragen war. Hagrid stand vor einem der zwölf riesigen Tannenbäume, die er bereits Anfang Dezember aus dem Verbotenen Wald geholt hatte, und richtete offenbar einige Ornamente. Hermine stellte sich neben ihn und betrachtete den Baum.
Es war bald Weihnachten, noch vier Tage und sie würde am Fußende ihres Bettes Geschenke und eine herzliche Karte ihrer Eltern finden. Ein feierliches Gefühl hatte sie nicht. Es fiel ihr schwer, sich von all den wichtigen und schrecklichen Ereignissen loszureißen, die in letzter Zeit passiert waren.
„Hallo Hermine, hab dich gar nich geseh'n." Hagrid strahlte sie an. „Bist nich mit Harry und Ron heut Morgen los?"
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bleibe in Hogwarts – hab noch so viele Hausaufgaben", log sie.
„Mh, naja ... das packst du schon." Er klopfte ihr mit einer Hand auf die Schulter und Hermine verlor beinahe das Gleichgewicht. „Du brauchst dir keine Sorgen machen, bist doch 'ne Kluge."
Hermine lächelte dankbar. „Ich mache eben gerne alles sehr ordentlich", erklärte sie.
„Jaah", sagte Hagrid. „Willst du mir mit den Kugeln helfen?"
Sie nahm eine der riesigen Kugeln aus der Kiste und entschied sich, sie nicht per Hand aufzuhängen. Die Kugeln mit dem Schwebe-Zauber an die Zweige zu bringen, war eine interessante Herausforderung, denn die Zweige gaben nach, wenn die Bänder sie nicht richtig trafen. Bei einer der ersten Kugel traf sie einen Ast so ungünstig, dass er zurückfederte und ihre Kugel in hohem Bogen durch die Große Halle schlug. Hagrid lachte herzlich, während Hermine ihr hinterherhechtete und das zerbrochene Glas reparierte.
„Wenn du magst, kannst du an Weihnachten mal vorbei kommen, Seiden – äh Federflügel freut sich bestimmt, dich mal wieder zu seh'n", sagte Hagrid, als sie fertig waren. „Wär schön, dich da zu haben, ist 'n bisschen einsam, wo Aragog krank is' ..."
Die Erwähnung des Hippogreifen erinnerte sie daran, dass Malfoy beinahe dafür gesorgt hätte, dass Seidenschnabel getötet worden wäre. Es machte sie wieder wütend.
„Ich schau mal", versprach sie und huschte zum Gryffindor-Tisch, wo jetzt das Mittagessen erschien.
Es waren kaum Schüler da geblieben, noch weniger als sonst. Die meisten Eltern wollten ihre Kinder wohl so lange wie möglich bei sich haben, da die Nachrichten voll von Angriffen der Todesser waren. Hermine vermutete, dass nach den Ferien nicht alle Schüler nach Hogwarts zurückkehren würden. Zwar war die Schule noch immer einer der sichersten Orte der Welt, doch wenn sie an Katie Bell und den vergifteten Met einige Stockwerke höher dachte, konnte sie die Sorgen verstehen.
Hermine aß alleine, aber das war sie gewohnt. Sie beobachtete den Lehrertisch, an dem Professor Slughorn an seinem üblichen Platz saß und ein ausschweifendes Mahl zu sich nahm. Sie versuchte, absichtlich langsamer zu essen, doch am Ende saß sie dennoch zwanzig Minuten untätig herum und spielte mit ihrem Zauberstab. Als Slughorn endlich aufstand, sprang sie hoch und verließ nach ihm die Große Halle.
![](https://img.wattpad.com/cover/365896705-288-k204656.jpg)
DU LIEST GERADE
Metamorphose
FanfictionWas wäre, wenn Hermine Harrys Spekulationen über Malfoys Geheimnis im sechsten Schuljahr ernster genommen hätte? Was wäre, wenn sie Ron beweisen wollte, dass sie mehr ist als eine langweilige Streberin? Und was wäre, wenn Draco Malfoys einzige Überl...